
© Goldstein (A)
Pläne für Ex-Mercedes-Fläche: Freie Fahrt für Bauverein zu Lünen
Stadtentwicklung
Der Stadtrat hat dem Bauverein zu Lünen den baurechtlichen Weg zur Entwicklung der Mercedes-Fläche nach dessen Wünschen bereitet. Das fanden längst nicht alle Ratsmitglieder gut.
Der Bauverein zu Lünen kann die ehemalige Mercedes-Fläche in der City gemäß des von ihm favorisierten Baurechtsverfahrens entwickeln. Das heißt, im Eiltempo und ohne eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit.
Den Weg dazu ebnete dem Bauverein per Abstimmung eine Mehrheit von CDU, SPD und FDP in der als Ratssitzung deklarierten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstag (6. Mai) im Erlebnisreich Campus.
Bei der Abstimmung über die vom Bauverein beantragte und von der Verwaltung erarbeitete Beschlussvorlage zur „Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes im beschleunigten Verfahren“ stimmten 13 Vertreter von CDU, SPD und FDP dafür - bei sechs Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Wählergemeinschaft Gemeinsam für Lünen (GFL).
Verzicht auf frühzeitige Bürgerbeteiligung
Mit dem gleichen Stimmenverhältnis beschlossen die Ratsvertreter entsprechend der Vorlage auf eine frühzeitige Bürgerbeteiligung zu verzichten. Dafür soll es im Sommer eine groß angelegte digitale Bürgerinformations-Veranstaltung geben. Dazu hat sich der Bauverein verpflichtet.

Der Abriss auf der ehemaligen Mercedes-Fläche lief im August 2020 noch in vollem Gange. Seit dem ist auf dem Grundstück noch nicht viel passiert. © Goldstein (A)
Nach rund 70 Minuten war der Tagesordnungspunkt inklusive der Präsentation eines Werbefilms des Bauvereins zu dem Bauvorhaben, eines kurzen Statements des Bauvereins-Vorsitzenden Andreas Zaremba und einer mehr oder weniger leidenschaftlichen Diskussion der Ratsmitglieder erledigt.
Wegen des öffentlichen Interesses und offener Fragen rund um den Themenkomplex hatte Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns, wie er zum Auftakt der Sitzung sagte, die Bauvereins-Vorstände Andreas Zaremba und Carsten Unterberg zur Sitzung eingeladen.
Andreas Zaremba bedankte sich nicht nur für die Einladung des Bürgermeisters, er sagte auch allen Ratsvertretern „ganz, ganz herzlichen Dank“, die es dem Bauerverein ermöglicht hätten, die Fläche 2019 zu kaufen und entwickeln zu dürfen. Dann bat er wortreich um Zustimmung zu der Verwaltungsvorlage, wobei er mehrfach darauf hinwies, dass ihm alle Fraktionen in Gesprächen mit auf den Weg gegeben hätten, das Projekt zügig zu entwickeln:
„Sie sehen, wir haben ihren Gedanken der Schnelligkeit mit aufgenommen. Es ist Ihre Entscheidung, wie das jetzt laufen soll.“
Was wollen die Bürger?
Das zeichnete sich in der anschließenden Diskussion relativ zügig ab. Vorstöße der GFL und der Grünen, doch einen anderen baurechtlichen Weg einzuschlagen und die Bürger bei den Planungen mit ins Boot zu holen, liefen ins Leere.
„Eine Bürgerinformationsveranstaltung hat nichts mit einer Bürgerbeteiligung zu tun“, sagte Grünen-Ratsherr Reiner Hohl. Was aus Sicht von CDU-Ratsherr Günther Koch vermutlich auch zu vernachlässigen ist. Mit Blick auf den Werbefilm des Bauvereins sagte Koch sichtlich begeistert: „Das ist genau das, was die Leute wollen.“ Was GFL-Chef Dr. Johannes Hofnagel zu der Frage veranlasste, woher Koch wisse, was die Leute wollten. Die Stadtgesellschaft, sagte Hofnagel, müsse die Möglichkeit haben, sich einzubringen. Worauf Koch dem „Experten für alles“, gemeint war Johannes Hofnagel, entgegnete: „Wir haben auch mit Bürgern gesprochen.“
Kein öffentlicher Wohnungsbau auf Mercedes-Fläche
Bedingte Einigkeit bestand fraktionsübergreifend beim Thema öffentlicher Wohnungsbau, den die Pläne des Bauvereins für die ehemalige Mercedes-Fläche an der Langen Straße in der City nicht vorsehen. In Anlehnung an das städtische Konzept „Zusammenleben 2030“ müsste der Bauverein dort in einem vertretbaren Anteil von circa 20 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen im Zuge des Bauvorhabens realisieren. Das wären bei 60 geplanten Wohneinheiten 12 Wohnungen.
Der Bauverein hatte stattdessen nach Rücksprache mit der Verwaltung vorgeschlagen, im nahen Umfeld der Fläche auslaufende Bindungsfristen im Wohnungsbestand zu verlängern. Aus den bereits zugesagten 20 Prozent wurden nach einem Vorschlag der SPD in der Sitzung 30 Prozent.
Was die Sache für die GFL und die Grünen aber keinen Deut besser machte. Sie beharrten vergebens darauf, nicht nur eine Wohnsiedlung für die „Schönen und Reichen“ zu schaffen, sondern sie zu durchmischen.
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
