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Literatur für die Tonne: Bücherei in Horstmar muss nach Schließung Bücher wegwerfen
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Wenn die Bücherei Bücherwurm in Horstmar kurz vor Weihnachten schließt, steht sie vor dem Problem, etwa 2000 Bücher unterbringen zu müssen. Für viele der Werke gibt es wohl keine Abnehmer.
Sie habe schon überall herumgefragt, berichtet Silvia Ramschick, Vorstand der Bücherei Bücherwurm in Horstmar. Bei gemeinnützigen Einrichtungen oder bei der Bücherei in Brambauer. Fast überall gab es Absagen. „Nur die kleine Bibliothek im Bürgerzentrum Gahmen, die neu aufgemacht hat, übernehmen einige unserer Bücher“, erzählt Ramschick.
Gut 8000 Bücher sind es, die sich in den 23 Jahren, während die Bibliothek existierte, angesammelt haben. Wenn sie dann ihre Türen für immer geschlossen hat, wird es im Januar noch eine Verschenke-Aktion geben.
Der Rest wird weggeworfen, kündigt Vereinsvorstand Silvia Ramschick an, die die kleine Bücherei Mitte der 90er-Jahre mitgegründet hat. „Wenn die Bücher in all den Jahren durch 50 Hände gegangen und inzwischen vergilbt und verfleckt sind, dann will sie ja auch keiner mehr haben. Außerdem wollen die Leute ja immer das Neueste. Und die Bestseller und Klassiker haben ja alle schon selbst.“
Dazu habe sie die Rückmeldung bekommen, dass der Bibliotheksstempel, Einbände, Signaturen und die Fläche für die Rückgabedaten störend seien.
Die vielen Aktionen führten zu nichts
Was Silvia Ramschick erfährt, wenn sie versucht die Bücher unterzubringen, überträgt sich auch auf die Bibliothek an sich: Die Leute haben offensichtlich kein Interesse mehr an gedruckten Büchern. „Die Bücherei schließt, weil wir keine Leser mehr haben“, sagt Ramschick. „Es macht einfach keinen Sinn, wenn in zwei bis drei Stunden Öffnungszeit nur zwei Leser vorbeikommen.“ Die Besucherzahlen seien in den vergangenen zwei bis drei Jahren stetig gesunken.
Noch zwei Wochen geöffnet
Bevor die Bücherei Bücherwurm, Querstraße 12 in Horstmar, nach 23 Jahren am 19. Dezember offiziell schließt, ist sie - immer mittwochs von 9 bis 11 Uhr und donnerstags von 15 bis 17 Uhr - noch sechs mal geöffnet. Im Januar soll es dann ein oder zwei Termine geben, zu denen die Restbestände verschenkt werden. Und das obwohl Ramschick und ihr Team aus ehrenamtlichen Mitarbeitern vieles versucht haben, um neue Leser zu gewinnen: Flyer in Briefkästen, Plakate oder das Angebot von Büchereiführungen für Kitas und Schulklassen. „Die Kinder sind dann begeistert, aber die Eltern kommen hinterher nicht mit ihnen. Junge Mütter lesen wahrscheinlich nur noch E-Books.“
Bücher-Neuheiten, auch bei Kinder und Jugend-Literatur, wurden immer wieder angekauft. Auch Hörspiele gab es im Bestand, aber um E-Books oder gar Tonies anzuschaffen fehlt dem kleinen Verein, der sich nur über Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert, das Geld.
„Vor 20 Jahren sind noch regelmäßig die Schulklassen gekommen, aber auch da gibt es in letzter Zeit kein Interesse mehr“, erzählt Silvia Ramschick, die die kleine Bücherei mit einem Tante-Emma-Laden im Kampf gegen den großen Supermarkt vergleicht. „So ist das bei uns auch“, sagt sie. „Hier gibt es die Verpflichtung, sich an Abgabezeiten zu halten oder die Bücher zu uns zurück zu tragen.
Da scheint so ein E-Book wahrscheinlich für viele verlockender.“
In und um Stuttgart aufgewachsen, in Mittelhessen Studienjahre verbracht und schließlich im Ruhrgebiet gestrandet treibt Kristina Gerstenmaier vor allem eine ausgeprägte Neugier. Im Lokalen wird die am besten befriedigt, findet sie.
