
© Nils Foltynowicz
Neuer Dortmunder Klub verwirft Idee für Namen, weil ihn niemand ernst genommen hätte
Fußball-Kreisliga
Im vergangenen Jahr wurde in Dortmund ein neuer Fußballverein gegründet. Erst hatte der Klub mit ein paar Widrigkeiten zu tun – und erlebte anschließend eine Euphoriewelle.
Ein Dortmunder Vorort hat nicht nur einen Bahnhof, sondern eine eigene Lok. Anstelle von Rädern bewegt sie sich auf zwei Beinen und spielt ziemlich ordentlich Fußball.
Gründung erinnert an den BVB
Das güldene Gefährt prangt in seinem Logo vor blauem Hintergrund. Es ist das Emblem eines ganz neuen Vereins. 2020 bereicherten einige Freunde die ohnehin mit schon drei Klubs gesegnete Lütgendortmunder Vereinslandschaft mit Lokomotive Lütgendortmund. Einer der Männer der ersten Stunde, Thorben Kaiser (29), erinnert sich an den Gründungsabend.
„Im Keller unseres Vorsitzenden Daniel Saturnus an der Limbecker Straße trafen sich 13 Leute.“ Was ein wenig wie „Wildschütz“ und Borussia Dortmund klingt, ist aber eine ganz andere Veranstaltung. Die Gründung des BVB 1909 passte der Kirche nicht so recht. Wenn sich heute ein Klub gründet, könnte das höchstens die Konkurrenz stören. Das befürchtet Kaiser aber nicht.
Lokomotive Lütgendortmund teilt sich Platz mit der SG Lütgendortmund
Wie in den Sozialen Netzwerken bedient auch der Vereinsrepräsentant der Eisenbahn-Metaphorik: „Wir haben die Lok aufs Gleis gebracht, weil wir anders als die etablierten Vereine sein wollen. Aber ich schicke gleich vorweg, dass wir uns mit der SG Lütgendortmund, auf deren Platz wir kicken, sehr gut verstehen.“

Gegen Westfalen Dortmund gab es für Lokomotive Dortmund (schwarz) ein 2:2. © Nils Foltynowicz
Um im Bild zu bleiben: Wenn zwei Vereine ihre Fahrpläne abgleichen, funktioniert das Nebeneinander sogar als Miteinander: „Das eine oder andere Bierchen mit den SG-Leuten haben wir bereits getrunken.“ So avanciert das Vereinsheim zum Bordbistro.
Was angesichts der Vorurteile gegenüber der Deutschen Bahn verwundert: Die Lütgendortmunder Lok startete pünktlich. Den Namen aber fanden die Vereinsgründer auf einem kleinen Umweg: „Uns schwebte ein Name vor, der die ganze Geschichte mit Humor nehmen sollte. Den 1. FC Ballverlust haben wir aber verworfen, weil uns dann die Gegner überhaupt nicht ernstgenommen hätten“, berichtet Kaiser. „Lok Lüdo klang dann auch einprägsam.“
Lokomotive Lütgendortmund hat noch keine Jugendteams
Obwohl der Verein ganz im Dortmunder Westen beheimatet ist, klingt es in der Kreisliga C3 ein wenig nach altem Ostblock und nach Eisenbahn-Betriebssport. Aber anders als die Lokomotiven im Osten sitzt in Dortmund ein bunter Haufen auf dem Führerstad.
„Wir sind bunt gemischt. Da wir noch keine Nachwuchsabteilung haben, dürfen unsere minderjährigen Mitglieder noch nicht mitkicken. Bei uns spielen aber auch über 30-Jährige. Da sind Studenten wie ich, aber auch Leute verschiedener Berufsgruppen bei.“
Das alles klingt nach ganz viel Spaß. Den lässt Thorben Kaiser auch gerne zu. Aber ihm und seinen Mitstreitern ist die ganze Geschichte schon ernst. „Wir haben gespürt, mit welcher Bürokratie eine solche Vereinsgründung verbunden ist. Wir brauchten eine Satzung und einen Vorstand. Das haben wir alles geschafft. Neben einigen, die noch nie im Verein gespielt hatten, sind aber auch einige aus anderen Klubs bei uns. Die haben schon mal etwas Ahnung, wie ein Verein funktioniert.“
Lokomotive Lütgendortmund: Erstes Spiel mit 200 Zuschauern
Kaiser und Saturnus kennen sich vom BSV Fortuna. „Shinji“ Saturnus („er kam immer mit Kagawa-Trikot zum Training“) und er wollen nun keinen japanischen Schnellzug Shinkansen aus der gemütlichen Lok machen, aber sie darf gerne bald auch mal andere Bahnhöfe ansteuern. „Wir spielen schon, um Erfolg zu haben, sind immerhin Vierter.“
Vielleicht feiern Lok-Leute im Sommer mit ihren Platzkollegen der SG im Sommer gemeinsam den Aufstieg des Tabellenführers. „In diesem Jahr sind wir noch nicht dran. Wir stoßen aber gerne mit den SG-Jungs an. Kommende Saison, in unserer zweiten Spielzeit, greifen wir ganz oben an.“
Die Euphorie sei sofort da gewesen. Kaiser und Mitstreiter trauten ihren Augen kaum, als zum ersten Spiel vergangenes Jahr gegen Westfalia Kirchlinde II 200 Leute kamen. Das erste Tor des Vereins durch Niko Miguletz versetzten die Lok-Fans regelrecht in Ekstase. Mittlerweile hat die erste Mannschaft auch einen Trainer. Markus Böhnke coacht die Elf.
Lokomotive Lütgendortmund bestellt falsche Auswärtstrikots
Es sollten bald weitere Trainer gefragt sein, denn der Verein will zeitnah eine Frauen-Mannschaft gründen und bald auch Jugendliche binden. „Wir sind mittlerweile schon um die 80 Mitglieder. Und wir wachsen.“ Dann ist also damit zu rechnen, dass die ersten Waggons hinter der goldenen Lok durch die Stadt fahren.

Daniel Saturnus (r.) ist spielender Vorsitzender von Lokomotive. © Nils Foltynowicz
Vielleicht sammelt die Lok mal ein paar Schürener ein und macht sogar irgendwann mal in Sölde Station. Die VfR-Fans verspotten liebevoll ihren Rivalen BSV Schüren mit dem Gesang: „Schüren hat keinen Bahnhof.“ Gemeinsam könnten sie dann kontern: „Sölde hat keine Lokomotive.“
Jetzt aber stand erstmal die Partie gegen den FC Westfalen Dortmund an. Und bei dieser Partie zeigten sich Startschwierigkeiten ganz anderer Art. Die Trikots sind schwarz: „Shinji hat sich da vertan. Und die Ausweichtrikots sind noch mal ungewollter. Wir wollten Lachsfarbe und bekamen ein schrilles Pink.“
Lokomotive Lütgendortmund: „Im neuen Jahr trainieren wir den Speck wieder ab“
Auch das nehmen sie in Lütgendortmund mit Humor. Ärgerlicher war da schon das späte Gegentor beim 2:2 gegen den FC Westfalen: „Ein unberechtigter Freistoß als letzte Aktion. Dabei hatten wir vorher nach frühem Rückstand beste Moral gezeigt. Unser Freistoßwunder Dennis Niederste-Berg glich aus, Kevin Kliche besorgte die Führung. Schade um das 2:1!“
Die Lok dampfte ein wenig, dann war aber wieder großer Bahnhof im Vereinsheim: „Bei Pizza und Bierchen haben wir ein insgesamt schönes Jahr gefeiert!“ Und dabei auch ein wenig nach vorne geblickt: „Im neuen Jahr trainieren wir den Speck wieder ab und greifen erneut an.“ Die Bahn kommt!
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
