Die sportliche Laufbahn von Kevin Großkreutz als „ereignisreich“ zu beschreiben – es scheint fast untertrieben. Zu Beginn seiner Karriere gelingt ihm 2008 mit Rot Weiss Ahlen der Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Mit seinem Herzensverein Borussia Dortmund gewinnt er zweimal die deutsche Meisterschaft (2011, 2012) und erreicht 2013 das Finale der Uefa Champions League (1:2 gegen den FC Bayern München, Anm. d. Red.).
Ein Jahr später wird er in Brasilien mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister. Und 2023? Da steht der 34-Jährige mit dem TuS Bövinghausen in der Endrunde der Hallenfußballstadtmeisterschaft in Dortmund. Der Verein, mit dem er im Sommer 2022 den Aufstieg in die Oberliga schaffte.
Was kann so ein Turnier, das trotz einer beachtlichen Dominanz seiner Bövinghausener am Ende nicht mal gewonnen wurde, da überhaupt noch bedeuten?
Eine Menge, wie Großkreutz klarstellt: „Es rundet alles ab. Ich bin zurück im Amateursport. Dann schaffen wir den Aufstieg mit meiner Truppe. Dann spielst du das erste Mal bei der Hallenstadtmeisterschaft und dann auch noch gegen deinen Heimatverein, wo du alle kennst. Das rundet meine Geschichte und meine Karriere einfach ab.“

Großkreutz will immer gewinnen
Es sind Aussagen, die womöglich wieder einmal verdeutlichen, welche außergewöhnliche Beziehung der Mensch Großkreutz zu der Stadt, in der er geboren und aufgewachsen ist, nach wie vor hat. Und sie wahrscheinlich für immer haben wird.
Bei der Hallenstadtmeisterschaft wurde zudem deutlich, wie auch einige Dortmunder selbst zu ihm stehen: Den 2014er Weltmeister in der Halle zaubern zu sehen, es war für viele Zuschauer Anlass genug, sich eine Eintrittskarte zu sichern. Der Ex-BVB-Profi zahlte das mit seiner Leistung auf dem Parkett zurück. Ohne einen Anflug von Überheblichkeit ließ er sich auf die Gegner ein.
Wenn es mal nicht lief, hörte man den erfahrenen Routinier auf der Bank seine Mitspieler antreiben. „Wenn ich auf dem Platz stehe, egal worum es geht, will ich gewinnen. Dafür möchte ich die Jungs pushen. Wir haben viele junge Spieler. Die müssen sehen, dass man jedes Training ernst nehmen muss. So war ich schon immer und so werde ich immer bleiben“, so Großkreutz.
Weltklasse gegen Heimatverein
Nach dem 11:0-Sieg des TuS in der Vorrunde gegen die Tamilstars Dortmund war er hinterher auf dem Mannschaftsfoto des B-Ligisten zu finden. Auf dem Weg in die Kabine stand er nebenbei noch geduldig für ein paar Handy-Selfies mit seinen jüngsten Fans parat: Ein paar Kinder hatten es in der Halle Nord in den Bereich vor dem Spielfeld geschafft.
Die Halle in der Nordstadt, sie ist eine mit besonderem Hintergrund für den Ex-Profi. „Ich habe gegenüber bei Merkur (FC Merkur 07 Dortmund, Anm. d. Red.) in der E-Jugend gespielt und wurde Hallenstadtmeister. Dann spiele ich bei meiner ersten Hallenstadtmeisterschaft direkt gegen meinen Heimatverein. Die Halle Nord war ein Highlight“, schwärmt er.
Drei Mal traf er bei der 37. Auflage auf seinen Jugendklub, den VfL Kemminghausen: Als wäre es vorbestimmt, wurde es direkt das Auftaktduell. Der TuS gewann mit 7:1. In der Zwischenrunde kam es erneut zum Duell mit den alten Freunden: 4:1 gewann Bövinghausen. Und dann war da ja noch der spektakuläre Auftakt zur K. O.-Runde: Im Viertelfinale wartete wieder Kemminghausen.

Zur Halbzeit die Riesen-Überraschung: Der Bezirksligist führte nach einem spektakulären Torwart-Tor von Yannik Kube mit 1:0. „Ein schönes Tor, das gönne ich ihm. Den hat Ricardo (TuS-Torhüter Seifried, Anm. d. Red.) einfach unterschätzt“, sagt Großkreutz.
Er war es am Ende, der den 1:1-Ausgleich gegen seinen Heimatklub selbst erzielte. „Der Kevin mit seinem Schipp-Ball, das ist schon Weltklasse“, kommentierte Kemminghausens Co-Trainer „Ertu“ Bicakci den Treffer noch in der Halle. Der TuS Bövinghausen gewann knapp mit 2:1 und zog in das Halbfinale gegen den ASC 09 Dortmund ein. Seine ganz persönliche Story mit dem VfL Kemminghausen, sie war für den Moment beendet. „Das ist eine Geschichte, die einfach Wahnsinn ist“, ordnet Kevin Großkreutz ein.
Das Halbfinale gegen den anderen Oberligisten im Turnier verlor Bövinghausen dann mit 2:3. Zum großen Ärger des TuS-Leistungsträgers. „Wir waren ganz klar die bessere Mannschaft. Wir hatten bestimmt sieben dicke Dinger. Der Torwart hält die natürlich gut. Am Ende machen wir aber drei individuelle Fehler. Die nutzen die eiskalt“, analysiert Kevin Großkreutz.
Der ASC 09 Dortmund also ein unverdienter Stadtmeister? Der spielende TuS-Trainer ordnet ein: „Wir suchen da keine Ausreden, es war verdient. Aber über alle Spiele gesehen, das soll jetzt nicht arrogant klingen, waren wir schon die beste Mannschaft.“
Tatsächlich war die Niederlage gegen Aplerbeck die einzige von Bövinghausen. Bei zehn Siegen – und einem bemerkenswerten Torverhältnis von 70:10-Treffern.
Zukunft in der Halle offen
Trotz Platz drei am Ende – Bövinghausen gewann das Entscheidungsspiel gegen den TuS Hannibal mit 3:1 – bleibt die Halle ein unvergessliches Erlebnis für Kevin Großkreutz.
Mit seinem Vater war er als Kind das erste Mal dabei. „Auch als Profi habe ich immer gesagt: Ich will noch einmal in meiner Stadt die Hallenstadtmeisterschaft spielen. Weil es eine tolle Atmosphäre ist und man viele trifft, die man schon lange kennt. Das ist fast wie eine alte Schulklasse zu treffen. Für alle ist das jedes Jahr ein Highlight“, so der ehemalige Fußballprofi.
Nach der Stadtmeisterschaft stehen Bövinghausen und Großkreutz nun vor der Rückrunde in der Oberliga. Der TuS ist Zweiter hinter der punktgleichen Reserve von Preußen Münster. Hat allerdings eine Partie weniger absolviert als der Spitzenreiter. Die Halle ist erst mal abgehakt.

„Ich weiß auch, was es den Jungs bedeutet hätte. Deswegen habe ich alles gegeben und hätte das Ding natürlich gerne gewonnen. Wer weiß, ob ich die Chance noch einmal bekomme. Mit dem Titel wäre es also noch geiler. Aber ich bin nicht traurig. Das ist abgehakt. Es ist wichtig, dass wir draußen aufsteigen. Das wäre ein noch größeres Highlight“, betont Kevin Großkreutz.
Außerdem wartet im nächsten Winter, wenn denn nichts Außergewöhnliches passiert, die 38. Auflage der Hallenstadtmeisterschaft. Ob es einen zweiten Versuch geben wird und vor allem wann und mit wem, das weiß die Dortmunder Fußballikone aber noch nicht: „Ich weiß doch gar nicht, ob es auch körperlich für mich weiter geht. Ob mit Bövinghausen oder einem anderen Verein. Man weiß es ja einfach nicht. Aber ich glaube so eine Chance wie dieses Jahr und so eine Truppe wird es nicht wieder geben. Natürlich will ich grundsätzlich noch einmal in die Halle. Wann, wie und wo weiß ich aber noch nicht.“
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