
© Udo Hennes
„Wir koppeln uns von Energiepreisen ab“: Wie Familie Hilgenstock den Klimaschutz lebt
Energiewende
Familie Hilgenstock lebt in einem Haus, für das die Bezeichnung Passivhaus fast schon eine Beleidigung ist. Denn es ist besser. Viel besser. „Die zweite Miete sinkt enorm“, sagt Marc Hilgenstock.
Vor sieben Jahren haben Marc Hilgenstock und seine Frau Marie am Rande des Ruhrgebiets ihr Eigenheim gebaut. „Und wir haben uns ganz bewusst entschieden, etwas Nachhaltiges zu schaffen“, sagt Marc Hilgenstock.
Der 41 Jahre alte Familienvater hat in den vergangenen Jahren ein aus Klimaschutz-Sicht vorbildliches Eigenheim in Fröndenberg errichtet, das heute nicht nur seinen eigenen Strom produziert und speichert, sondern auch die eigene Wärme liefert und auch noch das familieneigene E-Mobil mit Energie versorgt.

Besonders stolz ist Familienvater Marc Hilgenstock auf den Stromspeicher, der ihn unabhängig von Stromanbietern macht. © Udo Hennes
„Für unsere Energie zahlen wir eigentlich nichts mehr“, sagt Marc Hilgenstock, der beim Stichwort Passivhaus nur den Kopf schüttelt. „Das wäre fast schon ein Schimpfwort, unser Haus ist 30 Prozent besser“, betont er.
Nachhaltigkeit für die nächste Generation
Sein Grundgedanke beim Hausbau war: „Wir sind noch sehr jung und wollten etwas hinterlassen, was auch die nächste Generation noch gut nutzen kann“, deutet er auf Söhnchen Lounis. Und das ist der Familie offenbar gelungen.
Die Holzständerbauweise ermöglicht eine ultimative Wärmedämmung, durch die nur eine Tiefenbohrung ausreichte, damit die Wärmepumpe genügend Wärme aus 90 Metern Tiefe fördert. „Normal sind zwei oder drei Bohrungen“, weiß Hilgenstock.
Begünstigt wird das Wärmemanagement zudem durch eine Komfort-Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die für das Aufwärmen der Frischluft von außen 95 Prozent der Abluft-Wärme rückgewinnt. „Das Raumklima ist dadurch wunderbar. Wenn wir von der Arbeit nach Hause kommen, haben wir immer ein frisch gelüftetes, aber warmes Haus“, schwärmt der Familienvater.
Photovoltaikanlage versorgt auch das Auto mit Strom
Die Stromversorgung übernimmt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses, die mit 10 Kilowatt peak relativ groß dimensioniert ist und genügend Energie liefert, um nicht nur den Haushaltsstrom zu 100 Prozent abzudecken, sondern zusätzlich auch den BMW i3 mit Strom zu versorgen. Immerhin 25.000 Kilometer im Jahr legt die Familie mit dem E-Fahrzeug zurück. „Und wir speisen sogar noch ins Netz ein“, so Hilgenstock.

Marc Hilgenstock (r.) engagiert sich privat auch im Bürgerenergieverein Renergie Ruhr-Hellweg, hier mit dem 1. Vorsitzenden Bernd Molitor (l.) und dem Meeresbiologen Dr. Udo Engelhardt. © Archiv/Marcus Land
Damit wetterunabhängig immer genügend Strom zur Verfügung steht, hat der 41-Jährige einen sehr innovativen Stromspeicher in seinem Haus eingebaut, der mit 20 Kilowattstunden halb so viel Kapazität hat wie der Stromspeicher in seinem Elektrofahrzeug. „Und das ist der größte, der im Moment erhältlich ist“, sagt der Klimaschützer. Der Speicher hat zudem den Vorteil, dass er Spannungs- und Frequenzschwankungen ausgleicht und somit das Netz stabilisiert.
Keine Energiekosten mehr
Das alles schont natürlich die Umwelt, aber auch den Geldbeutel. „Energiekosten haben wir keine mehr – bis auf die Zählergrundgebühr. Die sogenannte zweite Miete sinkt enorm“, sagt Hilgenstock.
Er vergleicht seine Investition ins Energiemanagement seines Hauses mit einem Autokauf: „Kauft man ein altes Fahrzeug, ist das in der Anschaffung günstig, aber beim Verbrauch hoch. Beim neuen investiert man mehr, spart dafür Reparaturen und Benzin.“
Investitionen fürs Energiemanagement rechnen sich
Er selbst hat über den Daumen 80.000 Euro zusätzlich in das Energiemanagement des Hauses gesteckt, wobei allein die hochwertige Dämmung 20.000 Euro mehr gekostet habe als eine normale. „Uns war dabei egal, ob es sich nach 18 oder 25 Jahren rechnet. Aber es rechnet sich“, sagt Hilgenstock. Der Vorteil, den er sieht: „Man koppelt sich von den Energiepreisen ab.“ Deshalb könne er den Einbau solcher Techniken jedem Hausbesitzer empfehlen.
„Auch mit 65 Jahren braucht niemand den Kopf in den Sand zu stecken“, meint der 41-Jährige, dass sich auch nachträgliche Investitionen lohnen.
Der Artikel ist erstmals am 22. Februar 2019 im Hellweger Anzeiger erschienen. Die Zeit- und Altersangaben im Text sind angepasst.
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