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Hauskauf, Kleidung, Ersthilfe: Gemeinde und Vereine bündeln Ukraine-Hilfe
Ukraine-Hilfe
Die erste Hilfe für Geflüchtete aus der Gemeinde Ascheberg war eher unkoordiniert, das soll sich nun ändern. Und: Die Gemeinde denkt sogar über den Kauf von Häusern nach.
Die Bereitschaft, vor dem Angriffskrieg Russlands geflohenen Menschen aus der Ukraine zu helfen, sei ungebrochen, sagte Bürgermeister Thomas Stohldreier Ende vergangener Woche auf einem extra einberufenen Pressetermin. Doch nun gehe es darum, diese Hilfe in geordnete Bahnen zu bringen.
„Es ist wichtig bei Krisen, dass wir es gut organisiert kriegen, dass wir uns gut strukturieren.“ Und so saßen am Freitag nicht nur die Gemeindeverwaltung, sondern auch Maria und Hubert Schumacher vom neu eröffneten Herberner Sozialkaufhaus mit am Tisch des Bürgerforums, ebenso wie Roswitha Reckers vom Verein Integration Ascheberg und Martin Hörster von der Ascheberger Tafel.
Stand Freitag befanden sich bereits 29 ukrainische Geflüchtete in der Gemeinde Ascheberg, 20 weitere waren angekündigt. Etwa 5 Tage vergingen, bis diese dann in der Regel einträfen, so Stohldreier. Künftig nimmt die Gemeinde nur noch Geflüchtete auf, die von der zentralen Anlaufstelle, der Landeserstaufnahme-Einrichtung in Bochum, registriert und weitergeleitet würden, so Bastian Meyer aus dem Ordnungsamt. Nur so sei eine gleichmäßige Verteilung über NRW gewährleistet. Die, die wegen persönlicher Kontakte in die Gemeinde kommen wollen, so Stohldreier, müssten sich dort ebenfalls registrieren.
Geflüchtete nicht mit Aktionismus überfordern
Die, die schon vor Ort sind, bittet Stohldreier, sich bei der Gemeinde zu melden. Denn zum einen fehlt der Verwaltung ohne diese Meldung der genaue Überblick, wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer es bereits in der Gemeinde gibt, zum anderen, so Stohldreier, könne nur so geprüft werden, welche Sozialleistungen den Menschen zustehe.
„Die wenigsten haben sofort den Kopf frei für Arbeit. Wir haben zwar Arbeitgeber, die ukrainische Geflüchtete beschäftigen wollen. Aber wir müssen noch gucken, wie die Menschen hier ankommen. In der Regel sind es Frauen mit kleinen Kindern.“ Und die dürften auch erst einmal ein paar Wochen in Ruhe ankommen. Auch das, Ruhe geben, sei wichtig, erklärten alle. Auch mit Blick auf engagierte Bürger, die helfen wollen.
Zur Unterbringung der Menschen würde die Gemeinde sogar ganze Häuser kaufen, erklärte Bürgermeister Thomas Stohldreier. Wer also überlege, sein Haus zu verkaufen und nicht wisse, wie er oder sie es an den Markt bringen könne, solle sich bei der Gemeinde melden. Wohnungsangebote habe es bereits eine ganze Menge gegeben, so Jürgen Stenkamp vom Sozialamt. 6 oder 7 Mietverträge seien bis Freitag schon unterschrieben worden, weitere stünden kurz vor der Unterzeichnung. Stand Freitag gab es bereits Wohnraum für knapp 50 Menschen.
Schon jetzt unterschreibe man Mietverträge auch mit der Gefahr, dass diese erstmal 6 bis 8 Wochen leer stünden. Auch wenn man schaue, dass man mit dem Kosten im „unteren Segment“ bleibe. „Wir setzen da den sozialhilferechtlichen Ansatz“, so Stenkamp. Jedes Objekt, das angeboten würde, schaue sich die Gemeinde auch an, verspricht Stohldreier. Wichtig sei nur, dass die Angebote auf Dauer angelegt seien.
Kostenlose Erstausstattung im Herberner Sozialkaufhaus
Nicht nur stehe das Haus an der Bultenstraße - dort war ehemals eine Kita untergebracht - zur Verfügung, auch die Geflüchtetenunterkunft an der Amelsbürener Straße, die seit einem Wasserschaden leer steht, wolle man so schnell wie möglich wieder in Betrieb nehmen. Die Sanierung sei „etwas komplizierter gewesen“, so Stohldreier. Auf eine Turnhalle als Notlösung wolle und werde man nicht zurückgreifen. „Das ist nicht integrationsfreudig.“
Gemeinsam mit dem Kreis und dem DRK hat die Gemeinde eine sogenannte Puffereinrichtung in Seppenrade geschaffen, in der erst einmal 250 Menschen in 59 Zimmern für 5 bis 10 Tage übergangsweise unterkommen können, die dann auf den Kreis verteilt werden.
Unbegleitete Minderjährige gebe es in der Gemeinde Ascheberg noch nicht. Wenn nicht mit Mutter oder Vater, seien Kinder zumindest mit der Oma oder der Tante gekommen. In den Familien spreche die Gemeinde ab, ob und welche Betreuung die Familien für die Kinder benötigen. Geht es um das Thema Kleidung und Haushaltswaren, ist das Sozialkaufhaus in Herbern ein erster Anlaufpunkt. Maria und Hubert Schumacher bieten jeder geflüchteten Person eine kostenlose Erstversorgung mit allem Nötigen an. Außerhalb der Geschäftszeiten des Sozialkaufhauses (Südstraße 39) ist das Ehepaar unter Tel. 0170/2777584 zu erreichen.
Beim Verein Integration Ascheberg sei in den vergangenen zwei Jahren wegen der Coronapandemie „nicht viel gelaufen“, erklärte Roswitha Reckers. Nun sei es wichtig, genau zu schauen, was die Personen bräuchten. Denn zu viel Euphorismus und Aktivismus, wie er anfangs oft zu verzeichnen sei, überfordere Helfer und Geflüchtete. Stehe jeden Tag „jemand auf der Matte“, könne niemand zur Ruhe kommen.
Reckers will die Frauengruppe, die es während der Geflüchtetenbewegungen aus vor allem Syrien 2015 bereits gegeben hatte, wieder aktivieren. Und: „Geflüchtete, die schon länger hier sind, kümmern sich um Neuankömmlinge. Denn wer weiß es besser?“
Die Tafel bittet vor allem um langlebige Lebensmittel, und auch Hygieneartikel seien in kleinem Maß gern gesehen. Ukrainische Geflüchtete, die sich in der Gemeinde befinden, bittet Stohldreier, sich unter der Mail-Adresse ukraine@ascheberg.de an die Gemeinde zu wenden. Menschen die Russisch oder Ukrainisch sprechen und übersetzen können, sind ebenfalls gebeten, sich bei der Gemeinde zu melden. Integration Ascheberg: www.inta-ascheberg.de; Tel. (02599) 1869; info@inta-ascheberg.de. Ascheberger Tafel e.V.: www.ascheberger-tafel.de; Tel. (02593) 951294; info@ascheberger-tafel.de.
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
