
© Sebastian Reith
Alle ersten Mannschaften der heimischen Klubs haben spielende Co-Trainer - warum?
Fußball
Die ersten Mannschaften der heimischen Fußball-Klubs haben alle Co-Trainer, die auch noch für Einsätze auf dem Feld vorgesehen sind. Das bietet Vorteile - für Co-Co-Trainer und Vereine.
Früher galten sie eher als die Arbeiter im Hintergrund, oft als gute Seele des Teams und waren häufig Vereins-Urgesteine. Diese Art Co-Trainer mag es zwar noch geben, bei den heimischen Teams sind sie aber so nicht mehr zu finden.
Denn in den ersten Mannschaften der hiesigen Klubs werden alle Co-Trainer auch noch auf dem Feld eingesetzt. Egal ob beim SuS Olfen, FC Nordkirchen, SG Selm, PSV Bork, GS Cappenberg, Westfalia Vinnum, SC Capelle oder SV Südkirchen - alle Co-Trainer dieser Mannschaften stehen auch auf dem Feld. Woran liegt das?
Für Mario Plechaty ist die Konstellation mit ihm als Cheftrainer bei Bezirksligist FC Nordkirchen und seinem spielenden Co-Trainer Marcel Stiepermann optimal: „Er ist mein verlängerter Arm auf dem Feld“, sagt Plechaty.
Dass Stiepermann auf dem Platze stehe, dass er näher am Spielgeschehen dran sei. „Manchmal ist es besser, wenn man auch dem Platz steht“, so der FCN-Trainer. „Außerdem profitieren die Spieler von seiner Erfahrung. Das ist insofern etwas Besonderes, als dass es schwierig ist, noch richtige Führungsspieler zu finden.
Marcel Stiepermann ist auf dem Feld zweiter Kapitän beim FC Nordkirchen
Stiepermann berichtet ebenfalls von einem positiven Verhältnis zu seinem Cheftrainer: „Mario nimmt mich immer mit ins Boot. Er spricht alles mit mir ab. Wenn ich auch dem Spielfeld stehe, versuche ich, zweiter Kapitän zu sein.“ Zusammen mit dem eigentlichen Spielführer Florian Fricke soll Stiepermann das Team tragen.
So sieht es auch Plechaty: „Ich erwarte von ihm, dass er mitzieht und vorne weg geht und immer vorneweg geht.“ Wie ein Kapitän eben - oder in diesem Fall: ein zweiter Kapitän.
Auch für den FCN-Abteilungsleiter Fußball David Handrup ist die Verpflichtung des spielenden Co-Trainers die goldrichtige Entscheidung: „Marcel ist ein gestandener Spieler, der eigentlich als Aushilfe kam. Jetzt ist er als Spieler und Co-Trainer für uns wichtig. Er ist für uns ein Glücksfall.“ Und Plechaty ergänzt: „Marcel ist für uns ein Sechser im Lotto.“
Nur eine Kehrseite hat das Ganze: So gut Marcel Stiepermann dem FC Nordkirchen als spielender Co-Trainer tut, so begrenzt ist seine Zeit am Schloss. Denn auf Dauer wird der Stürmer eine eigene Mannschaft als Trainer übernehmen wollen.
Guliano Buccini kennt die Rolle von Westfalia Vinnum und vom PSV Bork
Einer, der die Rolle auf und neben dem Platz schon länger in sich vereint, ist Guliano Buccini. Er gibt den spielenden Co-Trainer bei A-Ligist Westfalia Vinnum. Und bei der Westfalia ist es nicht die erste Station, bei der er gleichzeitig Spieler und Trainer ist. „Ich kenne das seit ein paar Jahren und habe das auch schon in Bork gemacht“, berichtet Buccini.
Im Gegensatz zu den Erfahrungen in Nordkirchen, berichtet er, dass es auch mal zu Diskrepanzen kommen kann. „Es ist keine leichte Aufgabe“, so Buccini. „Man steht immer ein wenig zwischen den Stühlen.“ Zu einem offenen Konflikt sei es aber deswegen noch nicht gekommen.
Zwar fühlt sich Buccini zwar in der Verantwortung, wie er sagt. Allerdings betont er: „Wenn ich etwas in der Mannschaft höre, was vielleicht nicht so gefällt, dann renne ich nicht gleich zum Trainer und gehe petzen.“ Verständlich, denn Buccini betont gleichzeitig das harmonische Verhältnis zu Trainer Michael Nachtigall.
Das äußert sich auch in den Kabinenansprachen: „Oft spricht Michael und übergibt die Ansprache dann an mich oder ich füge von mir aus etwas hinzu“, berichtet Buccini. „Wir haben einfach vom ersten Tag an gut harmoniert.“
Auch in Olfen ergänzen sich Trainer Jupp Ovelhey und sein „Co“ Matthias Potthoff. „Matthias ist ein sehr kritischer Trainer mit viel fachlichem Wissen. Daraus kann auch ich schöpfen“, sagt Ovelhey, der betont, auch auf den Rat seines Co-Trainer zu hören.
Die Abgrenzung ist beim SuS Olfen etwas klarer
Aber: Hier ist die Abgrenzung etwas klarer. SuS-Trainer Ovelhey betont, dass am Ende er in der Verantwortung steht. Und Potthoff bestätigt: „Auch wenn wir meistens die gleich Idee haben, am Ende ist es Jupp, der entscheidet, schließlich steht er in der Gesamtverantwortung.“
Dennoch übernimmt auch Potthoff Verantwortung - für Ovelhey ist das aber selbstverständlich: „Wir haben ihn ja nicht geholt, damit er im Training die Hütchen aufstellt.“
Insbesondere in der letzten Zeit dürfte das umso richtiger sein, denn Matthias Potthoff kann gerade wegen einer Verletzung seine Mannschaft nicht auf dem Platz unterstützen: „Zurzeit bin ich mehr Co-Trainer.“
Dennoch profitiert der SuS Olfen. Das sieht auch Norbert Sander so: „Für uns hat der spielende Co-Trainer einen doppelten Effekt: Einerseits können wir Matthias als Spieler gut gebrauchen, aber genauso auch als Co-Trainer. Da macht er einen ebenso guten Job.“ Und Potthoff erhält die Möglichkeit, bei einem Bezirksligisten erste Erfahrungen an der Seitenlinie zu machen.
Für Potthoff muss das nicht das Ende der Fahnenstange als Coach sein. „Ich kann mir schon vorstellen, dass ich Trainer werde. Noch habe ich aber keinen konkreten Plan“, sagt er und zeigt zudem, dass er gewisse Ansprüche hat: „Das soll jetzt nicht despektierlich klingen, aber ich habe keine Lust auf eine B-Liga-Truppe, die einmal die Woche trainiert, und sich sonntags nur trifft, um nach dem Spiel ein Bier zu trinken.“
Ein qualifizierter Trainer mit Ansprüchen, eine gute Rolle zu spielen - solche Typen dürften jedem Verein gut zu Gesicht stehen. Vielleicht ist Potthoff ja auch irgendeiner für die eigenen Reihen beim SuS Olfen, ausgeschlossen ist das nicht - ein weiterer Punkt, warum spielende Co-Trainer so attraktiv für Fußball-Klubs sind.
Die Vereine profitieren - die Co-Trainer aber auch
Offenbar profitieren die Vereine also stark davon, dass die Co-Trainer ihre Fußball-Schuhe noch nicht an den Nagel gehängt haben und selbst noch auf dem Feld stehen. Sie können helfen, die Vorgaben von der Seitenlinie auf dem Feld umzusetzen.
Natürlich haben aber auch die spielenden Co-Trainer Vorteile: Schließlich können sie ersten Schritte als Trainer gehen, ohne dabei dem Druck der großen Verantwortung ausgesetzt zu sein. Der Schritt dann in diese Verantwortung kann daher leichter sein, wenn Vereine - der eigene oder externe - auf sie zukommen. In jedem Fall unterstützen sie den verantwortlichen Trainer in dessen Arbeit und helfen, zum Erfolg beizutragen.
Oder wie es Sanmi Ojo, Trainer des B-Ligisten PSV Bork, über seinen „Co“, Christian Voßschmidt, zusammenfasst: „Es heißt ja oft: Viele Köche verderben den Brei. Für unser Trainerteam kann ich das nicht bestätigen.“ Diese Einschätzung dürfte bei den meisten heimischen Teams auf Zuspruch stoßen.
Ist zum Studium ins Ruhrgebiet immigriert - und geblieben. Vielseitig interessiert mit einer Schwäche für Geschichten aus dem Sport, von vor Ort und mit historischem Bezug.
