
© Oliver Volmerich
Lärmschutz für neues Wohngebiet: Hier entsteht Dortmunds größte Wand
Neubaugebiet
Es ist aktuell Dortmunds größtes Neubaugebiet: Mehr als 630 Wohneinheiten bilden in bester Innenstadtlage ein neues Viertel. Das bietet aber noch einen außergewöhnlichen Superlativ.
Wie riesige Stoßzähne ragen sie in die Höhe. Die im Abstand von 4,50 Meter aufgestellten Metallstangen bilden die Tragkonstruktion für Dortmunds wohl größte Wand, die derzeit auf dem früheren Südbahnhof-Gelände in der Innenstadt wächst.
Zwölf Meter misst die Wand in diesem Bereich, erklärt Dirk Salewski. Dahinter geht es noch höher weiter. „Da wird die Wand 16 Meter hoch“, erklärt der Chef von Beta Eigenheim. Das Unternehmen mit Sitz in Bergkamen ist zugleich Investor und Bauträger für das „Kronprinzenviertel“, das auf dem früheren Südbahnhof-Gelände entsteht. Die riesige Wand soll das neue Wohngebiet vor Lärm schützen.

Rund 900 Meter lang wird die Lärmschutzwand auf dem früheren Südbahnhof-Gelände. © Oliver Volmerich
Lärm? Wer auf dem alten Südbahnhof-Gelände unterwegs ist, hört eigentlich nur die Vögel zwitschern und die Baukräne surren, ab und an gleitet die S-Bahn vorbei. Das Problem ist der nächtliche Ladeverkehr auf dem südlich angrenzenden Großmarkt-Gelände.
Lärmschutzwand wird bis zu 16 Meter hoch
Der ist zwar deutlich geringer als der Autolärm auf vielen Durchgangsstraßen. Die „Technische Anleitung Lärm“ als Verordnung des Bundes fordert aber einen höheren Schutz gegen Gewerbelärm als vor Verkehrslärm. Schallschutzfenster reichen nicht aus, die Lärmschutz-Grenzwerte müssen vor der Außenwand des Hauses erreicht werden.

Das Luftbild zeigt die gesamte Ausdehnung des Baugebiets hinter dem Wasserturm am Heiligen Weg. Entlang der S-Bahn-Strecke entsteht die Lärmschutzwand, ganz rechts ist der Großmarkt zu erkennen. © Hans Blossey
Für das „Kronprinzenviertel“ hat das absurde Folgen, die auch schon Architektur-Professor Wolfgang Sonne als wissenschaftlicher Leiter des Baukunstarchivs NRW in Dortmund beklagte: Eine Lärmschutzwand muss her - fast 900 Meter lang, bis zu 16 Meter hoch und 6 Millionen Euro teuer.
Die Betonfundamente ragen entlang der Bahnstrecke bis zu 8 Meter tief in die Erde, erklärt Dirk Salewski. Dass die Höhe der Wand zwischen 12 und 16 Meter schwankt, hat mit der unterschiedlichen Bebauung dahinter zu tun: Im Osten des riesigen Areals entstehen Einfamilienhäuser, im Westen mehrgeschossige Miethäuser. Hier muss die Wand entsprechend höher werden.

So sollen die Wohnhäuser im "Lindenhof"-Quartier mit ihren grünen Höfen und der dahinterliegenden Lärmschutzwand aussehen. © Vivawest
Immerhin: Es wird eine Glaswand mit transparenten Elementen, die aber so strukturiert sind, dass sie nicht zur Falle für Vögel werden soll. Das Material lagert schon auf einer noch freien Fläche auf dem Baugelände. Sie schirmen dann vor allem die Innenhöfe der Mietshäuser am Südrand des neuen Wohnquartiers gen Süden ab.
Nachdem Kanäle und Versorgungsleitungen verlegt und die Baustraßen angelegt sind, wachsen entlang der Bahnlinie auch schon die ersten Rohbauten in die Höhe. Insgesamt acht Mehrfamilienhäuser mit vier Etagen plus Sockelgeschoss entstehen hier für die Wohnungsgesellschaft Viva West.
Insgesamt sind das 124 Wohnungen mit öffentlicher Förderung und entsprechender Sozialbindung. „Lindenhof“ wird dieser Bereich genannt, passend zu zwei alten Linden, die im Zentrum des Geländes stehen geblieben sind, erklärt Salewski.

124 öffentlich geförderte Wohnungen baut Beta für das Wohnungsunternehmen Vivawest. © Oliver Volmerich
Zum „Akazienhof“ wird das Baufeld weiter nördlich, auf dem eine riesige Baugrube für die Tiefgarage entstanden ist. Darüber entstehen für Vivawest sechs viergeschossige Mehrfamilienhäuser, noch weiter nördlich drei zweigeschossige Wohnhäuser jeweils mit freifinanzierten Wohnungen.
„Insgesamt bauen wir 242 Mietwohnungen für Vivawest“, rechnet Salewski vor. Die Fertigstellung ist für September 2023 geplant.
Neben Mehrfamilienhäusern für weitere private Investoren entstehen im Osten des 70.000 Quadratmeter großen Areals - das entspricht etwa zehn Fußballfeldern - Einfamilienhäuser von Beta. Die Vermarktung ist kein Problem, die Warteliste ist lang, berichten die Geschäftsführer Dirk Salewski und Achim Krähling.
Wohnprojekt für Senioren
Im Westen des Geländes sind weitere private Investoren beteiligt, unter anderem für ein Senioren-Wohnprojekt mit Pflegeheim und Tagespflege-Einrichtung. Gebaut wird Schritt für Schritt, auch mit Blick auf die nötige Baulogistik, erklären die Beta-Geschäftsführer.

Rund 630 Wohneinheiten sollen auf dem Gelände des früheren Südbahnhofs entstehen. © Oliver Volmerich
Im Moment türmen sich auf einem Teil des Geländes kleine Erdhügel - Aushub aus den Baugruben und die zerkleinerten Überreste, die von Altbauten wie dem inzwischen abgerissenen Ringlokschuppen unmittelbar hinter dem Wasserturm übrig geblieben sind. Sie werden, ordentlich zertifiziert, für die weitere Aufschüttung des Geländes genutzt, das später rund einen Meter höher sein wird als aktuell.
Es muss also noch viel Erde und Baumaterial auf dem alten Südbahnhof-Gelände bewegt werden. Mit fünf bis sechs Jahren Bauzeit für das neue Wohnquartier rechnet man bei Beta. „2025/2026 werden wir die letzten Sträucher gepflanzt haben“, schätzt Dirk Salewski.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
