
© Kevin Kindel
Laternen als Ladestationen: Warum gibt es das nicht auch in Lünen?
E-Mobilität
Laternenparker haben bislang einen echten Nachteil. Weil sie keine Garage haben, können sie ein E-Auto nicht über Nacht aufladen. An sie wendet sich ein Forschungsprojekt - aber nicht in Lünen.
Laternenparker sind bislang selten E-Auto-Fahrer. Denn wer als Stromer auf den Straßen unterwegs ist, parkt in der Regel in der eigenen Garage - da, wo die Wallbox hängt und das Auto über Nacht auflädt. Die nächste öffentliche Ladestation, vor der das Auto parken, laden und übernachten könnte, ist in der Regel weit entfernt. Das muss sich ändern, wenn sich die Elektromobilität weiter ausbreiten soll. Wie das gehen kann, testen gerade Dortmund und zwei kleinere Nachbarstädte. Lünen ist nicht dabei.
Der Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik der Bergischen Universität Wuppertal betreut federführend ein auf zwei Jahre angelegtes Forschungsprojekt, das die Bundesregierung finanziell fördert: NOX-Block. Es geht darum, Stickoxide (NOx) durch den Aufbau einer leistungsstarken, aber gleichzeitig günstigen Ladeinfrastruktur zu reduzieren. Projektpartner sind neben Dortmund die Städte Schwerte und Iserlohn sowie die Energieversorger DEW21, die Stadtwerke Schwerte, die Stadtwerke Iserlohn, die Technische Universität Dortmund und Ubitricity. Dabei handelt es sich um ein Start-Up-Unternehmen aus Berlin, das mit einer besonderen Idee eine besondere Karriere gemacht hat.
Shell hat Laternen-Lade-Erfinder übernommen
Das 2008 gegründete Unternehmen hat einen Weg erfunden, wie sich herkömmliche Straßenlaternen in E-Ladesäulen umwandeln lassen: die ideale Lösung für Laternenparker, die sich für E-Autos interessieren - und das international. In New York und London laden Autos schon seit einigen Jahren an solchen Multifunktions-Straßenleuchten Made in Germany: ein Erfolg, der auch auch den britisch-niederländischen Ölriesen Shell aufmerksam gemacht hat auf die Berliner Firma. Er übernahm sie Anfang 2021, um auch im gerade schnell wachsenden Lademarkt eine gewichtige Rolle zu spielen.

In Lünen sorgen die Straßenlaternen nicht für Strom, sondern ausschließlich für Licht. © Günther Goldstein
Bis September 2022 werden in Dortmund 333 Straßenlaternen zu Ladesäulen umgestaltet sein. Schon jetzt können E-Fahrzeuge mit bis zu 11 kW an Straßenlaternen geladen werden. Wer dort Strom tanken will, benötigt nur ein smartes Kabel mit Typ-II-Stecker. Zur Authentifizierung und Bezahlung kann entweder eine Ladekarte mit RFID-Chip, eine App auf dem Smartphone oder eine Webseite mit Direct Payment verwendet werden. Das ist zwar störanfällig, wie Erfahrungsberichte zeigen, funktioniert aber unterm Strich - zumindest in Dortmund. In Iserlohn und Schwerte gibt es keinen Strom aus Laternen.
Iserlohn und Schwerte bekommen neue Ladepunkte
„Das hat sich dort nicht angeboten“, sagt Christian Möller, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Wuppertal, der das Projekt betreut. Nicht überall seien die Voraussetzungen gegeben. Ganz praktisch: „Die Laternen müssen auf der richtigen Seite stehen.“ Bei einer Großstadt wie Dortmund mit mehr als 50.000 Laternen ist die Auswahl da naturgemäß größer. In Schwerte und Iserlohn helfe das Projekt, zusätzliche Ladepunkte herkömmlicher Art zu schaffen. Warum nicht Lünen Projektpartner ist? Darauf kann er auch keine Antwort geben. Die Entscheidung sei getroffen worden, bevor seine Stelle eingerichtet wurde.
Auch Jürgen Kleine-Frauns, Bürgermeister von Lünen, hat keine Antwort darauf. Die Frage hatte ihm indirekt der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph Tölle gestellt. In einem Antrag im Ausschuss für Wirtschaftsförderung ging es um die Frage, ob die Verwaltung über den Verlauf des Projektes im Bilde sei. „Gibt es die Absicht, ähnliche Aktivitäten in Lünen zu starten und gegebenenfalls mit der Stadt Dortmund zusammenzuarbeiten?“
Die Antwort des Bürgermeisters: „Dortmund ist nicht mit uns zu vergleichen.“ Kleine-Frauns verwies auf den Projektcharakter, „nur so könnte es auch bei uns gehen“. Die Fachleute aus dem Rathaus würden statt im Laternen-Laden eine größere Chance in sogenannten Quartiersgaragen sehen - also nicht im öffentlichen, sondern im privaten Raum. Was genau das bedeutet, soll Thema einer Sondersitzung sein, in der es nur um Mobilitätsfragen gehen wird. Die Sitzung ist noch nicht terminiert.
Lünen plant Mobilität 2035
Um die Mobilität der Zukunft in Lünen zu gestalten, hatte der Rat im Februar 2019 beschlossen, ein Strategiepapier zu erstellen. Seit September 2020 erarbeitet die Stadtverwaltung Lünen zusammen mit dem Planungsbüro „raumkom“ aus Trier das „Integrierte Mobilitätskonzept 2035“. Sein Ziel ist es, „in Zukunft klimafreundlicher, nachhaltiger und entspannter mobil zu sein“, wie es bei der Stadt heißt. Ergebnisse, die das blumige Ziel in Vorschläge für konkrete Maßnahmen gießen, sind fürs Frühjahr in Aussicht gestellt.
Von den Erfahrungen aus dem NOx-Block-Projekt würden alle Kommunen profitieren können, sagt Möller von der Uni Wuppertal. Und vielleicht gebe es ja auch im Anschluss einen neuen Forschungsansatz - und ein neues Forschungsprojekt. Warum nicht mit Lünen.
Dass Menschen auf E-Autos umsteigen, wenn die Infrastruktur stimmt, hatte zuletzt das Förderprogramm für Ladestationen an privat genutzten Stellplätzen gezeigt. Der Bund hatte es mit der KfW Ende November 2020 aufgelegt. Jeder Antragssteller bekam einen Zuschuss von 900 Euro für eine Wallbox. Elf Monate später war Schluss. Die Mittel in Höhe von 800 Millionen Euro waren erschöpft. Rechnerisch konnten so rund 900.000 Ladepunkte geschaffen werden. Wie der Branchendienst für Elektromobilität schreibt, seien rund 30 Prozent der bereits fertiggestellten Ladepunkte an Mehrparteienhäusern, Reihenhäusern und Doppelhaushälften entstanden, der Rest an Einfamilienhäusern.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
