
© Stefan Milk
Abrechnungsaffäre: CDU fordert Rücktritt von Timon Lütschen (Grüne)
Kamener Stadtrat
Der Kamener Grünen-Ratsherr Timon Lütschen, auch amtierender Kreistagsfraktionschef, soll die Verantwortung für die fragwürdige Abrechnungspraxis im Kreistag übernehmen, meint die CDU.
Der Druck auf die Bündnisgrünen in der Abrechnungsaffäre im Unnaer Kreistag wächst. Der aus Kamen stammende Fraktionschef Timon Lütschen, der auch Mitglied des Stadtrats in Kamen ist, sieht sich in seiner Heimatstadt mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Sie kommen von Ralf Eisenhardt, CDU-Fraktionschef im Stadtrat.
„Sollte es sich bewahrheiten, dass tatsächlich aus der ehrenamtlichen Tätigkeit als Kreistags- oder Ratsmitglied jemand unverhältnismäßig Verdienstausfälle, egal aus welcher Fraktion, abgerechnet hat, fordert die CDU-Fraktion diese Person zum Rücktritt auf“, erklärte Eisenhardt am Montag.
CDU nennt dreifaches Ehrenamt fragwürdig
Durch Recherchen dieser Redaktion war aufgedeckt worden, dass zwei Mitglieder der von Timon Lütschen geleiteten Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Verdienstausfälle in nicht unerheblicher Höhe geltend gemacht haben. Lütschen ließ von der Redaktion übermittelte Fragen zu der Abrechnungspraxis bislang unbeantwortet.
Eisenhardt bringt nun Lütschen persönlich mit der Abrechnungspraxis in Verbindung. „Für die CDU-Fraktion wirft der Umstand, dass ein selbstständiger Unternehmer die Zeit findet, in drei ehrenamtlichen Parlamenten, dazu auch noch im Kreis als Fraktionsvorsitzender, parallel tätig zu sein, ohnehin Fragen auf. Die Höhe der Abrechnungssummen, wie sie in der Diskussion stehen, sind für eine ehrenamtliche Tätigkeit ebenfalls ziemlich fragwürdig.“
Bekannt ist seit voriger Woche lediglich, dass ein namentlich nicht genannter Topverdiener aus der Kreistagsfraktion mindestens 29.000 Euro binnen zwölf Monaten vor Abzug von Steuern über die Kreistagsarbeit generiert haben soll.
Schon kurz nach der Veröffentlichung ließen politische Reaktionen nicht lange auf sich warten. Die Kamener SPD forderte Aufklärung sowohl von Lütschen selbst als auch von der Grünen-Fraktionschefin im Stadtrat, Anke Dörlemann. Die Spitzen der grünen Partei und Fraktion in Kamen erklärten daraufhin am Wochenende ein Interesse an der Klärung der Abrechnungspraxis. Sie erklärten zudem, dass sie Angaben über die Beiträge für den Verdienstausfall grüner Ratsmitglieder angefordert haben. Zudem regten sie an, dass die Abrechnungspraxis aller Fraktionen im Stadtrat offengelegt wird und dass die Stadtverwaltung die Zahlung von Verdienstausfall an einen qualifizierten Nachweis des Stundensatzes knüpft.

Timon Lütschen (Bündnis 90/Die Grünen) © Stefan Milk
Die CDU will sich dieser Überprüfung anschließen, lehnt aber eine Pflicht zur Offenlegung ab. Ein einfacher Auftrag an das Rechnungsprüfungsamt reiche. Es sei merkwürdig, „aus einem Fehlverhalten aus den eigenen Reihen eine politische Verpflichtung aller Ratsmitglieder“ abzuleiten. Zu verbergen hat die CDU aber offenbar nichts. „Aktuell führen die Ratsmitglieder Heinrich Kissing und Stefan Helmken selbstständige Gewerbe. Beide rechnen keine Verdienstausfälle (...) ab und haben dies auch in der Vergangenheit nicht getan“, so Eisenhardt. Das gelte auch für ihn selbst und Susanne Middendorf.
Jahrgang 1973, aufgewachsen im Sauerland, wohnt in Holzwickede. Als Redakteur seit 2010 rund ums Kamener Kreuz unterwegs, seit 2001 beim Hellweger Anzeiger. Ab 1994 Journalistik- und Politik-Studium in Dortmund mit Auslandsstation in Tours/Frankreich und Volontariat bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund, Lünen, Selm und Witten. Recherchiert gern investigativ, zum Beispiel beim Thema Schrottimmobilien. Lieblingssatz: Der beste Schutz für die liberale Demokratie ist die Pressefreiheit.
