
© Mareike Graepel
Zero-Waste-Bloggerin Shia Su und ihr Leben ohne Müll - Vortrag in Haltern
Zero Waste
100.000 Menschen folgen der Bloggerin auf Instagram. Nun hat Shia Su auch in Haltern Einblicke in ihr müllfreies Leben gegeben.
Die Schmerzgrenze an der Supermarktkasse liegt übrigens bei mehr als einem Kilo loser Kartoffeln auf dem Fließband…“ Hilfreiche Informationen, pragmatische Alternativen, nachhaltige Tipps und vor allem eine Menge Humor trotz des dringlichen Themas empfangen die Zuschauer in der Stadtbücherei – deutlich mehr als erwartet. Der Saal ist bis auf den letzten Platz besetzt, bis ins Foyer stehen die Interessierten.
„Zero Waste“-Autorin und Bloggerin Shia Su erzählt zusammen mit ihrem Mann Hanno, wie ihr Leben ohne Müll funktioniert. Und wie alles begann – mit Hanno’s Omas nämlich, die wie selbstverständlich und „immer schon“ ohne Plastiktüten und ständiges Neukaufen aller möglichen Produkte auskamen.
Der Müll eines Jahres passt in ein Einmachglas
„Und dann ist plötzlich das hier passiert“, sagt Shia und Hanno hält ein Einmachglas hoch. „Das ist der Müll eines ganzen Jahres.“ Ein paar Bus- und Bahntickets, eine durchgeschnittene Krankenkassenkarte, etwa hundert Sichtfenster von Briefumschlägen, die man überhaupt nicht vermeiden kann, Reste einer Schuheinlage – das ist alles, was übrig bleibt.
Übrig von den 617 Kilogramm Müll, die jeder Mensch durchschnittlich pro Jahr produziert: Nur ein paar Gramm. „Bei uns beiden wären das schon mehr als 1,2 Tonnen.“ Müll komplett vermeiden, insbesondere Plastik, ist das nicht total schwierig? Und kompliziert? „Im Gegenteil“, so die beiden. „Wir sind nämlich ziemlich faul. Aber wer faul ist, braucht ein System.“ Der Trick sei einfach: Anfangen. Sich anschauen, was an Müll anfällt, Dinge aufbrauchen („Wir hatten erst noch Zahnpaste für ein Jahr im Schrank!“) und nach Alternativen suchen. Einen Einkaufsplan aufstellen – und dabei merken, dass man auch noch Geld spart. „Weil von nichts mehr zu viel eingekauft wird, und man sich Dinge wie Bohrmaschinen zum Beispiel auch leihen kann:“
Shia und Hanno berichten von Lebensmittel-Kauf ohne Verpackungen, von Drogerieartikeln zum Selbermachen und wie man Putzprodukte umweltfreundlich selbst herstellen kann. „Ich habe aus meinem alten Kinderpyjama-Ärmel einen Spaghetti-Beutel genäht, die Läden in meinem Umfeld genauer angesehen.“ Oft ginge es eben auch im normalen Supermarkt, Obst und Gemüse (ohne wiederverwendbare Netze ist jedoch die Schmerzgrenze an der Kasse schnell erreicht, siehe oben), Aufschnitt, Fleisch und Käse in mitgebrachten Dosen zu kaufen. „Sogar Pommes und Salat kann man in Imbissläden in Dosen einfüllen lassen.“
Second Hand, Menstruationstasse, Toilettenpapier nur für Gäste
Im anschließenden Gespräch mit dem Publikum klärten sich noch viele weitere Fragen, wie zum Beispiel nach der besten Hafermilch-Herstellung, Kleidung- und Schuh-Kauf („Wir tragen fast nur 100% Baumwolle, kompostieren einiges oder kaufen Second-Hand oder in Läden, die die Jeans wieder zurücknehmen und aus dem Stoff neue nähen.“) und Damenhygiene („Die Menstruationstasse ist toll, benötigt aber bei dem sperrigen Namen ein Re-Branding, oder?“). Toilettenpapier gibt es bei Shia und Hanno zuhause übrigens nur für Gäste. „Wir haben einen Bidet-Duschkopf installiert und nutzen einen Waschlappen zum Abtrocknen.“
Dass in Haltern schon einiges an müll-freiem Leben möglich ist, und die Halterner*innen so motiviert sind, freut Shia. Bis ins Detail ist sie konsequent: „Bitte kein Geschenk zum Dank.“
Und die Bücher, die sie signiert, bekommen keine Namenswidmung. Aus einem einfachen Grund: „Dann kann man die noch weiter verschenken.“
Mareike Graepel ist Journalistin, Autorin und Übersetzerin, seit 2017 selbstständig. Die Mutter von zwei Töchtern lebt teils in Haltern, teils in Irland. Von der Grünen Insel berichtet sie für DEINE KORRESPONDENTIN und die dpa. Am liebsten schreibt sie über Kultur, Gesellschaft und Umwelt.
