Beim Einkauf auf den Verpackungsmüll zu verzichten ist schwierig? Zwei Halternerinnen haben den Selbsttest gemacht. Wir zeigen Ihnen, wo Sie in Haltern verpackungsfrei einkaufen können.
Unverpackt einkaufen mag in einer Stadt wie Köln oder Münster mit Unverpackt-Läden einfach sein. Hier ist das teuer, aufwändig, anstrengend.“ Könnte man meinen. Aber Haltern ist anders. Hier ist der Beweis. Mit den Tipps der Facebook-Gruppe „Unverpackt einkaufen in Haltern“ im Rücken haben wir in Haltern eingekauft. Ohne auch nur ein Gramm (Einweg-)Plastik mit einzupacken.
Mit dem Wissen, was alles möglich ist, bepacken wir am nächsten Morgen den Einkaufstrolley und den Fahrradkorb mit Käse- und Wurstbehältern, Obst- und Gemüsenetzen. Bei Kunststoff, der über Jahre benutzt wird, drücken wir ein Auge zu. Wichtig ist: Einweg-Plastik vermeiden, beschichtete Pappe im Laden lassen, keine Verpackung mitkaufen. Wir kaufen „normal“ ein, nicht für ein schickes Abendessen, oder Gäste, sondern für einen Durchschnittstag in einer Durchschnittswoche.
„Die meisten Menschen lehnen Plastiktüten ab“
Unser Einkauf beginnt auf dem Markt. Erdbeeren am Sebbel-Stand: Blaue Plastikschalen stehen dort. Und große Pappschalen. „Wir nehmen die Schalen zurück und verwenden die wieder und bieten den Kunden die Kartons besonders an“, sagt Hanna Malucha. Sie arbeitet als Marktverkäuferin. „Die meisten Menschen lehnen bei uns am Stand die Plastiktüten bereits rundweg ab. Und über ein Fünftel aller Kundinnen und Kunden bringen eigene Netze oder Behälter mit.“
Eine Zahl, die auch die beiden Käseverkäufer bestätigen. Konstantin Böttner von Käsespezialitäten Kürten sagt: „Das ist in Haltern deutlich spürbarer als in anderen Städten, in denen wir auf dem Markt sind.“ Am Olivenstand gibt es gar Weck-Gläser mit gut schließendem Kunststoffdeckel zu kaufen, daneben liegt ein Zettel, der auf den Wunsch nach weniger Plastik-Nutzung verweist. Malou von Boetticher nimmt eine der Holzkellen und zeigt, warum es keine gute Idee wäre, mit ausrangierten Marmeladegläsern oder Babybrei-Gläschen zu kommen: „Die Öffnung ist zu klein. Bei uns machen Gläser und Behälter mit einem größeren Rand mehr Sinn.“ Ihr ist aufgefallen, dass es vor allem Eltern sind, die im Bewusstsein, ihren Kindern eine bessere Erde zu hinterlassen, plastikfrei einkaufen. „Und Ältere.“
Die Großeltern-Generation äußert immer wieder in Gesprächen mit Zero-Waste-Experten und auch hier auf dem Markt eine freundliche Genugtuung: „Das haben wir doch schon immer so gemacht.“ Unverpackt einkaufen, so findet auch die Kundin Christas Dippel am Obst- und Gemüsestand ein paar Meter weiter, ist selbstverständlich: „Wenn ich immer Tüten nehmen würde, könnte ich damit schon mal einen eigenen Laden füllen. Das will ich nicht.“ Tarek Omeirat füllt ihr ein Netz mit Kirschen, gibt ihr die Bananen ohne Tüte – auch Papiertüten müssen nicht sein – und rechnet ab. Das Obst kostet das Gleiche verpackt wie unverpackt. Wie auch sonst überall ändert sich am Produktpreis nichts.
In großen Kaffeeketten gibt es oft einen Preisnachlass für den Coffee-to-go, wenn man seinen eigenen Becher mitbringt. Generell kauft man bewusster ein, hat weniger Lebensmittel im Schrank und wirft weniger ungenutzt weg. Statistisch spart man ein paar hundert Euro im Jahr, wenn man unverpackt einkauft. Auch, wenn manche Produkte auf den ersten Blick teurer erscheinen.
Trend, auf Einwegplastik zu verzichten, steigt in Haltern an
Am Metzgerstand Düpmann packt Melanie Schledding den Salami-Aufschnitt in die mitgebrachten Dosen und lobt Haltern: „In den letzten Wochen ist der Trend hier ganz stark angestiegen, Fleisch und Aufschnitt nicht mehr in Einwegplastik zu kaufen.“ Wichtig ist hier auf dem Markt wie in der Fleischerei Redlich auf der Merschstraße und in anderen inhabergeführten Lebensmittelgeschäften: Die Dosen bleiben auf der Theke und berühren die Waage und die Ablage dahinter nicht. Dann ist auch alles im „grünen Bereich“, wie die Ressortleiterin der Lebensmittelüberwachung bei der Kreisverwaltung Recklinghausen, Dr. Ricarda Gebert, bestätigt: „Um eine nachteilige Beeinflussung von Lebensmitteln zu vermeiden, sollen normalerweise in einem Lebensmittelbetrieb keine fremden Gegenstände über die Theke gehen.“
Mittlerweile sei es möglich, so Gebert, dass unter gewissen Voraussetzungen Tupperdosen dennoch vom Verbraucher mitgebracht werden könnten. „Dazu muss der Lebensmittelunternehmer ein Konzept nachweisen, dem die Lebensmittelbehörde zustimmt. Durch derartige Konzepte wird vermieden, dass die Tupperdose des Verbrauchers direkten Kontakt mit der Arbeitsfläche im Betrieb hat. Möglich ist ein Tablettsystem oder ähnliches. Manche Betreiber fahren auch Konzepte mit Mehrwegverpackungen, die dann getauscht werden.“ Wie zum Beispiel die Metzgerei Bellendorf, die auf dem Markt in Haltern auch ein Behälterpfandsystem eingeführt hat. „Für drei Euro einmalig bekommen die Kunden eine Dose, die sie beim nächsten Einkauf gegen eine desinfizierte wieder eintauschen können“, so Hildegard Wieseler, die dort am Stand arbeitet.
„Wir haben vor einigen Jahren schon mal Brottaschen in der Weihnachtszeit verschenkt, davon sind zwar einige noch bei den Stammkunden in Gebrauch“, sagt Hermann Wehren von der Bäckerei Wehren. „Aber leider nutzen sehr wenige Leute Baumwolltaschen für ihr Brot und ihre Brötchen.“ In dem Moment betritt Ingeborg Schöberl den Laden. Ganz selbstverständlich reicht sie eine blaue Tasche über die Theke. „Zuhause kommt das Brot in den Kasten. Ganz einfach.“ Der Bäckermeister vermutet einen Gewohnheitseffekt bei denen, die immer noch mehrere Papier- und Plastiktüten benutzen für ihren Broteinkauf: „Aber man kann sich ja auch daran gewöhnen, eine Stofftasche mitzubringen.“
Hier können Sie in Haltern unverpackt einkaufen
Hinter den Kulissen ist Wehrens Beitrag zur Müllvermeidung in der Backstube sichtbar. Die Behälter, in denen Eier angeliefert werden, gehen an den Großhändler zurück, zur erneuten Verwendung. „Und ich will keine Plastikverpackung um so Dinge wie Cocktailtomaten für das Foccachia-Brot haben.“ Ein paar Schritte weiter, bei Bilkenroth, gibt es Öl und Essig zum Abfüllen, und auch Spirituosen wie Liköre, Obstbrände und Grappa. Klaus Bilkenroth: „Die Flaschen, in denen wir die Sachen verkaufen, können bei uns immer wieder aufgefüllt werden.“ Kaffee und Tee können in der Rösterei Cuhlmann auf der Rekumer und bei „Tee am See“ unverpackt eingekauft werden. Haferflocken, Mehl und Biogemüse, auch zum Anliefern – das bietet die Mühle Scholz am Lorenkamp.
Lebensmittel sind also machbar – in einigen Supermärkten Obst und Gemüse sowieso, und auch die Metzger- und Käsewaren wie beschrieben. Experten wie Anja Minhorst vom Laden Natürlich Unverpackt in Münster raten da: „Nachfragen, so oft es geht. Wenn die Filialeiter merken, dass der Druck aus der Bevölkerung groß ist, werden sie sich Gedanken machen müssen.“ Und was ist mit Kosmetika und Haushaltsdingen? Festes Shampoo ist kein Problem, und auch Putz- und Waschmittel gibt es zum Abfüllen bei „Aroma und Natur“, ebenso wie Zahnputztabletten, Entkalker und Klarspüler. Hundeleckerli können bei „Fressnapf“ unverpackt und in Eimern oder Dosen abgefüllt werden.
Wir machen uns auf den Heimweg für heute und stellen fest: Die Tipps aus der Facebook-Gruppe sind sehr hilfreich, Haltern ist auf einem guten Weg.
Hier können sie in Haltern müllfrei einkaufen
- Beide Käse-Stände auf dem Markt
- Der Olivenstand auf dem Markt
- Metzgerei Düpmann
- Alle Obst/Gemüse-Stände auf dem Markt
- Metzgerei-Bellendorf (Pfandsystem)
- Fleischerei Redlich
- Fast alle Bäckereien im Stadtgebiet
- Bilkenroth
- Aroma & Natur
- Reformhaus
- Teeladen Tee am See
- Kaffeerösterei Cuhlmann
- Mühle Scholz
- Fressnapf
- Alle Eisdielen in der Stadt
- Milchbauer Matthias, Flaesheim und bei Edeka Bleise
- Hof Hagedorn, Lavesum
Mareike Graepel ist Journalistin, Autorin und Übersetzerin, seit 2017 selbstständig. Die Mutter von zwei Töchtern lebt teils in Haltern, teils in Irland. Von der Grünen Insel berichtet sie für DEINE KORRESPONDENTIN und die dpa. Am liebsten schreibt sie über Kultur, Gesellschaft und Umwelt.
