2019 hatte die Stadt Lünen einen Gewässerumbau am Krempelbach durchgeführt. Jetzt fließt das Wasser in einem Bogen zum Durchlass unter der Borker Straße. Die Böschung ist seitdem mit Gabionen gesichert.

2019 hatte die Stadt Lünen einen Gewässerumbau am Krempelbach durchgeführt. Jetzt fließt das Wasser in einem Bogen zum Durchlass unter der Borker Straße. Die Böschung ist seitdem mit Gabionen gesichert. © Stadt Lünen

RAG plant Gewässerbau XXL in Lünen: Wird der Krempelbach umgekrempelt?

rnHochwasserschutz

Die Ewigkeit soll endlich werden - zumindest am Krempelbach in Lünen. Die Ruhrkohle AG will sich mit einem XXL-Eingriff in die Landschaft einer Ewigkeitslast entledigen. Und weckt Hoffnungen.

Nordlünen

, 29.06.2022, 11:03 Uhr / Lesedauer: 3 min

Begradigt, in ein enges Korsett gepresst und im 90-Grad-Bogen um Häuser herumgeführt: Der Krempelbach in Lünen zeigt, wie Menschen einst versucht haben, der Natur ihren Willen aufzudrücken - und scheiterten. Denn gut getan haben diese Eingriffe weder dem Bach noch den Menschen, die seitdem daneben wohnen. Die Sorge um Hochwasser in der Siedlung Brusenkamp ist ein Dauerthema in Lünen. Trotz Umbaumaßnahmen 2019 gibt es nach wie vor ein Überflutungsrisiko. Das könnte eine Baumaßnahme ändern, die derzeit die Ruhrkohle AG plant. Zumindest hofft das die Stadtverwaltung.

Das Projekt stehe noch „ganz am Anfang“, sagte der Technische Beigeordnete Arnold Reeker in der letzten Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Mobilität vor der Sommerpause. „Das ist keine Maßnahme, die in den nächsten zwei, drei Jahren realisiert wird.“ Angesichts des großen Eingriffs in die Landschaft müssten zahlreiche Gutachten erstellt werden, die die Folgen für Flora und Fauna ermittelten. „Das wird ein relativ langes Verfahren.“ An seinem Ende könnte ein neuer Bachlauf stehen. Und das Ende eines Teils der Ewigkeit.

„Bergbaubedingtes Senkungsgebiet“: Deshalb laufen die Pumpen

Nachdem am 21. Dezember 2018 mit Prosper Haniel die letzte Steinkohlenzeche Deutschlands geschlossen hatte, waren zwar mehrere hundert Jahre Bergbaugeschichte zu Ende gegangen. Doch die Ewigkeitslasten blieben: Bergbaufolgen, die unbefristet – also für ewige Zeiten – technische und logistische Maßnahmen erfordern - auch im Bereich des Krempelbachs.

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Dort gibt es ein bergbaubedingtes Senkungsgebiet, wie ein RAG-Sprecher auf Anfrage erklärt. Um „Vernässungen und Überflutungen der dortigen landwirtschaftlichen Flächen zu verhindern“, habe die RAG einst Drainagen gelegt und eine Pumpstation errichtet. Das Wasser, das sich in der Bergbau-bedingten Senke sammelt, werde so in den Krempelbach abgeleitet. Die dafür errichtete Pumpstation betreibe inzwischen der Lippeverband. Das Versprechen der RAG steht, dass die Pumpen nie abgestellt werden. Weder in Lünen noch andernorts. Das kostet viel Geld.

RAG-Stiftung finanziert die Ewigkeitslasten

Erst Anfang Juni 2022 hatte die RAG-Stiftung bei ihrer Jahrespressekonferenz Einblick gewährt. Trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen durch den Ukrainekrieg sehe sie sich in der Lage, die Altlasten des Kohlebergbaus auch weiterhin aus eigener Kraft zu stemmen, sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Tönjes mit Verweis auf das finanzielle Polster. Im zurückliegenden Jahr hatte die Bergbaustiftung 264 Millionen Euro berappen müssen für die Ewigkeitslasten wie dem Abpumpen von Grubenwasser. Kein Wunder, dass die Verwalter des Bergbau-Erbes nach Möglichkeiten suchen, diesen Ausgaben ohne Ende doch ein Ende zu setzen - wie jetzt in Lünen.

Der Krempelbach in Lünen: Von dort fällt der Blick über die Weiden auf die Laakstraße.

Der Krempelbach in Lünen: Von dort fällt der Blick über die Weiden auf die Laakstraße. © Sylvia vom Hofe

Die RAG skizziert auf Anfrage das Projekt: Anders als es in der Ausschusssitzung der Stadt Lünen hieß, gehe es nicht um eine Verlegung des bestehenden Krempelbachs westlich des Wohngebiets, sondern vielmehr um die Schaffung eines ganz neuen Gewässers. „Nördlich des Krempelbaches soll zum Hochwasserschutz ein neues Gewässer angelegt werden.“ Sobald es fertig sei, würden die von der RAG erstellten Flächendrainagen vom Pumpwerk abgekoppelt werden. Das Wasser aus der durch Bergschäden entstandene Senke werde dann dem neuen Gewässer im Freigefälle zugeführt.

Krempelbach muss weiter der Entwässerung dienen

Der jetzige Krempelbach werde nicht verschwinden, bestätigten die Fachleute der Stadtverwaltung. Er habe schließlich eine wichtige Funktion zur Entwässerung der Siedlung Brusenkamp. Aber er wird nicht mehr das Fließgewässer sein, das er jetzt ist.

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Der 3,8 Kilometer lange Krempelbach hat mehrere Seitenarme, die allesamt im Cappenberger Wald entspringen. Dort ist der Bach noch weitgehend naturbelassen. Das ändert sich, sobald er zwischen dem Gymnasium Altlünen und der Siedlung Brusenkamp Richtung Borker Straße abknickt - im 90-Grad-Bogen. Im weiteren Verlauf mündet er im Bereich der Straße In den Hummelknäppen in den Fuchsbach. Der wiederum mündet nach weiteren 2,5 Kilometern in die Lippe. Bis in die Siedlung soll der Wasserlauf künftig gar nicht mehr reichen, wie es die Verwaltungsmitarbeiter in der Ausschusssitzung erklärten. Er werde stattdessen mäandrierend - also mit ausholenden Kurven - am Stadtgebiet vorbei in Richtung Fuchsbach fließen.

Gespräche mit Grundstückseigentümern laufen bereits

Beim Zeitplan bleibt die RAG vage: Zurzeit findet „ein intensiver Austausch mit allen Beteiligten“ statt, wie das Unternehmen mitteilt: also mit der Stadt Lünen, den Eigentümern der landwirtschaftlichen Liegenschaften, den Genehmigungsbehörden und anderen. Erst auf Basis dieser Gespräche werde sich ergeben, wann das Vorhaben umgesetzt werde. Dass es passieren wird, stellt der RAG-Sprecher erst gar nicht in Frage.

Die Vertreter der Stadtverwaltung betonten in der Ausschusssitzung die positiven Effekte: den erfolgsversprechenden Ansatz im bislang wenig erfolgreichen Kampf gegen das Hochwasserproblem und die geringe finanzielle Belastung. „Das Ganze wird unter der Federführung der RAG laufen.“ Zwar müsse auch die Stadt einen Teil der Kosten tragen. Dafür seien aber Zuschüsse des Landes zu erwarten.