Nicht kleinstädtisch, sondern ein Zeichen setzen für Lünen als Stadt: Das will Architekt Prof. Gerold Wech mit seinem Entwurf.

© Wech

Mercedes-Fläche: Gegenentwurf zu „kleinstädtischen“ Bauverein-Plänen

rnBebauung

Mit dem Mercedes-Gelände wird ein zentraler Punkt Lünens bebaut. Kritiker sagen, die Pläne des Bauvereins wirkten „kleinstädtisch“. Prof. Gerold Wech legt einen Gegenentwurf vor.

Lünen

, 13.11.2020, 12:24 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das ehemalige Mercedes-Grundstück an der Ecke Viktoriastraße/Kurt-Schumacher-Straße liegt im Herzen der Stadt. Architekt Prof. Gerold Wech (82) sieht hier die zentralste, öffentlich wirksame Stelle in Lünen. „Hier kreuzen sich zwei Hauptwege aus zwei Richtungen. Hier betritt man die Stadt. Hier soll ein Zeichen sein, für Lünen als Stadt“, sagt Wech.

In den Plänen des Bauvereins sieht er das nicht. Er verweist auf andere kritische Stimmen, die die Pläne als provinziell bezeichnen. Hinter vorgehaltener Hand sei von „kleinstädtischem Altstadtcharakter“ die Rede oder von „dörflicher Retro-Anmutung“. Offen wolle das aber niemand ansprechen.

Der Entwurf des Bauvereins mit der kleingliedrigen Giebelfront. Eine überarbeitete Version soll bald der Politik vorgestellt werden.

Der Entwurf des Bauvereins mit der kleingliedrigen Giebelfront. Eine überarbeitete Version soll bald der Politik vorgestellt werden. © Frank Drews

Der Bauverein zu Lünen hat das 10.000 Quadratmeter große Gelände gekauft und will dort 32 Millionen Euro investieren. Rund 65 Wohnungen sollen entstehen, dazu Gewerbe und in der Mitte eine grüne Oase mit Wasserfläche und darunterliegender Tiefgarage. Der Innenhof ist als autofreier Ruhepol geplant.

FOTOSTRECKE
Bildergalerie

So stellt sich Architekt Prof. Gerold Wech die Ex-Mercedes-Fläche vor

Architekt Prof. Gerold Wech hat sich Gedanken zur Mercedes-Bebauung gemacht. Der Bauverein als Grundstückeigentümer hat allerdings bereits ein eigenes Konzept.
11.11.2020

Giebelhäuser zur Straße

Auffällig an dem Entwurf sind Giebelhäuser Richtung Kurt-Schumacher-Straße. Zur Viktoriastraße hin markiert ein Vorplatz mit einem Gebäudeturm eine Torsituation, die mit dem gegenüberliegenden Verwaltungsgebäude des Bauvereins zu Lünen korrespondiere, erklärt Vorstandsmitglied Carsten Unterberg das Konzept. Er ist selbst Architekt. Mit dem Büro der Architekten SFW seien die Pläne entstanden. Die seien zwischenzeitlich weiterentwickelt worden. Das Ergebnis wolle man zunächst der Politik vorstellen.

Jetzt lesen

Dass ein solches Projekt ohne Architektenwettbewerb realisiert werde, hat im Vorfeld für Kritik gesorgt, auch bei Architekt Gerold Wech. Er hat einen eigenen Entwurf gemacht. Wohl wissend, dass seine Idee niemals Realität wird. Gezeigt hat er sie dem Bauverein-Vorstand trotzdem.

Geschwungene Form

Das Problem des Grundstücks ist die Schallbelastung. Es liegt an einer der meist befahrenen Kreuzungen. Da, wo der Bauverein eine Giebelhausfront geplant hat, sieht auch Gerold Wech eine Abschirmungsbebauung vor, allerdings in geschwungener Form mit gestaffelter Höhe. Die Form erinnert an die des Hansesaals auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Auf die Ecke zur Viktoriastraße stellt Wech ein hohes Haus mit Turmcharakter, durch das Lünen als Stadt wahrgenommen werden soll. Balkone zur Schallfront sollen Wintergärten sein. Entlang der Lange Straße setzt er größere Stadtvillen und davor zwei mal vier dreigeschossige Stadthäuser.

Jetzt lesen

Wech plant eine höhere, gestaffelte Eckbebauung für gewerbliche Nutzung an die Viktoriastraße/Ecke Lange Straße. Als Gegenüber des Verwaltungsgebäudes des Bauvereins könne sie mit diesem ein Eingangstor zur Lange Straße bilden. „Die hier vorgeschlagene Bebauung bildet insgesamt ein heterogenes Ensemble, welches die unterschiedlichen Nutzungsformen in unterschiedlichen Bauformen ausdrückt“, erklärt er.

Nicht kleinstädtisch, sondern kleingliedrig

Dass der vom Bauverein konzipierte Riegel als kleinstädtisch bezeichnet werde, sieht Vorstand Andreas Zaremba so nicht. Er nennt ihn eher kleingliedrig. Und das sei genau das, was man sehe, wenn man von der 14. Etage des Rathauses auf Lünen blicke. Da sehe man die Altstadt. Auch der Rewe an der Viktoriastraße habe vorne Giebel, das Lippezentrum ebenfalls. Wechs Baukörper, so Unterberg, wirke eher wie ein monotoner Block, der die Anonymisierung nach vorne treibe. Genau das wolle man eben nicht, sondern eine Identifikation, die man durch Kleingliedrigkeit erreiche. Indem man die Autos, im Gegensatz zu Wech, bewusst aus dem Innenraum heraushalte, schaffe man im Quartier eine besondere Aufenthaltsqualität. Die Mieter sollen sich wohlfühlen. „Das haben wir an vielen Stellen bewiesen“, so Zaremba. Schon jetzt gebe es eine hohe Nachfrage. Mieter sollen von der Architektur „emotional ergriffen sein.“

Jetzt lesen

Jetzt lesen