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Positiver Schnelltest im Klassenraum: Trauma für ein Grundschulkind?
Coronavirus
Der Pooltest ist positiv, der Schnelltest bestätigt es: Mindestens ein Kind in der Grundschulklasse hat Corona. Ist das für Kinder ein traumatisches Erlebnis? Experten haben eine klare Meinung.
„Ich freue mich, dass ich in zwei Tagen meinen Impftermin habe.“ Wenn das ein Zehnjähriger mit einem Strahlen im Gesicht verkündet, mache das schon deutlich, dass auch Kinder Angst davor haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken, sagt Hildegard Schindler, Leiterin der Erziehungsberatungsstelle in Marl und Haltern. Selbst, wenn sie oft keinen schweren Verlauf zu befürchten haben. Die Sorge: Ich könnte der Nächste sein.
Zwei Striche beim Schnelltest: Bricht im Klassenraum Panik aus?
Was passiert aber, wenn auf dem eigenen Schnelltest plötzlich wirklich die zwei Striche erscheinen und die Mitschüler sind mit im Klassenraum? Ist das dann ein traumatisches Erlebnis?
„Zeitweilig gab es vielleicht eine Tendenz“, so Schindler. „Jetzt ist es schon normal geworden.“ Und fügt hinzu: „Eine schräge Normalität. Eine Form von Normalität, die wir uns nicht wünschen.“
Der Blick auf das Corona-Dashboard des Kreises Recklinghausen zeigt, dass die Sieben-Tage-Inzidenz bei Kindern im Grundschulalter den höchsten Wert im Vergleich zu anderen Altersgruppen aufweist. Er kratzt an der 2000er-Marke und liegt am 4. Februar bei 1969,3, dicht gefolgt von der Inzidenz der Kinder im Alter zwischen zehn und 19 Jahren mit einem Wert von 1481,7. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Kreisinzidenz liegt bei 677,0.
Kinder sind bei den Tests die Experten
„Was passiert jetzt?“, sei die häufigste Frage, die die Kinder stellen, wenn ihre Mitschüler von der restlichen Gruppe separiert werden, erzählt Grundschul-Sprecherin Susanne Ploner. Sie leitet die Marienschule in Haltern und ist bei der Durchführung der Schnelltests oft selbst im Klassenraum. Angst sei bei den positiv getesteten Kindern dann erst mal kein Thema. „Die Kinder sind mittlerweile die Experten bei den Testungen. Seit zwei Jahren kennen sie das doch.“
Den Kindern wird Schritt für Schritt erklärt, was nun passiert: Die Eltern holen das Kind ab, es wird untersucht und muss erst mal zu Hause bleiben, wenn es sich infiziert hat. „Dann ist Corona nichts Besonderes mehr.“ Dass betroffene Schülerinnen und Schüler etwa gehänselt worden wären, das habe die Schulleiterin nicht beobachten können.
Um den anderen Kindern die Angst vor einer Ansteckung zu nehmen, können die Schülerinnen und Schüler von ihrer Erkrankung später auch in der Klasse berichten. Denn die Frage sei oft: „War das jetzt schlimm?“
Ein Tabu-Thema ist die eigene Erkrankung unter Kindern nicht, stellt auch Dr. Rüdiger Haas fest. Er ist ärztlicher Direktor der LWL-Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marl-Sinsen. „Tabu hat immer etwas mit Schuld zu tun. Sich zu infizieren, ist nichts, wofür man Schuld trägt.“ Erfahrungen mit Traumata oder Mobbing durch eine Erkrankung seien ihm auch noch nicht begegnet.
„Hömma, hasse dat schon gehört?“ So (oder so ähnlich) beginnen die besten Geschichten aus dem Pott, wo ich zu Hause bin. Es gibt nichts Besseres, als diese aufzuspüren und dann in Text, Bild und Video festzuhalten.
