Am 24. März 2015 um 15.30 Uhr trat Bodo Klimpel vor etwa 100 wartende Medienvertreter, um ihnen eine traurige Nachricht zu überbringen: den tragischen Tod von 16 Schülerinnen und Schülern sowie zwei Lehrerinnen des Joseph-König-Gymnasiums.
„Ich war von der Situation so emotional gefangen und konnte selber nicht glauben, was passiert war“, erinnert sich Klimpel, der damalige Bürgermeister Halterns und heutige Landrat, an diesen erschütternden Moment. Kurz zuvor hatten er und Schulleiter Ulrich Wessel den wartenden Eltern sagen müssen, dass ihre Kinder an Bord der Germanwings-Maschine mit der Flugnummer 4U9525 gewesen und mit in den Tod gerissen worden waren.

Aus Sorge, die Medienvertreter könnten alle auf den Schulhof stürmen, entschied sich Bodo Klimpel, den Schulhof räumen und abriegeln zu lassen. Ihm war wichtig, die Schülerinnen und Schüler zu schützen. „Die Jugendlichen waren sehr angefasst von der entsetzlichen Nachricht. Wir wollten nicht, dass sie bedrängt und angesprochen werden.“
Schaltstelle im Rathaus
Keine 100 Meter Luftlinie entfernt, im Rathaus, wurde organisiert, worauf niemand vorbereitet war. Ein normaler Alltag war nicht mehr vorstellbar. „Aber ich muss sagen, alle Mitarbeitende haben mich sehr unterstützt“, betont Bodo Klimpel im Gespräch mit der Redaktion.
Er nennt beispielhaft die damaligen Beigeordneten sowie insbesondere den Hauptamtsleiter, der sich um die notwendigen regulären Verwaltungsgeschäfte kümmerte und damit dem Bürgermeister den Rücken frei hielt. Das Rathaus wurde zur Schaltstelle für alles. Zweimal am Tag gab es Gespräche mit der Schule und Kirchenvertretern, auch die Pressekonferenzen wurden hier organisiert und Anfragen aus aller Welt beantwortet.
Hilfreich war zudem die Solidarität der Amtskollegen. Landrat Cay Süberkrüb und auch Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff beispielsweise schickten vor dem Hintergrund des Ausnahmezustandes personelle Verstärkung nach Haltern. Letztlich habe alles funktioniert, „aber natürlich auch, weil wir alle funktionieren mussten“, sagt Bodo Klimpel.
Gauck: Ein tröstliches Zeichen
Bodo Klimpel war als Krisenmanager gefragt, aber genauso als Repräsentant der Stadt Haltern am See. Hohe Staatsgäste kamen, um zu kondolieren. Darunter Bundespräsident Joachim Gauck. Er reiste mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt unter größter Geheimhaltung an (natürlich sickerte seine Ankunft durch).
Für die Stadtgesellschaft sei sein Besuch gut und richtig gewesen. Aber in erster Linie für die trauernden Angehörigen sei es ein tröstliches Zeichen gewesen, als der Bundespräsident alle nach dem Gottesdienst zu sich in den Altarraum gebeten habe, um gemeinsam mit ihnen zu beten, so Klimpel.

Bodo Klimpel hat sich in den schwierigsten Wochen seiner Amtszeit nicht geschont. Er war bei den Trauerfeiern und Andachten in Haltern dabei, beim Trauerakt im Kölner Dom, bei der Übergabe der Särge in Düsseldorf und auch bei allen Beisetzungen. Das waren extreme emotionale Belastungen. Und doch sagt Bodo Klimpel: „Ich war die ganze Zeit mit Menschen zusammen, denen es viel schlimmer ging als mir. In erster Linie war es für die Angehörigen eine ganz, ganz schreckliche Situation.“
Eine quälend lange Zeit mussten sie warten, bis sie ihre Kinder nach Hause holen und beerdigen konnten. „Das war für alle das Wichtigste“, sagt Bodo Klimpel. Und dann zu spüren, dass die Halterner kollektiv mit den betroffenen Familien trauerten. Bodo Klimpel stehen wieder die Tränen in den Augen, wenn er sich an die Rückführung erinnert. Der Spalier von der Autobahnabfahrt bis zur Schule habe ihn sehr berührt. Nie vergessen wird er das Bild einer Mutter, die mit ihren beiden Kindern in Höhe des Römermuseums gestanden und bitterlich geweint hat.
„Das Gedenken muss bleiben“
Bodo Klimpel hat versprochen, dass die Opfer dieser Flugzeugkatastrophe nie vergessen werden. Er will dieses Versprechen halten – auch in einem Alltag, der jeden Tag neue Freude, aber eben auch neue Trauer bringt. „Ich finde es ganz wichtig, dass der 24. März weiterhin als Gedenktag begangen wird“, betont er.
Für ihn gehört dazu, dass er und seine Frau Sabine sich Zeit nehmen für einen Gang zur Gedenkstätte auf dem Sundernfriedhof und zur Gedenkstätte an der Schule. „Das machen wir zweimal im Jahr, am 24. März und zu Allerheiligen.“ In Erinnerung ist ihm dabei ein Spruch geblieben, den eine Schülerin ins Kondolenzbuch geschrieben hatte: Erst wenn wir euch vergessen, seid ihr wirklich tot. „Das hat sich bei mir eingebrannt.“
Das Flugzeugunglück sei untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden. Auch deshalb sei er ein großer Befürworter des bleibenden Gedenkens am 24. März.