Von Damaskus nach Ascheberg: Flüchtling K. erzählt
Die Gefahren der Flucht
Der Advent – die Zeit der Ankunft. Während viele Einwohner Deutschlands ihre Wohnungen schmücken und Plätzchen backen, erinnert sich Flüchtling K., der jetzt in Ascheberg lebt, an die Ankunft in Deutschland nach seiner Flucht. Die Geschichte einer gefährlichen Reise.

Musste seine Heimat Damaskus verlassen: Flüchtling K. in seiner neuen Unterkunft in Ascheberg.
Die „Reise“ hat ein Jahr gedauert. Normalerweise ist sie innerhalb weniger Stunden zu bewältigen. Doch K. ist nicht freiwillig gereist und schon gar nicht mit Gepäck oder Familie. Die musste er zurücklassen. Er ist überstürzt in Damaskus aufgebrochen. Nur mit dem was er am Leib trug. Und mit unbekanntem Ziel. Doch nun endlich ist er angekommen. In Ascheberg. „Am 1. Juni“, sagt er.
Seine Unterkunft ist bescheiden. Ein kleines Zimmer, das er sich mit einem Landsmann teilt. Zum Glück. „Da kann man sich austauschen.“ K. nimmt auf dem Bett Platz. Ob er sich nun sicher fühlt hier in Deutschland? „Nein“, gibt er zu. „Noch nicht.“
In Syrien gelebt
Denn ein Teil von ihm ist schließlich zu Hause geblieben. In Damaskus. Seine beiden Kinder, seine Frau und seine Familie. Das macht ihm zu schaffen. Er vermisst seine Lieben. Momentan kann er nur via Telefon mit ihnen sprechen. Und das noch nicht einmal regelmäßig. „Letztens war eine Verbindung unmöglich, da ist wohl das Netz zusammengebrochen“, erzählt K. Quälende Stunden waren das Resultat. „Es ist diese Unsicherheit, man weiß nie was passiert, wo und wann gerade wieder eine Bombe fällt.“
K. liebt seine Heimat. Dort hat er ein normales Leben geführt. „Die Syrer arbeiten viel, am Wochenende genießen sie die Freizeit bei Ausflügen oder im Familienkreis, so wie hier in Deutschland auch“. Er selbst ist Rechtsanwalt, wie sein Vater. Seine Mutter ist Professorin an der Universität. In seinem Leben ist K. schon viel rum gekommen. Allerdings freiwillig. „Das waren dann Reisen und keine Flucht“.
Im Libanon weggescheucht
Seine dunklen Augen schweifen für einen kurzen Moment aus dem Fenster und verraten die Qualen, die er durchlebt hat. In Damaskus ist er aufgebrochen über den Libanon - der Aufenthalt dort hat gerade 22 Tage gedauert. „Dort sind Syrer nicht gerne gesehen. Wir wurden fortgescheucht“ - danach ist er in der Türkei gelandet. „Da wären wir gerne geblieben und haben auch schon Arbeit gesucht, aber wir durften nicht bleiben“.
Was dann folgte, wird er nie vergessen. Denn der Weg von der Türkei nach Griechenland führte ihn über das Mittelmeer. Einen Großteil musste er schwimmend zurücklegen. Denn das Boot kenterte. „Frauen und Kinder sind alle ertrunken“, erzählt er traurig. Einige Männer schafften es. Schwimmend. Kurz unterbricht K. seine Ausführungen. „Kennst Du das Bild von dem kleinen Alan, das um die Welt ging?“ fragt er und fügt hinzu: „Genau das ist der Grund weshalb ich meine Familie zurückgelassen habe und allein gegangen bin.“
In Deutschland angekommen
Er wollte seine Familie nicht dieser Gefahr aussetzen. Denn auch der Weg von Griechenland nach Mazedonien und weiter nach Ungarn war hart. „Teilweise mit dem Truck, so einen wie der in Österreich, wo so viele Flüchtlinge umgekommen sind.“ Nach München ging es mit dem Taxi. Auf dem Polizeipräsidium wurde er registriert, gemeinsam mit vielen anderen. Und dort lernte er deutsche Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit kennen.
„Habt Ihr Geld?“ wurden er und eine syrische Familie gefragt. Alle verneinten. „Wir bekamen Zugtickets nach Dortmund. Diese freundlichen Beamten auf dem Polizeipräsidium werde ich nie vergessen“. Ascheberg erreichte er erst nach Aufenthalten in weiteren fünf Camps. Ein Jahr nach Fluchtantritt.