
© Urs Golling
Zwischen Improvisation und Ungewissheit: Sportler hängen in der Corona-Warteschleife
Corona-Krise
Unterbrechung, Verschiebung, Abbruch – auch die Terminpläne der Sportler werden durch die Corona-Krise kräftig durcheinandergewirbelt. Wie reagieren sie darauf? Eine Bestandsaufnahme.
Auch die Sportler in der Region befinden sich zu Zeiten der Corona-Pandemie in der Warteschleife. Drei Beispiele: Miká Heming ist aktuell nicht nur durch die Entfernung nach Bayern von seinem neuen Radsportteam Maloja Pushbikers abgeschottet. Die Damen 30 des TV BW Stadtlohn müssen sich in Geduld üben, bis ihr Abenteuer Regionalliga in diesem Jahr beginnen kann. Und den Verantwortlichen bei den Oberliga-Volleyballerinnen des VfL Ahaus treibt schon die Planung der neuen Saison kleinere Sorgenfalten ins Gesicht. Wie gehen die Aktiven mit dieser Lage um?
Wann wird der Covid-19-Peak erreicht? Diese Frage stellt sich der Stadtlohner Radsportler Miká Heming fast täglich. Vorher gibt es für ihn keinen Kontakt mehr zu seinem Team, den Maloja Pushbikers, für die der 19-Jährige seit dem 1. Januar in die Pedale tritt. Zumindest physisch nicht. „Wir telefonieren natürlich viel oder halten Kontakt über Facetime. Mehr ist aktuell nicht möglich“, erklärt Heming. Während am Team-Standort in Bayern eine Ausgangsbeschränkung herrscht, gilt für ihn, der aktuell in der Heimat weilt, die Kontaktsperre in NRW aufgrund der Corona-Krise.
Saison bis November verlängert
Sport, der sich aktuell auf das Training beschränkt, ist nur alleine möglich. Und auf dem Programm stehen vor allem „lange Einheiten“ und weniger die Intensität. „Wir haben von unserem Teamchef Christian Grasmann die Aufgabe gestellt bekommen, die Grundfitness zu halten.“ Denn wann es genau weitergehen wird mit der Radsportsaison, das steht noch in den Sternen. Nahezu sämtliche Wettbewerbe sind bis einschließlich Mai abgesagt – werden womöglich später im Jahr nachgeholt. „Deshalb wurde die Saison schon bis zum November verlängert“, so Heming.
Von der Entwicklung rund um die Corona-Pandemie hatte Heming in Griechenland erfahren. Dort nahm er an der „Tour of Rhodos“ teil. „Wir haben dann irgendwann gehört, dass ein Mitglied der türkischen Nationalmannschaft mit dem Coronavirus infiziert worden sei. Das war dann zum Glück nicht so. Wir hatten schon bedenken, dass wir nicht mehr nach Deutschland zurückkommen“, berichtet Heming. Er selbst war beim Eintagesrennen in einer Abfahrt zu Fall gekommen. „Ich hab viel Haut liegengelassen, geht aber schon wieder“, schmunzelt er.
Miká Heming nutzt Zeit zur Zukunftsplanung
Der aktuelle Stillstand und die Ungewissheit machen der gesamten Radsportszene zu schaffen. Die Maloja Pushbikers haben reagiert: „Das Team hat keine Rennen, die Mitarbeiter keine wirkliche Arbeit mehr. Wir haben den Schritt gemacht, alle fixen Kosten zu drücken. Wir bereiten uns auf eine Notlösung im Extremfall bis August/September vor“, erklärte Teamchef Christian Grasmann gegenüber radsport-news.com die ersten Maßnahmen.
Miká Heming hat die Zeit abseits der Trainingseinheiten genutzt und sich an der Fernuniversität eingeschrieben – Fachrichtung Mediendesign. „Die Zeit gibt es ja her – so wie das Wetter zum Training passt“, lacht Heming, dessen Umzug nach Bad Tölz sich nun auch verschiebt. Und auch der Hauptsponsor Maloja stellt sich vorbildlich der Krise. Im Werk in Bulgarien stellt der Bikewear-Hersteller nun Atemschutzmasken her – 5000 Stück am Tag. Diese gehen bislang zum Selbstkostenpreis unter anderem an benachbarte Betriebe, die so ihre Produktion aufrechterhalten können, aber auch an die bulgarische Regierung und Unternehmen in Bulgarien.

Der Saisonstart in der Regionalliga West verschiebt sich um rund fünf Wochen - sofern die Entwicklung der Corona-Krise diesen zulässt: Die Damen 30 um Spielführerin Christina Geuking müssen ihre Saisonplanung dadurch umstellen. © Michael Schley
Für die Damen 30 des TV BW Stadtlohn sollte die Regionalliga-Premierensaison eigentlich am zweiten Mai-Wochenende mit dem Heimspiel gegen den Rochusclub aus Düsseldorf starten. Doch auf das Heimspiel gegen den amtierenden Deutschen Meister müssen die Tennisdamen um Spielführerin Christina Geuking nun noch warten. Die drei NRW-Verbände – Mittelrhein, Niederrhein und Westfalen –, die die Regionalliga West darstellen, haben sich darauf verständigt, dass die Regionalliga-Saison der Damen und Herren auch erst nach dem 8. Juni beginnen soll.
Die Vorgabe des Deutschen Tennis-Bundes wird folglich befolgt. „Wir sind informiert worden, dass die Saison nun vom 10. Juni bis Anfang September laufen soll“, erklärt Christina Geuking. Für die Stadtlohnerinnen bedeutet diese neue Situation eine Umstellung der Vorbereitung – die Saison startet später und endet folglich auch später. Sofern die Termine nicht noch weiter angepasst werden müssen.
Trainingslager auf Mallorca wird nachgeholt
„Wäre doch auch mal was Schönes, nach den Sommerferien zu spielen und dann noch die gute Zeit zu nutzen für den Wettbewerb – mit neuer Motivation. Die Vorfreude ist natürlich geblieben. Wir müssen die Lage aber sicher weiter abwarten.“ Die Einschätzung von Christina Geuking klingt plausibel wie realistisch. Zu ungewiss stellt sich die Gemengelage aktuell dar. (Mannschafts-)Training ist aktuell nicht möglich, das geplante Trainingslager auf Mallorca wurde unter der Woche abgesagt. „Wir hatten noch überlegt, dieses in den Herbst zu verschieben. Nachholen werden wir es in jedem Fall“, blickt Geuking voraus. Nun müsse man sich weiter in Geduld üben – aber da „geht es ja allen anderen Mannschaftssportlern genauso“.

Die Saison 2019/20 ist für die Oberliga-Volleyballerinnen des VfL Ahaus vorzeitig beendet. Trainer Sebastian Förster hat schon die kommende Spielzeit im Blick – und die Planung gestaltet sich schwierig. © Sascha Keirat
Vorzeitig Feierabend heißt es dagegen für die Oberliga-Volleyballerinnen des VfL Ahaus. Die letzten drei Saisonspiele werden nicht mehr ausgetragen, der VfL hat den Ligaerhalt damit geschafft. Ohne das „Finale“ in Bochum. Dass man nun so die Saison abschließen müsse, sei „enorm schade, aber nicht zu ändern“, erklärt Trainer Sebastian Förster. Er hat dabei nicht nur das vorzeitige Saisonende im Blick, sondern vielmehr auch schon die kommende Saison. „Das lässt sich alles sehr schwer planen, die Meldetermine drängen, können kaum eingehalten werden.“
Ungewissheit macht Saisonplanung schwierig
Diese Ungewissheit treffe den VfL ganz besonders, da man – im Gegensatz zum Vorjahr – nun doch vor einem spürbaren Umbruch stehe. „Uns sind die Hände gebunden, wir können ja gar nicht Ausschau nach Neuzugängen halten oder unseren eigenen Nachwuchs ins Training einbinden“, so Förster. Ziel müsse es trotz allem sein, auch nach dem Umbruch in der Oberliga eine schlagkräftige Mannschaft stellen zu können. Doch dafür müsse erst einmal wieder der Trainingsbetrieb anlaufen.
Alle gemeinsam betonen eines: Es gibt aktuell Wichtigeres als den Sport.