Kind macht Praktikum: Toll, aber muss es mitten in der Nacht sein?

© Udo Hennes

Kind macht Praktikum: Toll, aber muss es mitten in der Nacht sein?

rnKolumne Papatastisch

Neunte Klasse: Praktikum. Die Eltern freuen sich, das erste Kind schnuppert ins Berufsleben. Aber wieso muss das denn noch vor dem Aufstehen anfangen? Und dann auch noch die fiese Zeitumstellung...

Unna

, 01.04.2022, 13:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Diskussion über Sinn und Unsinn von Sommer- und Winterzeit, vom Zusammenhang zwischen Zeitumstellung und Biorhythmus habe ich nie mitgemacht. Diese eine Stunde mehr oder weniger hat mich immer kalt gelassen. Bis jetzt. Wir haben Praktikum.

Eigentlich ist es nur unser ältester Sohn, der jetzt in der neunten Klasse das mehrwöchige Betriebspraktikum absolviert. Er wird also jetzt ein Mann. Aber wie das eben so ist, bleibt er natürlich unser Junge, und das heißt, das Praktikum macht die Familie ein bisschen mit.

Toll! Ein Praktikum. Was? So früh?

Wir waren froh, dass er den Platz bekommen hat in diesen schwierigen Zeiten. Viele Betriebe nehmen aufgrund von Corona keine Praktikanten, was man auch wieder verstehen kann. In unserem Fall aber hat es geklappt. Super! Doch es gibt einen kleinen Haken, und der klingt seit Montag vorletzter Woche um 5.05 Uhr so: „Mööööp.“ Mein Wecker war beim ersten Mal selbst ein bisschen irritiert, aber die Zeit stimmte. Die Praktikumsstelle ist ein Handwerksbetrieb, und da fängt man um halb sieben an.

Der Wecker klingelt früh morgens - oder eher nachts. Das findet Autor Thomas Raulf nicht papatastisch.

Der Wecker klingelt früh morgens - oder eher nachts. Das findet Autor Thomas Raulf nicht papatastisch. © Raulf

Mancher wird jetzt mit den Schultern zucken, denn das ist ja nichts Besonderes. Für mich allerdings schon. Mein Tag startet üblicherweise später. Das darf er, denn die Arbeit ist nie nachmittags vorbei, sondern immer erst abends. Und auch mit der ganzen Kinder-Frühstücksgeschichte reicht immer eine fortgeschrittene „6“ auf dem Wecker. Jetzt aber muss der Handwerker zur Firma gebracht werden, denn die ist leider 18 Kilometer entfernt.

Gute Gespräche im Auto

Also wird er mit dem Auto gebracht. Also sind wir ein bisschen müde im Moment. Wir beiden haben meist einen recht schweigsamen Morgen. Während der Fahrer sich halb abwesend einen Kaffee kocht, mümmelt der Praktikant an seinem Brot. Die Fahrt ist auch keine Party. Vater: „Kalt geworden.“ Sohn: „Mhm.“ Vater: „Was steht heute an im Betrieb?“ Sohn: „Keine Ahnung.“ Vater: „Praktikum gefällt dir?“ Sohn: „Jo.“ Doch, es gefällt ihm, das wissen wir aus wacheren Momenten mit mehr Wörtern.

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Es läuft. Muss ja. Aber der Start der zweiten Woche hat der mürrischen Fahrgemeinschaft einen richtigen Dämpfer verpasst. Am Wochenende zuvor wurden die Uhren eine Stunde vorgestellt. Auch mein Wecker! Stockfinster war es da draußen, als das Auto am ersten Frühlingstag in den Morgen rollte. Jetzt verstehe ich, was alle meinten, als sie die Zeitumstellung zum überflüssigen Blödsinn erklärten. Leute: Ihr habt alle recht gehabt. Papatastisch: Mein Sohn macht Praktikum und ich lerne dazu.

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Gelernt haben wir übrigens auch dies nach ein paar Tagen: Um 5.25 Uhr aufstehen, das bedeutet 20 Minuten mehr Schlaf. Und dann kommt der Praktikant immer noch dicke früh genug!

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„Papatastisch“ ist ein Neu-Wort aus der Internet-Community. Es passt ganz gut zur Kolumne von Redakteur Thomas Raulf: Familie ist einfach toll, und ein „Papa“ schreibt darüber. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, beim Schreiben fließt hier und da auch ‘mal satirische Würze ein. Lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit.