Gemeinde pflanzt nach Missbrauch eine Blutbuche „Wir stehen auf der Seite der Opfer!“

Blutbuche in St. Lambertus: „Wir stehen auf der Seite der Opfer!“
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In der Pfarrei St. Lambertus in Haltern-Lippramsdorf soll es in den 1970er- und 1980er-Jahren zu sexuellem Missbrauch durch den damals in der Pfarrei tätigen leitenden Pfarrer gekommen sein.

Pfarrer Michael Ostholthoff hatte die Lippramsdorfer am 2. Juni nach einem Gottesdienst darüber informiert und betont, dass es keinen Zweifel an den Taten gebe. „Die Erschütterung hier in der Kirche war groß. Aber heute, fünf Monate später, hat man das Gefühl, dass viele dies gerne wieder vergessen würden“, stellte Pastoralreferentin Veronika Bücker realistisch fest. Doch die Gemeinde setzte am Sonntag (3. November) ein deutliches Zeichen der Solidarität.

Pastoralreferentin Veronika Bücker spricht ein Gebet.
Pastoralreferentin Veronika Bücker sprach ein Gebet an der Blutbuche: „Wir bitten heute um Heilung, Hoffnung und Frieden für alle Betroffenen." Der Baum soll nicht nur für Lippramsdorf, sondern für die ganze Pfarrei ein Zeichen sein. © Elisabeth Schrief

Nach einem Wortgottesdienst zum Thema Nächstenliebe, gestaltet von der Frauengemeinschaft St. Lambertus, pflanzte die Gemeinde eine Blutbuche als Zeichen der Erinnerung einerseits sowie als Symbol der Achtsamkeit andererseits. Der junge Baum soll auf dem Kirchplatz Wurzeln schlagen.

„Er soll ein immer sichtbares Zeichen sein, dass wir eingestehen, dass Menschen in der Kirche Leid angetan wurde, dass wir das nicht gutheißen und nicht unter den Teppich kehren, dass wir auf der Seite der Opfer stehen“, sagte Veronika Bücker in einer kurzen Ansprache am Ende des Gottesdienstes.

Den Opfern, die unter den Taten noch heute litten, und auch den Kindern und Enkeln, die in der Kirche einen Ort der Liebe und des Angenommenseins suchten, seien es die Kirche und ihre Verantwortlichen schuldig, an diesem Thema zu arbeiten.

Wie in Lippramsdorf so werden auch an vielen anderen Orten des Bistums in diesen Wochen Blutbuchen gepflanzt. Die Idee und die Initiative entstand aus Gesprächen mit Betroffenen.

Klage angekündigt

„Damit die Blutbuche nicht nur auf dem Kirchplatz wächst, sondern auch in unseren Herzen, braucht es die Wärme der Menschlichkeit, der Empathie mit den Betroffenen und die Offenheit, Menschen wirklich zuzuhören“, machte Veronika Bücker deutlich. Solche Taten müssten für immer verhindert werden.

Ehemalige Messdiener hatten sich erst Jahre nach den Vorfällen Pfarrer Michael Ostholthoff und der Interventionsstelle des Bistums gegenüber offenbart. Ihnen war wichtig, den Missbrauch öffentlich zu machen.

Gegen den Priester, der vor vielen Jahren gestorben ist, gab es noch einen weiteren Vorwurf aus einem anderen Einsatzort. In diesem Fall hat die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen der dort betroffenen Person bereits 2020 eine Zahlung zugesprochen.

Ein Betroffener der Missbrauchsfälle aus Lippramsdorf will ebenfalls einen finanziellen Ausgleich vom Bistum einklagen.

Die Seite zur Prävention von sexuellem Missbrauch auf der Homepage von St. Sixtus wurde um die Erkenntnisse zu den Fällen aus Lippramsdorf erweitert.

Schon seit der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie im Bistum Münster im Juni 2022 setzt sich die Pfarrei intensiv mit dem Themenkreis Sexuelle Gewalt und Missbrauch auseinander.

Zum Thema

Missbrauch gelingend aufarbeiten

Das Thema Prävention wird durch regelmäßige Veranstaltungen wachgehalten. So findet am Freitag (8. November) ein Kirchenkino-Abend von 19 bis 22 Uhr im Pfarrheim St. Marien, Gildenstraße 22, statt. Die Leitung haben Martin Schmitz (bekannt durch das Buch „Der dunkle Hirte“) und Cäcilia Scholten (Psychologin, Pfarrei St. Sixtus). An diesem Abend gibt es einen Film und ein Expertengespräch zur Sensibilisierung und zur notwendigen Aufklärungsarbeit.

„Schweigen ist keine Alternative“ heißt ein Workshop zur Aufarbeitung nach sexuellem Missbrauch. Er findet am 28. März 2025 (Freitag) von 19 bis 22 Uhr im Josefshaus, Richthof 18, statt. Die Leitung übernehmen Martin Schmitz und Cäcilia Scholten. Mit den Teilnehmern werden Kriterien für eine gelingende Aufarbeitung erarbeitet.