
© Ricardo Vaz Palma
Familienfilm: Dreharbeiten in drei Ländern dauerten wegen Corona länger
Interview mit Regisseurin von „Mission Ulja Funk“
Familienfilme gehören zu den beliebtesten Angeboten beim Lüner Kinofest. In diesem Jahr entscheidet eine Schüler-Jury, welcher Film die „Rakete“ gewinnt. Fünf Filme sind im Wettbewerb.
Eine Zwölfjährige, die sich für Wissenschaft begeistert, und ein nur ein Jahr älterer Klassenkamerad, der Auto fahren kann - das sind die „Helden“ in Barbara Kronenbergs Spielfilm-Debüt. „Ulja“ stammt aus einer sehr religiösen russlanddeutschen Familie. Der Familienfilm „Mission Ulja Funk“ läuft am Donnerstag (25.11.) um 14 Uhr beim Kinofest Lünen im Wettbewerb um den Preis „Rakete“. In einem Gespräch erzählt die Regisseurin und Drehbuchautorin aus Bochum mehr über ihren Film.
Ein Kritiker bezeichnete den Film als gelungene Mischung aus Roadmovie und Komödie - hatten Sie das so beabsichtigt?
Genau das sollte dieser Film werden. Schön, dass das von Kritikern und Publikum so erkannt wird.
Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Film?
Den Charakter „Ulja“ gab es in einer ähnlichen Form schon in meinem Abschlussfilm und ich dachte mir, dieses Mädchen müsste seine eigene Geschichte bekommen. Ich habe in Ostwestfalen-Lippe studiert und da gibt es eine große russlanddeutsche Community. Ich habe oft ein Mädchen gesehen, dass aus dieser Community stammte und mit ihrer Unauffälligkeit, auch was die Kleidung betrifft, das Gegenteil erreichte und eher auffiel. Meine Schwägerin ist außerdem Russland-Deutsche und aus ihrem Umfeld hatte ich schon vorher Bekanntschaft mit einigen Freikirchlern gemacht. Ich stamme aus einer katholischen Familie und kenne daher selbst auch Konflikte bei religiösen Fragen. Da sich die freikirchlichen Gemeinden untereinander oft stark unterscheiden, ist die Gemeinde in unserem Film jedoch eine eigene Interpretation.
War es schwer, die jungen Darsteller zu finden?
Wir hatten ein klassisches Kinder-Casting, haben uns an Agenturen gewandt und zusätzlich eine Online-Plattform genutzt, auf der Jugendliche ihre Castingvideos hochladen konnten. In mehreren Runden wurden dann die Darsteller ausgewählt.
Wo haben Sie gedreht?
Es ist ja eine Drei-Länder-Produktion, wir haben in Polen gedreht, aber auch in Nordrhein-Westfalen, Mitteldeutschland und Luxemburg. Gerne hätte ich in Polen länger an einem Jesus-Denkmal gedreht, aber da war sich unser Team vor Ort schon sicher, dass das nicht geht - weil es ja auch ein Film ist, der eher kritisch mit Kirche umgeht. Mit den Dreharbeiten haben wir im Herbst 2019 begonnen. Wegen Corona dauerte dann alles länger als geplant - bis Juli 2020. Das ist bei Dreharbeiten mit Kindern immer schwierig. Romy Lou Janinhoff, die die Ulja spielt, ist zwischen Casting und Dreh-Ende zehn Zentimeter gewachsen und Jonas Oeßel, der den Henk spielt, war am Ende der Produktion im Stimmbruch.

Mit diesem Auto sind Ulja und ihr Klassenkamerad unterwegs durch Polen. © Ricardo Vaz Palma
Wie lange haben Sie an dem Filmprojekt gearbeitet?
Die erste Idee hatte ich im Sommer/Herbst 2016, als ich mich mit dem Stoff an der Akademie für Kindermedien beworben habe, wo ich dann 2017 mit dem Förderpreis der MDM ausgezeichnet wurde. 2018 habe ich das Buch dann für die Drehbuchförderung eingereicht und ein Jahr später schon die Produktionsförderung durch die Initiative „Der Besondere Kinderfilm“ zugesagt bekommen.
Sie leben in Bochum. Ist das Kinofest Lünen etwas Besonderes für Sie?
Es freut mich sehr, dass unser Film gezeigt wird, auch wenn die Geschichte nicht im Ruhrgebiet spielt. Ich vergleiche es mal damit: Auch wenn ich keine Ahnung von Fußball habe, freue ich mich immer, wenn der VfL Bochum gewinnt!
Und natürlich komme ich gerne selbst nach Lünen, um den Film vorzustellen.
„Mission Ulja Funk“ lief auf Festivals, wann ist der Kinostart?
Premiere hatte der Film auf der Berlinale, jetzt läuft er auf einigen Festivals. Einen Verleih haben wir schon, der Kinostart soll Anfang 2022 sein - hoffentlich.
Sie waren erst Software-Entwicklerin. Wie kam es, dass Sie sich dann für die Filmbranche entschieden haben?
Eigentlich müsste die Frage lauten, warum ich überhaupt Software-Entwicklerin geworden bin, denn ich habe in meiner Kindheit und Jugend schon immer viel geschrieben, habe Theater gespielt und gemalt. Das Abi kam dann irgendwie so plötzlich und weil da gerade die neuen Medienberufe aufkamen, habe ich erstmal eine Ausbildung zur Software-Entwicklerin gemacht. Das war kreativer als man vielleicht glaubt. Aber auf Dauer wollte ich nicht immer im Büro sitzen und habe Medienproduktion in Lemgo studiert. In einem Dramaturgiekurs kam ich wieder ans Schreiben und habe meinen ersten Kurzfilm gedreht. Anschließend habe ich dann Drehbuch und Regie an der Kunsthochschule für Medien Köln studiert.
Vier weitere Familienfilme konkurrieren um den Preis „Rakete“, der mit 3000 Euro dotiert ist, die vom Kreis Unna gestiftet werden. Über den Sieger entscheidet eine Schülerjury mit Jugendlichen von der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule.
In „Lene und die Geister des Waldes“ (24.11. um 14.30 Uhr) verbringt die siebenjährige Lene aus Mecklenburg ihre Sommerferien im Wald und lässt sich auf geheimnisvolle Gestalten ein.

Szene aus dem Kinderfilm „Lene und die Geister des Waldes". © RainerM.Schulz
„Nachtwald“ (25.11., 17 Uhr) erzählt die Geschichte von den besten Freunden Paul und Max, die die sagenumwobene Ursulen-Höhle finden wollen.

Szene aus dem Familienfilm „Nachtwald". © Felix Meinhardt
„Peterchens Mondfahrt“ (24.11., 16.30 Uhr) ist ein Klassiker der Kinderbuch-Literatur. Nun kommt die Geschichte um Peterchen und den Maikäfer Sumsemann als Animationsfilm in die Kinos. Annas großer Bruder Peter folgt ihr ins All.

Der Maikäfer Sumsemann in der adaptierten Neuverfilmung von „Peterchens Mondfahrt". © Kinofest Lünen
In „Träume sind wilde Tiger“ (26.11., 15 Uhr) erwartet die Zuschauer eine Art Bollywood-Film für junge Zuschauer. Als Ranjis Eltern von Indien nach Deutschland auswandern, ist der Traum des Jungen von einer Bollywood-Karriere scheinbar beendet.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
