Tobias Heitmann ist Vorsitzender (li.) des Dortmunder Cityrings und stört sich wie viele Geschäftsleute an den Hinterlassenschaften von Nachtlagern an Geschäften in der City. Seine Pläne für einen privaten Sicherheitsdienst kritisiert unter anderem Bastian Pütter (r.) von der Initiative Bodo.

Tobias Heitmann ist Vorsitzender (li.) des Dortmunder Cityrings und stört sich wie viele Geschäftsleute an den Hinterlassenschaften von Nachtlagern an Geschäften in der City. Seine Pläne für einen privaten Sicherheitsdienst kritisiert unter anderem Bastian Pütter (r.) von der Initiative Bodo. © Schaper/Archiv; Montage. RN

„Welle willkürlicher Vertreibung“ – Kritik an Plänen für Sicherheitsdienst in der City

rnKritik an Cityring-Chef

„Willkürliche Vertreibung“ von Obdachlosen befürchtet der Verein Bodo. Die Kritik richtet sich gegen das Vorhaben, einen privaten Sicherheitsdienst gegen unerwünschte Nachtlager einzusetzen.

Dortmund

, 21.09.2022, 07:20 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein privater Sicherheitsdienst, der nachts durch die City streift, um unerwünschte Nachtlager in privaten Haus- und Geschäftseingängen zu kontrollieren - diese Initiative von Cityring-Chef Tobias Heitmann stößt teilweise auf scharfe Kritik.

Der Verein Bodo, der Obdachlosenhilfe leistet, befürchtet „eine Welle willkürlicher Vertreibung“. „Die Ärmsten aus dem Stadtbild zu verdrängen, um das Shoppingerlebnis nicht zu stören, kann nicht die Antwort auf Probleme wie Armut, Obdachlosigkeit und Sucht sein“, sagt Bastian Pütter von Bodo.

Heitmann hatte bei der Verleihung des Cityrings am 14. September vor allem die Auswirkungen des Drogenkonsumraums am Grafenhof für den Oberen Westenhellweg und die Thier-Galerie beklagt. Abhängige würden tags wie nachts Drogen konsumieren. Es würden nicht nur die Reste von Drogen, sondern auch oft Müll und Fäkalien hinterlassen.

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Der Cityring will deshalb zunächst bis Ende Oktober den privaten Sicherheitsdienst, der für die Stadt abends schon im Stadtgarten im Einsatz ist, von 23 Uhr bis 1 Uhr nachts auf die Streife durch die City schicken. Nicht als „schwarze Sherrifs“, sondern mit „offener Kommunikation“, wie Heitmann betont. Das Problem seien nicht die Obdachlosen, sondern die unappetitlich Hinterlassenschaften vor den Geschäften.

Zweifel an Security-Einsatz

Bei Bodo sieht man den Sicherheitsdienst-Einsatz mit Sorge: „Ein Privatunternehmen ohne Befugnisse im öffentlichen Raum und ohne Kontrollmöglichkeit wird explizit im Kampf gegen Obdachlose und Suchtkranke eingesetzt“, fürchtet Bastian Pütter. „Es ist nicht damit zu rechnen, dass mäßig bezahlte und ausgebildete Security-Kräfte in Nachtschichten besonders kommunikativ sind. Wie ist denn sichergestellt, dass nicht mitten in der Nacht schlafende Wohnungslose willkürlich von ihren Schlafplätzen vertrieben werden?“

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Die wenigsten Menschen, die ihren Alltag im öffentlichen Raum verbringen, täten dies freiwillig, merkt Bastian Pütter an. „Dass Not sichtbarer geworden ist, liegt daran, dass sich mit der Pandemie die Lage vieler Betroffener massiv verschlechtert hat, und das bis heute. Das blendet die Erzählung von der Armut als Störfaktor aus.“

Was den Betroffenen helfen würde, wäre ein gemeinsames Ringen um Lösungen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern, findet Bastian Pütter. „Mit Vertreibung löst man keine Probleme.“

Diskussion um Drogenkonsumraum

Ähnlich sieht das Michael Gierse von der Drogenhilfe Pur: „Abhängigkeit kann man nicht mit ordnungspolitischen Maßnahmen behandeln. Es wird den Abhängigen nicht guttun, wenn die Maßnahmen nur daraus bestehen, sie von Orten fernzuhalten und dafür zu sorgen, dass sie sie nicht mehr betreten“, sagt Gierse. „Wir haben längst die Diskussionen um den Drogenkonsumraum und die sind schon schwierig genug.“

Heitmann hält den Drogenkonsumraum grundsätzlich für eine sinnvolle Einrichtung, wünscht sich aber einen anderen Standort. Er betont, dass es bei den geplanten Streifen in der Nacht nicht um Vertreibung geht. So sollen die Sicherheitsdienst-Leute Merkblätter mit Hinweisen auf soziale Angebote und de städtische Übernachtungsstelle verteilen. Und es sei auch wünschenswert, dass Sozialarbeiter mit auf Streife gingen. Die Stadt habe in diesem Bereich zusätzliche Stellen angekündigt, merkt Heitmann an.

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