
Rainer Strehl in Aktion: Generationen von Kindern erklärte er - wie hier einem Mädchen an der Kardinal-von-Galen-Schule - das sichere Radfahren. © Daniel Magalski
Polizist Rainer Strehl erklärte tausenden Kindern in Lünen das Radfahren
Ruhestand
Generationen von Kindern lernten bei ihm in Lünen das Radfahren, nun ist damit Schluss: Polizist Rainer Strehl ist im Ruhestand - wäre aber wohl nicht Rainer Strehl ohne Pläne für die Zukunft.
Runde um Runde lässt Rainer Strehl die Schülerinnen und Schüler der Kardinal-von-Galen-Schule im Norden von Lünen kurz vor den Sommerferien fahren, übt mit ihnen immer wieder den Ablauf. Handzeichen. Schulterblick. Schulterblick. Handzeichen. Bremsen.
Der „Unterricht“ bei ihm ist kein Pauken. Strehl erklärt vor Ort die Regeln im Straßenverkehr, würzt das Ernsthafte immer wieder mit Lustigem. „Die Sprüche sind ein Knaller“, grinst einer der Viertklässler. Strehl kommt an bei den Kindern, auch mit einem Altersunterschied von mittlerweile rund fünfzig Jahren.
Für Strehl ist diese Radfahrausbildung einer der letzten Termine, dann winkt der Ruhestand. Ruhestand. In Kombination mit dem Namen Rainer Strehl bekommt dieses Wort für alle, die ihn kennen, einen seltsamen Klang. Ruhestand und Strehl das hört sich an wie Feuer und Wasser. Sommer und Winter. Ebbe und Flut.
Kinder statt Demos und Politiker
1977 startete er seine Karriere bei der Bereitschaftspolizei in Bork, wechselte 1996 zur Einsatzhundertschaft nach Dortmund. Demos und Fußballspiele bestimmten seine Arbeit, aber auch mehrere G7-Gipfel mit Top-Politikern. Strehl war in dieser Zeit in allen Bundesländern im Einsatz, „nur nicht im Saarland, da waren wir nur mal zum Tanken“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln an eine interessante Zeit.

"Klasse gemacht, Leonie!" Den Daumen des Polizeihauptkommissars sahen im Laufe der Jahrzehnte sicher hunderte Kinder, aber wenn es sein musste, dann gab es von Rainer Strehl auch Kritik. © Daniel Magalski
Rainer Strehl ist in seiner Heimatstadt Lünen aber vor allem bekannt als der „ewige Verkehrssicherheitsberater der Polizei Dortmund“ für Lünen. 2002 wurde er das und besuchte von da an keine Demos und Politiker-Gipfel mehr, sondern zusammen mit seinem Kollegen Harald Röttcher - schon seit Jahren im Ruhestand - die Schulen in Lünen. Ihre Mission war klar: „Die Teilnahme am Straßenverkehr sicherer zu machen für die Kinder.“
Zahlen, wie vielen Kindern er im Laufe dieser Zeit das sichere Radfahren beibrachte, hat Rainer Strehl nicht: „Zehntausend vielleicht, vielleicht auch mehr, eher mehr“, sinniert der Polizist einen Moment über die Frage. Zahlen sind für ihn aber auch nicht so wesentlich, denn vor Ort in der Ausbildung „da zählte das einzelne Kind.“
Trick mit Malerkrepp
Rainer Strehl war es deshalb auch immer wichtig, die Kinder beim Namen zu nennen und bediente sich dafür eines Tricks. Die Fahrradhelme, für die Sicherheit ohnehin wichtig, bekamen bei ihm noch eine weitere Funktion: Strehl beschriftete zu Beginn der Fahrradausbildungen Malerkrepp mit den Namen der Kinder und klebte das einfach auf den Helm.
„Die Namen zu den Gesichtern hatte ich dann nach einer Woche drauf - aber am Montag danach auch schon fast wieder vergessen“, berichtet Strehl mit einem Lachen. Die Kinder, die durch seine Verkehrserzieher-Schule gingen, hatten es da deutlich leichter mit nur einem Gesicht. Strehls Gesicht. Kein Wunder also, dass es aus dem Pulk zu Schulschluss vorbeifahrenden Schüler immer wieder tönt: „Hallo Herr Strehl!“
Strehl schulte nicht nur Grundschüler, sondern auch die älteren, die das Fahrrad eintauschten gegen ein Mofa. „Für Senioren haben wir Training mit dem Pedelec oder dem Rollator angeboten und syrischen Frauen, die gerade nach Deutschland gekommen waren, erklärten wir unsere Verkehrsregeln.“ Wenn Rainer Strehl von seiner Arbeit erzählt, dann hört man in jedem Wort das Herzblut.
Ein Lob allererster Klasse
„Die Zeit bei der Polizei war eine tolle Zeit und die Menschen, die ich in meinem Dienst treffen durfte, hatten daran großen Anteil.“ Vor Dienstende besuchte Rainer Strehl deshalb noch einmal die Schulen, verabschiedete mit sich einem Polizei-Teddy.
Die Polizei, das weiß Rainer Strehl, kümmert sich aber auch in Zukunft und ohne ihn um die Sicherheit der Kleinsten im Straßenverkehr. Strehls Nachfolger für Lünen ist schon eine ganze Zeit an seiner Seite. Andreas Schlüter heißt er, ist ebenfalls Polizeihauptkommissar und macht da weiter, wo Rainer Strehl nun aufhört - und das ganz im Sinne der Kinder.

Rainer Strehl (l.) mit seinem Nachfolger Andreas Schlüter. „Ein Guter. Ganz bestimmt“, sagt Rainer Strehl in seiner so markanten Strehl-Art über den Kollegen. © Günther Goldstein
„Ein Guter. Ganz bestimmt“, sagt Rainer Strehl in seiner so markanten Strehl-Art über den Kollegen. Wer Strehl kennt, der weiß, dass das ein Lob allererster Klasse ist für Andreas Schlüter.
Urkunde beendet seinen Dienst
Mittwoch (29. Juni) um 14 Uhr überreichte Polizeipräsident Gregor Lange Rainer Strehl im Polizeipräsidium in Dortmund die Ruhestands-Urkunde. Das Papier macht den Abschied für den Lüner offiziell: Schluss mit Polizeidienst. Rainer Strehl wäre aber nicht Rainer Strehl, wenn er nicht selbst an diesem bedeutenden Tag vorher noch einen anderen, vielleicht für ihn noch wichtigeren Termin absolviert hätte: Die Kinderferienaktion in der Jugendverkehrsschule an der Bahnstraße.
Kindern hier in den Sommerferien das sichere Verhalten mit dem Fahrrad im Straßenverkehr zu erklären, das ist seine Leidenschaft und bleibt es auch im Ruhestand. Strehl engagiert sich nämlich weiter bei der Verkehrswacht. Humor und lockere Sprüche inklusive.
Der Kreis Unna ist meine Heimat, im Beruf wie im Privaten. Die Geschichten der Menschen in Lünen und Selm zu erzählen, das ist seit über zwanzig Jahren meine Leidenschaft - und für die Ruhr Nachrichten schaue ich auch gerne über die Grenzen nach Nordkirchen und Olfen.