Den Ernst der Lage haben sie beim Lüner SV zweifellos erkannt. Das Tabellenschlusslicht der Westfalenliga 2 machte in diesem Winter Nägel mit Köpfen und holte gleich zehn neue Spieler plus einen neuen Sportdirektor. Mindestens sechs davon werden schon zum Auftakt der Rückrunde in die Startelf drängen, doch diese aggressive Transfer-Politik wirft eben auch Fragen auf.
Lüner SV mit großer Transfer-Offensive
Noch im Sommer erklärten die Verantwortlichen bei einem Gespräch mit dieser Redaktion, dass man zukünftig nicht mehr die großen Umbrüche vergangener Jahre erleben wolle. So war es fast Tradition, dass mindestens zwei Drittel des Kaders im Sommer ausgetauscht wurden – allein vor dieser Saison kamen 16 neue Spieler nach Schwansbell.
Maximal zwei, drei neue Kicker wollte man zukünftig in jeder Transfer-Periode dazuholen, sich nur noch punktuell, aber dafür qualitativ, verstärken. Das Bild in diesem Winter offenbart auf den ersten Blick wieder ein anderes. Ist also doch der „alte“ Lüner SV zurück?
Der Vereinsvorsitzende Imdat Acar verneinte diese Frage beim Pressegespräch ausdrücklich. „Hier arbeiten jetzt andere Menschen als früher, das sind andere Charaktere. Wir wollen zusammen als Team unsere Ziele erreichen und nicht jeder für sich. In diesem Winter mussten wir aber notgedrungen handeln. Wir mussten unbedingt zusehen, dass wir da unten rauskommen“, so der Lüner.
Schließlich ist der LSV Tabellenletzter in der Westfalenliga 2, holte in 16 Partien nur zwei Siege. Das Positive: Das rettende Ufer ist nur fünf Zähler entfernt. Meistens stimmte die Leistung des Teams von Trainer Hayrettin Celik, oft kassierte man aber in den Schlussphasen noch entscheidende Gegentore. Es ist gut möglich, dass Lünen auch mit dem „Vor-Winter-Kader“ die Klasse gehalten hätte, doch zu einer Zitterpartie soll es eben erst gar nicht kommen.

„Je früher wir aus dem Keller raus sind, desto ruhiger können wir für die neue Saison planen. Dann wollen wir Kontinuität schaffen“, erklärte der LSV-Berater Arno Franke. Der Verein habe einen Vier-Jahres-Plan entwickelt, Inhalte davon bleiben allerdings noch für die Öffentlichkeit geheim, und darin stehe auf keinen Fall ein Neuanfang in der Landesliga.
Doch genau dieser Druck und ohne Zweifel teure Transfers wie Jeffrey Malcherek, Serdar Bingöl oder Ayala Cardoniz sind das, was andere Vereine in der Region immer wieder in den Ruin getrieben hat. Allein vor der Schwansbeller Haustür gibt es mit der SG Gahmen, die sich aus der Bezirksliga zurückziehen musste, ein solches Beispiel.
Tuna Kayabasi zieht Vergleiche
„Wir sind nicht wie der TuS Bövinghausen oder die IG Bönen“, macht der neue Sportdirektor Tuna Kayabasi, der maßgeblich für die letzten drei Transfers des Winters verantwortlich war, deutlich. Gegen den TuS Bövinghausen läuft bekanntlich ein Insolvenzverfahren, die Dortmunder kämpfen auf letzter Rille für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs. Die IG Bönen eroberte vor etwa vier Jahren den heimischen Amateurfußball im Flug, stieg mehrfach auf und brach dann wegen Finanzproblemen auseinander.
„So etwas wird es bei uns nicht geben. Wir haben ganz andere Strukturen, haben ein vernünftiges Konzept. Es sind mehrere Leute am Werk und nicht ein großes Ego. Alles wird untereinander abgesprochen, jeder kennt seine Position“, begründet Tuna Kayabasi.
Schwerer Auftakt in der Westfalenliga 2
Und dennoch muss beim Lüner SV dringend aufgepasst werden, dass die Träume nicht zu schnell wieder zu groß werden. Auch Regionalliga-Neuzugang Serdar Bingöl erkannte das: „Es ist sehr schön zu hören, wenn die Leute Ziele und Ambitionen haben, aber man muss damit immer vorsichtig sein. Ich bin lieber ein Typ, der kleine Brötchen backt. Wenn wir unsere Mission erfüllen und in der Rückrunde Achter werden, bin ich damit voll zufrieden. Zur nächsten Saison kann man dann nochmal in Ruhe schauen, was die Ziele sind.“
Klar ist auch, dass selbst die besten Neuzugänge keinen Erfolg garantieren. Die Restrunde in der Westfalenliga 2 startet für den Lüner SV knüppelhart. Dem unangenehmen Auswärtsspiel bei Vestia Disteln folgen Topspiele gegen den FC Brünninghausen, Wacker Obercastrop, die TSG Sprockhövel und Traditionsklub Westfalia Herne. Dann muss der Lüner SV, auch bei einem möglichen Negativerlebnis, beweisen, dass er eben doch nicht mehr in „alte Muster“ verfällt und die Ruhe behält.