Erika Schindler vom Vorstand des Frauenchors Stadtmitte möchte weiter singen, auch wenn der Verein entschieden hat, sich aufzulösen.

© Günther Goldstein

Frauenchor Stadtmitte aufgelöst: Vorsitzende Erika Schindler singt weiter

rnCorona, Krankheit, Alter

Corona hat vieles verändert. Gerade auch für Vereine oder Chöre. Der Frauenchor Stadtmitte hat jetzt die Konsequenzen gezogen. Nach 72 Jahren ist der Chor jetzt Geschichte.

Lünen

, 31.03.2022, 14:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eigentlich hatte der Vorstand des Frauenchores Stadtmitte um Erika Schindler geplant, das 70-jährige Bestehen des Chores zu feiern. Doch dann kam Corona. Zwei Jahre keine Konzerte, keine Ausflüge und nur gescheiterte Versuche zu proben. Die Zahl der aktiven Sängerinnen sank. Der Vorstand um Erika Schindler entschied, den aktiven und passiven Mitgliedern die Auflösung des Vereins vorzuschlagen. „Schweren Herzens,“ so Erika Schindler, die in Cappenberg lebt. Am 16. März stimmte die Mehrheit für das Ende des traditionsreichen Chores, der 1950 gegründet worden war.

Der Frauenchor Stadtmitte mit Chorleiterin Barbara Reher am Klavier bei einer Probe für „Offenes Singen".

Der Frauenchor Stadtmitte mit Chorleiterin Barbara Reher am Klavier bei einer Probe für „Offenes Singen". © Beate Rottgardt (Archiv)

Erika Schindler will weiter singen. In einem anderen Chor. Auch wenn es den Gesangs-Gemeinschaften allgemein nicht gut geht. „Viele sind überaltert, es gibt leider keinen Nachwuchs an Sängerinnen und Sängern“, sagt die 78-Jährige. Auch sie hatte sich lange bemüht, neue Sängerinnen zu gewinnen, leider vergeblich. Jede Woche ist normalerweise Probe gewesen, das ist vielen jüngeren Frauen zu viel. Projektchöre, die für einen Auftritt eine gewisse Zeitlang proben, sind da bei Sangesfreudigen eher beliebt.

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Erika Schindler ist seit 55 Jahren aktive Sängerin, war früher in anderen Chören aktiv, bis sie vor 15 Jahren zum Frauenchor Stadtmitte kam. Seit drei Jahren ist sie Vorsitzende gewesen. Als alles 1950 angefangen hat, gründeten 23 Sängerinnen den Frauenchor Stadtmitte. 72 Jahre später waren noch 18 Frauen aktiv. „Zu Hoch-Zeiten des Chores im Jahr 2000 waren 67 Sängerinnen dabei.“

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Seit über 20 Jahren leitet Barbara Reher den Chor. Sie versuchte auch in Corona-Zeiten zu Proben einzuladen. Doch in dem Raum im St. Marien-Pfarrzentrum, in den sonst 75 Menschen passen, durften nur acht Sängerinnen dabei sein. Mit Maske, Abstand, geöffneten Fenstern und einer „Ampel“, die anzeigte, wann wieder Pausen sein mussten. „Das war nicht schön, wir haben ein paar Mal versucht, aber es war eben nicht wie sonst“, sagt Erika Schindler.

Der "Frauenchor Stadtmitte Lünen" unter der Leitung von Barabara Reher, begleitet durch das weibliche Orchester "ad hoc kunterbunt" der Musikschule Lünen, bei einem der traditionellen Adventskonzerte des Chorkreises Lünen-Lüdinghausen.

Der "Frauenchor Stadtmitte Lünen" unter der Leitung von Barabara Reher, begleitet durch das weibliche Orchester "ad hoc kunterbunt" der Musikschule Lünen, bei einem der traditionellen Adventskonzerte des Chorkreises Lünen-Lüdinghausen. © Rudolph Lauer (Archiv)

Vor zwei Jahren hatte der Chor seinen letzten Auftritt beim traditionellen Adventskonzert des Chorkreises Lünen-Lüdinghausen im Heinz-Hilpert-Theater. „Wir hatten auch Anfragen von Altenheimen, die wir regelmäßig besucht und wo wir gesungen haben. Aber auch das ging ja leider in der Pandemie nicht. Es gab keine Auftritte, keine Geselligkeit.“ Und auch keine Einnahmen für den gemeinnützigen Verein. „Die Kosten für unsere Chorleiterin und andere Dinge mussten wir aber bezahlen, das wäre auf Dauer nicht gegangen.“ Man hätte auch die Beiträge nicht einfach erhöhen können: „Viele bei uns sind Witwen und müssen mit jedem Cent rechnen.“

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Das Durchschnittsalter der Sängerinnen liegt bei 75 Jahren. Ähnlich sieht es auch bei anderen Chören in Lünen und Umgebung aus. Auch dort findet man keinen Nachwuchs, muss sich etwas einfallen lassen. Denn wenn zu wenig Sängerinnen oder Sänger dabei sind, kann man nicht einmal alle Stimmen besetzen und nicht das gewohnte Repertoire singen.

Der Frauenchor Stadtmitte nach Vorstandswahlen vor einigen Jahren: (v.l.) Chorleiterin Barbara Reher, 2. Schriftführerin Christa Hees, daneben: Kassenwartin Judith Federhoff, 1. Schriftführerin Ingeborg Wöstenhöfer, dahinter: 2. Notenwartin Brunhilde Wegner, 1. Vorsitzende Erika Schindler, 2. Vorsitzende Sabinde Löchner, 1. Notenwartin Doris Birkendorf, 2. Kassenwartin Karin Hohmann.

Der Frauenchor Stadtmitte nach Vorstandswahlen vor einigen Jahren: (v.l.) Chorleiterin Barbara Reher, 2. Schriftführerin Christa Hees, daneben: Kassenwartin Judith Federhoff, 1. Schriftführerin Ingeborg Wöstenhöfer, dahinter: 2. Notenwartin Brunhilde Wegner, 1. Vorsitzende Erika Schindler, 2. Vorsitzende Sabinde Löchner, 1. Notenwartin Doris Birkendorf, 2. Kassenwartin Karin Hohmann. © Chor

Deshalb fiel am 16. März mit Mehrheit der passiven und aktiven Mitglieder die Entscheidung, den Verein Frauenchor Stadtmitte aufzulösen. Krankheit und Corona und der fehlende Nachwuchs waren schuld. Dabei sei die Gemeinschaft auch etwas besonderes gewesen. Neben den Konzerten traf man sich zu Ausflügen, Weihnachtsfeiern und Sommerfesten in Netteberge. Auch gemeinsame Reisen gab es - und dabei wurde natürlich vor Ort auch gesungen. So wie in der Semperoper in Dresden oder in Wien. Aber auch in die Niederlande und nach Polen fuhren die Sängerinnen in den vergangenen Jahren zusammen.

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Erika Schindler war immer aktiv in Vereinen: „Ich sitze auch jetzt nicht zuhause und passe auf die Möbel auf. Ich will weiter singen, denn Singen ist gesund und macht gute Laune.“ Vor allem schwungvolle Lieder mag sie. Ihr Lieblingslied ist „Südliche Sommernacht“.