Photovoltaik auf Wohnhaus-Dächern - nach dem Willen der Dortmunder Politik soll das bald zum Standard werden. © dpa
Ukraine-Krieg
Weg vom Gas: So planen Dortmunder Wohnungsunternehmen die Energiewende
In Dortmund ist die Abhängigkeit von Erdgas als Energiequelle besonders hoch. Dortmunder Wohnungsunternehmen arbeiten bereits an der Energiewende - mit verschiedenen Konzepten.
Die Zukunft der Energieversorgung steht nicht zuletzt durch den Ukraine-Krieg auch für die Politik oben an. Weg vom (russischen) Gas lautet das Ziel. Am Donnerstag debattierte der Bundestag über „sichere Energieversorgung“, am Tag vorher der Umweltausschuss des Dortmunder Rates über den Masterplan Energiezukunft.
Die Frage der Energiequellen für die Wärmeversorgung in Dortmund ist darin allerdings nur eines von vielen Themen. Energetische Gebäudesanierung, der Ausbau des Fernwärmenetzes und mehr dezentrale Wärmeversorgung etwa durch Nutzung von Abwasser und Geothermie werden genannt.
Der langfristige Abschied vom Gas wäre eine echte Energiewende. Denn in den letzten Jahrzehnten wurde in ganz Deutschland auf Erdgas als Energiequelle gesetzt. „Bund und Länder haben den Ausbau von Gas-Brennwert-Systemen massiv gefördert“, blickt Dr. Ruben Schauer, Projektmanager Erneuerbare Energien und Energieversorgung bei der Koordinierungsstelle Klimaschutz und Klimafolgenanpassung im städtischen Umweltamt zurück.
Allerdings hätten andere Städte auch schon frühzeitig auf einen stärkeren Ausbau des Fernwärme-Netzes gelegt. Hier legt Dortmund erst jetzt nach.
Große Abhängigkeit vom Erdgas
Der Nachholbedarf zeigt sich daran, dass Dortmund mit einem Gas-Anteil von 77,7 Prozent an der Wärmeversorgung nach Aachen die Stadt in NRW ist, die am stärksten von Erdgas abhängig ist. Besonders betroffen sind davon die großen Wohnungsgesellschaften.
Bei der Stadttochter Dogewo21 werden sogar 87 Prozent der rund 16.000 Wohnungen mit Erdgas beheizt. Die meisten Wohnungen haben Gasetagen- oder Gaszentralheizungen, berichtet Dogewo-Sprecherin Tanja Meier.
Aber die Energiewende ist eingeleitet. Aktuell werden elf Prozent der Wohnungen über Fernwärme versorgt. „Ein Teil unseres Bestandes, etwa das Quartier Am Rabensmorgen in Wambel mit 158 Wohnungen, ist an ein Pellet-Heizwerk angeschlossen“, berichtet Tanja Meier.
„In unserer Strategie, wie wir den Herausforderungen der Klimaneutralität bis 2045 begegnen können, spielen regenerative Energien und die Verminderung von Energieverbrauch eine zentrale Rolle“, erläutert die Sprecherin. Immer mehr Bestände wie am Hombruchsfeld in Renninghausen, an der Kuhweide in Benninghofen oder am Massener Weg in Körne werden auf Luft-Wärmepumpen umgestellt.
Sparen durch mehr Energieeffizienz
Außerdem setzt man auf die energetische Modernisierung mit einer verbesserten Dämmung der Wohnhäuser und die Optimierung von Heizungsanlagen etwa durch eine intelligente Steuerungstechnik. Und es sei perspektivisch außerdem geplant, weitere Quartiere an das Fernwärmenetz von DEW21 anzuschließen, erklärt Tanja Meier.
Wie viel eine bessere Energieeffizienz ausmachen kann, zeigen Erfahrungen des Spar- und Bauvereins Dortmund. Mieterinnen und Mieter könnten durch die Optimierung und Steuerung bestehender Heizungsanlagen bis zu 35 Prozent an Primärenergie bei der Spar- und Bauverein eG Dortmund einsparen, rechnet die ENVI Energieberatung als Kooperationspartner der Wohnungsgenossenschaft vor.
Eine Million Kilowattstunden gespart
Neben umfangreichen Dämm- und Sanierungsmaßnahmen setzt der Spar- und Bauverein auf die Optimierung und aktive Steuerung bestehender Heizungssysteme. Allein im ersten Halbjahr 2021 hätte man so im gesamten Bestand fast 1 Million Kilowattstunden Energie und umgerechnet 208 Tonnen CO 2 einsparen können.
Wie wichtig es ist, den Raumwärmebedarf zu reduzieren, betont auch Energie-Experte Ruben Schauer. „Wärmeenergie, die nicht benötigt wird, muss auch nicht durch ein regeneratives Energiesystem ersetzt werden“, stellt er fest. Gerade der hohe unsanierte Altbaubestand in Dortmund müsse angegangen werden, weil hier viel Wärme - und damit Erdgas - verschwendet wird. „Dabei reichen schon vergleichsweise einfache und günstige Sanierungsmaßnahmen aus, um eine hohe Einsparwirkung zu erzielen“, so Schauer.
Alternative Energieträger gefragt
Sanierungen im Bestand spielen auch bei Dortmunds größtem Wohnungsanbieter Vonovia mit rund 20.000 Wohnungen im Stadtgebiet eine große Rolle. Aktuell werden hier noch mehr als drei Viertel der Wohnungen mit Erdgas beheizt. „Wir sind im Zuge unserer Strategie, unseren CO2-Fußabdruck zu verringern, aber auch im Gespräch mit den Fernwärme-Anbietern in Dortmund“, erklärt Unternehmenssprecher Matthias Wulff.
Die Modernisierung des Wohnungebestandes spielt bei den großen Wohnungsgesellschaften, wie hier bei Vonovia in Westerfilde, eine große Rolle. © Stephan Schütze (A)
Außerdem prüfe man alternative Konzepte etwa zu quartiersbezogenen Energiezentralen. „In Dortmund haben wir zum Beispiel eine Pellet-Heizung in einem Neubau in Betrieb, mit der wir Erfahrungen mit diesem alternativen Energieträger sammeln“, erläutert Wulff.
Fernwärme für Neubaugebiet
Beim Wohnungsunternehmen Vivawest werden 73 Prozent der Dortmunder Wohnungen mit Gas versorgt, immerhin schon 25 Prozent sind ans Fernwärmenetz angeschlossen, berichtet Unternehmenssprecher Gregor Boldt. Auch die 242 Neubauwohnungen, die im Kronprinzen-Viertel auf dem früheren Südbahnhof-Gelände entstehen, würden durch Fernwärme versorgt.
Die Neubauten, die für Vivawest auf dem früheren Südbahnhof-Gelände entstehen, werden ans Fernwärmenetz angeschlossen. © Oliver Volmerich
Generell wolle man die Maßnahmen zur Energiewende deutlich verstärken und die Ausgaben für den Klimaschutz im gesamten Bestand um 800 Millionen Euro auf 4,1 Milliarden Euro bis 2026 erhöhen, kündigt Boldt an. Dazu gehören neben energieeffizienten Neubauten energetische Modernisierungen im Bestand inklusive Umstellung auf erneuerbare Energien.
Vorbereitet werde auch die Gründung einer Energiegesellschaft. „Ziel ist die Umsetzung dezentraler Energieversorgungskonzepte auf Basis regenerativer Energieträger“, erklärt Boldt. Neben dem Einsatz von Wärmepumpen liegt der Schwerpunkt auf Photovoltaik-Anlagen auf geeigneten Dächern, die regenerativen Strom für Heizung und Warmwasser liefern.
Politik will Photovoltaik bei Neubauten
Auf Sonnenenergie setzt auch die Politik. Am Mittwoch wurde im Umweltausschuss des Rates mit großer Mehrheit ein gemeinsamer Antrag von Grünen und CDU beschlossen, der sich für mehr Photovoltaik-Anlagen in Neubaugebieten stark macht. Er sieht eine Solarpflicht in neuen Bebauungsplänen vor.
„Nur durch die Förderung von erneuerbaren Energien kann es uns gelingen, von Gas und Öl unabhängiger zu werden“, erklärt Grünen-Fraktionssprecherin Ingrid Reuter. In Dortmund eigneten sich nach Angaben der Stadt drei Viertel aller Dächer für eine Solaranlage.
„Damit könnten schon jetzt etwa 40 Prozent des gesamten Dortmunder Stroms vor Ort und klimafreundlich produziert werden“, rechnen die Grünen vor. Tatsächlich beträgt der Anteil an Solarstrom laut Energiebericht 2020 aber nur rund 6 Prozent.
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