Das Fazit der Leiterin der Flüchtlingsunterkunft
Jugendherberge Cappenberger See
Seit knapp vier Monaten kommen in der Jugendherberge am Cappenberger See keine Schulklassen oder Urlauber mehr unter – sondern Flüchtlinge. Ende Januar geht die Unterkunft vom Netz. Die Leiterin der Notunterkunft, Gülfedin Cakar, hat Redakteur Marc Fröhling ihre Erlebnisse und ein trauriges Ende erzählt.

Gülfidan Cakar hat die Notunterkunft für Flüchtlinge in der Jugendherberge am Cappenberger See geleitet.
Etwas Polemik zum Anfang: Rainer Wendt, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, sagt, in den Asylunterkünften sei die Hölle los. War das am Cappenberger See auch so?
Nein, überhaupt nicht, wir waren quasi eine Familie. Die meisten kannten sich untereinander, viele waren auch mehrere Wochen bei uns.
Es gab also gar keine Probleme?
Manchmal. Zum Beispiel, dass die Bewohner nach 22 Uhr noch außerhalb der Anlage waren, das durften sie eigentlich nicht. Was auch vorkam, dass einige Bewohner mal geraucht oder Alkohol getrunken haben. Auch das ist verboten. Das waren meistens alleinreisende aus Algerien und Marokko – unsere Problemfälle. Die haben wir teilweise aus anderen Einrichtungen zugewiesen bekommen, weil es da auch schon Probleme gab. Die waren dann aber auch nur wenige Tage hier. Es gab aber auch schöne Erlebnisse.
Zum Beispiel?
Wir hatten zum Beispiel zwei Geburten hier, natürlich im Krankenhaus. Am Anfang hatten wir ja nur etwa die Hälfte mit Familien belegt. Am Ende waren es aber fast nur noch Familien, dafür ist die Art der Unterkunft einfach gut geeignet. Die Familien konnten dann häufig zusammen in ein Zimmer, manche hatten sogar eine eigene Dusche.
Das klingt nach einer angenehmen Unterkunft.
Ja, viele wollten gar nicht weg, weil die Jugendherberge eben nicht so schlecht war wie manche andere Unterkünfte. Obwohl es hier ja nur eine Notunterkunft ist, ist die Unterbringung oft besser als in vielen Unterkünften, die Städte für zugewiesene Flüchtlinge nutzen, etwa Turnhallen. Da hatten viele Befürchtungen, sie wussten nicht: Wie werde ich da aufgenommen?
Wie sind die Flüchtlinge denn in Lünen aufgenommen worden?
Die Leute kamen an, wollten ehrenamtlich helfen, auch die Menschen aus der Umgebung haben viel gespendet. Zu Nikolaus gab es so Süßigkeiten für die Kinder, zu Weihnachten auch. Ganz am Anfang hat die Stadtverwaltung sich bei uns gemeldet: Ausländer sollen hier in der Umgebung an Haustüren geklingelt und nach Geld gefragt haben. Ich weiß aber gar nicht, ob das stimmt und wenn ja, ob das unsere waren.
Seit Anfang der Woche steht die Unterkunft leer. Wie fühlt sich das an?
Wir sind alle traurig, auch ich und meine Mitarbeiter. Wir haben hier gemeinsam etwas aufgebaut – und nach vier Monaten ist es vorbei. Es ist schon schade, dass man das aufgegeben hat. Wir haben gehofft, dass es noch etwas länger geht.
Als Einrichtungsleiterin ist Gülfedin Cakar für die Verwaltung der Jugendherberge zuständig, regelte außerdem die Kommunikation mit der Stadt und den Ämtern. Mit ihr arbeiteten vom DRK dort zehn Sozialbetreuer, ein Krankenpfleger und eine Verwaltungskraft. Verpflegung und Reinigung übernahmen die Mitarbeiter der Jugendherberge. Die Jugendherberge soll Anfang März den regulären Betrieb wiederaufnehmen.
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