
Bei der Mai-Party auf dem HSV-Sportplatz soll es zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein. Für die Beteiligten hatte das jetzt ein Nachspiel vor dem Amtsgericht (Symbolfoto). © DPA
Vermeintlich sexueller Übergriff auf Heeker Mai-Party wirft Fragen auf
Gerichtsprozess
Auf der großen Mai-Sause 2022 soll es in Heek zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein. In einer dunklen Ecke in der Nähe des Jugendhauses Zak. Doch auch Monate später bleibt vieles unklar.
Für eine junge Frau (27) aus Stadtlohn hat die Party am 1. Mai 2022 auf dem Sportplatz des HSV noch heute tiefgreifende Folgen. Nicht wegen der Party an sich, sondern wegen dem, was sich vermeintlich in einer dunklen Ecke um kurz nach Mitternacht zugetragen haben soll.
Der Junggesellenschützenverein hatte nach der Corona-Zwangspause zur großen Open-Air-Sause auf dem Sportplatz eingeladen. Hunderte Gäste feierten an diesem Tag zusammen. Unter ihnen auch eine 27-jährige Stadtlohnerin und ein 27-jähriger Heeker. Beide kennen sich seit einigen Jahren flüchtig.
Zusammen gefeiert und getrunken
Zusammen haben sie in einer Gruppe mit Bekannten bis spät in die Nacht gefeiert, getanzt und getrunken. Mit dem, was sich dann aber innerhalb von rund 17 Minuten kurz vor und kurz nach Mitternacht abgespielt haben soll, sahen sich die beiden jetzt vor dem Amtsgericht Ahaus wieder.
Der Grund: Die Stadtlohnerin hatte zehn Tage nach der Feier bei der Polizei eine Strafanzeige wegen sexueller Nötigung gestellt. Vor Gericht brach die 27-Jährige bei der Schilderung der Ereignisse aus besagten Minuten immer wieder in Tränen aus.
So soll der Heeker in einer dunklen Ecke in der Nähe der Skateanlage am Jugendhaus Zak – rund 150 Meter entfernt von der Party – versucht haben, sie zu küssen. Als sie dieses abgelehnt habe, soll der 27-Jährige sie einige Meter zurückgedrängt und dann mit seinem Becken am Zaun fixiert haben.
Mehrfach habe er ihr dann gegen ihren Willen einen Zungenkuss gegeben. „Ich war in einer Schockstarre, habe es über mich ergehen lassen“, sagte die Stadtlohnerin aus. Sie habe einfach nur gehofft, es gehe schnell vorbei.
Dabei habe sie auch gemerkt, wie der Heeker erregt gewesen sei. Schließlich habe dieser ihr auch noch das T-Shirt hinten aus der Hose gezogen, um dann plötzlich ohne erkennbaren Grund von ihr abzulassen. Völlig aufgelöst sei sie, so erinnerte sich die 27-Jährige, dann zu ihren Bekannten gelaufen.
Gedächtnislücken
Großes Problem für Staatsanwaltschaft und Gericht: Wie die Stadtlohnerin mit dem Angeklagten in diese dunkle Ecke gekommen sein soll, blieb unklar. Freiwillig? Unter Zwang? „Ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich nicht daran erinnern“, sagte die 27-Jährige auf Nachfrage des Richters.
Der angeklagte Heeker konnte praktisch gar nichts zur Aufklärung der vermeintlichen Tat beitragen. Er habe, so sagte er aus, einen völligen Blackout, könne sich an gar nichts in diesen Minuten erinnern. Er wisse nur, dass man zusammen gefeiert habe.
Kurios: Der Heeker erhielt während der besagten Minuten mehrere Anrufe von Bekannten - die Anrufliste wurde vor Gericht kontrolliert. Einen dieser Anrufe, nämlich um 0.12 Uhr, nahm der Angeklagte sogar kurz an.
Also in jenem Zeitraum, als der sexuelle Übergriff stattgefunden haben soll. Oder gerade stattgefunden hatte. Auf Nachfrage des Richters konnte sich die vermeintlich geschädigte Stadtlohnerin daran aber nicht erinnern. Sie wiederholte stattdessen, dass sie sich in einer Schockstarre befunden habe.
Keine Zeugen
Da es für die vermeintliche Tat keine Zeugen gab und vieles durch die großen alkoholbedingten Gedächtnislücken der Beteiligten unklar blieb, zog der Staatsanwalt nach gut einer Stunde Beweisaufnahme die Notbremse: „Mir ist das zu heiß. Mir reicht die Beweislage so einfach nicht.“
Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung plädierten am Ende auf Freispruch. Das Schöffengericht folgte. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
Einen Satz gab der Richter dem Heeker noch mit auf den Weg: „Sie hatten großes Glück, dass die Zeugin so sachlich ausgesagt hat. Das hätte für Sie hier auch anders ausgehen können.“ Aber im Zweifel – und diese blieben nach der Beweisaufnahme – werde für den Angeklagten entschieden.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
