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Anlieger der Querstraße sollen zahlen: „Unser Teilstück ist einwandfrei“
Sanierung und Anlieger-Beteiligung
Das war keine erfreuliche Post, die die Anlieger der Querstraße von der Stadt Lünen erhielten. Denn die Hausbesitzer sollen für die Sanierung der Straße in Horstmar zur Kasse gebeten werden.
Siegfried Erdelhoff ist sauer. Er soll für die Sanierung der Querstraße in Horstmar etwa 20.000 Euro als Anlieger-Anteil zahlen. Wohl noch dieses Jahr. „Dabei ist der Teil der Straße, an dem die Häuser stehen, in einwandfreiem Zustand“, sagt der Betreiber der Tankstelle am Kreisverkehr Preußenstraße/Niederadener Straße.
Nicht alle Nachbarn haben schon Bescheid erhalten
Erdelhoff bezieht sich auf das Stück der Querstraße von der Niederadener Straße bis zur früheren Bürgerbücherei. „Auch andere Nachbarn haben den Bescheid von der Stadt bekommen, mein Nachbar soll beispielsweise 8000 Euro zahlen“, so Erdelhoff. Nicht alle Anlieger hätten bereits Bescheide erhalten, „nur die, die sich gerührt haben“. Die anderen werden, so vermutet Erdelhoff, aber auch noch entsprechende Bescheide erhalten.
Ab der ehemaligen Bücherei bis zur Lanstroper Straße sehe er die Notwendigkeit einer Sanierung ein, die sei unstrittig, so der Horstmarer. Doch warum man auch das Viertel der Straße, das „höchstens 25 Jahre alt ist“ ebenfalls sanieren und damit die Anlieger zur Kasse bitten muss, sieht er nicht ein. Er habe schon versucht, „ein paar Politiker einzuschalten“, jetzt habe sich immerhin einer zurück gemeldet, aber auch nur mitgeteilt, dass der Beschluss 2020 gefasst worden sei und die Verwaltung danach die Aufträge erteilt habe. Eine Rücknahme der Aufträge sei somit nicht möglich.

Dieser Teil der Querstraße bedarf der Sanierung - das sagen auch die Anlieger des anderen Teils der Straße in Horstmar. © Günther Goldstein
Die Anlieger hätten es auch begrüßt, wenn sie durch eine Bürgerversammlung informiert worden wären. Das jedoch sei, so die Stadt Lünen, wegen der Corona-Pandemie und der seit längerem wieder ansteigenden Inzidenzen nicht möglich. „Ich hätte für so eine Versammlung gerne meinen großen Garten zur Verfügung gestellt, es sind ja nur zehn Anlieger und dazu wären dann Vertreter der Stadt gekommen. Das wäre alles mit Abstand im Garten möglich gewesen“, ärgert sich Erdelhoff.
Stadt: In Pandemiezeiten ist Präsenzveranstaltung nicht möglich
Dazu sagt die Pressestelle der Stadt Lünen: „Grundsätzlich wird auch von unserer Seite die Durchführung einer Präsenzveranstaltung bevorzugt, um gleichzeitig mit allen beteiligten Anliegerinnen und Anliegern das Vorhaben in seinen möglichen technischen Varianten unter rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erörtern. Aber gerade in dieser Pandemiezeit ist ein solches Vorhaben unter Beachtung des vorrangigen Gesundheitsschutzes nicht möglich.“

Siegfried Erdelhoff in seiner Werkstatt. Der Horstmarer bekam, wie seine Nachbarn auch, Post von der Stadt und soll einige tausend Euro Anliegerbeitrag für die Sanierung der Querstraße zahlen. © Stephan Schütze
Angesichts der Warnung vor einer vierten Welle und einer Ausbreitung der hoch ansteckenden Delta-Variante sei eine Präsenzversammlung „zumindest bis Frühjahr 2022“ nicht durchführbar. „Da der Ausbau der Querstraße unter rechtlichen, technischen und auch wirtschaftlichen Voraussetzungen jedoch in absehbarer Zeit durchzuführen ist, haben wir speziell die Frage der Art und Weise der frühzeitigen Bürgerbeteiligung in Pandemiezeiten mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung abgeklärt“, so die Stadt Lünen.
Post vom Ministerium
Aus Düsseldorf kam die Antwort, dass das Ministerium bisher keine Bedenken erhoben habe, wenn Gemeinden von Anliegerversammlungen absehen und stattdessen andere Verfahren wählen, die den Betroffenen gleichfalls eine Beteiligung ermöglichen, z.B. elektronische oder schriftliche Verfahren und/ oder eine Einzelrücksprache im Rathaus. Die Stadt Lünen habe sich für die „durchaus zulässige schriftliche Form der Beteiligung“ entschieden, wie sie schon vor einiger Zeit der Siedler-Gemeinschaft am Lüserbach mitgeteilt hatte, die sich in dieser Angelegenheit an die Verwaltung gewandt hatte.
Damit will sich Siegfried Erdelhoff nicht zufrieden geben. Er wirft den Fraktionen im Rat vor, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, als sie beschlossen haben, die komplette Querstraße sanieren zu lassen. In der Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung am Mittwoch (1.9.) wurde gesagt, dass ein geologisches Gutachten zur Feststellung des Untergrundes - nur in dem Anlieger-Bereich - beauftragt worden sei und danach weiter entschieden werde.
Parkbuchten geplant: Weniger Parkplätze
Nur den Kopf schütteln kann Erdelhoff auch bei den Plänen der Stadt, in der Querstraße nach der Sanierung Parkbuchten auf der Straße mit Kreide zu markieren. „Das Argument war, dass es so viel Begegnungsverkehr in der Straße gibt, aber das stimmt einfach nicht. Es gibt hier keinen Begegnungsverkehr. Seitdem der Kreisverkehr existiert, haben wir hier so eine ruhige Straße wie vorher noch nie. Und ich wohne seit 50 Jahren hier“, sagt Erdelhoff. Zudem würden durch die Markierung von Parkbuchten mindestens drei Parkplätze wegfallen. „Und das, wo es in Horstmar sowieso kaum noch Parkplätze gibt.“
Auf Unverständnis bei den Anliegern stößt auch, dass ein Teil der Querstraße, nämlich der bis zur Schule am Lüserbach und dem Kindergarten, nicht saniert werde. Es handelt sich um den Abschnitt von der Lanstroper Straße bis zur Schule und Kita, der täglich von Lehrern, Kita-Mitarbeitern und vielen Eltern befahren wird. Erdelhoff: „Dabei ist dieser Bereich ziemlich sanierungsbedürftig.“
Der Bescheid der Stadt, der den Anliegern ins Haus flatterte, macht den Horstmarer wütend: „Ich bin zwar ganz gut durch die Pandemie gekommen, aber Reichtümer habe ich nicht, dass ich mal eben so um die 20.000 Euro zahlen kann.“
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
