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Nur eine andere NRW-Stadt ist noch abhängiger von Erdgas als Dortmund
Energie-Krise durch Krieg
Der Anteil der erneuerbaren Energien soll deutlich steigen. In Dortmund wird das viel Zeit brauchen: Nach Zahlen des Landes ist hier der Erdgas-Anteil besonders hoch. Ein Großteil kommt aus Russland.
Weg vom Gas, lautet das Motto. Und das nicht nur mit Blick auf die angestrebte Energiewende. Auch die Abhängigkeit von russischen Energieimporten sorgt aktuell für Diskussionen.
Der Abschied von Gas als Energiequelle dürfte allerdings in Dortmund schwer fallen. Denn die Abhängigkeit ist besonders groß:
Drei von vier Wohnungen werden hier mit Gas beheizt, wie Zahlen des Landesbetriebs IT.NRW zeigen. Es weist in einer aktuellen Veröffentlichung mit Zahlen von 2018 aus, dass 217.000 von 279.000 Wohnungen in Dortmund überwiegend mit Gas beheizt und mit Warmwasser versorgt werden - ein Anteil von 77,7 Prozent.
Damit liegt Dortmund im Landesvergleich weit vorn: Mit 78,0 Prozent wurde der höchste Anteil der mit Gas beheizten Wohnungen im Jahr 2018 für die Stadt Aachen ermittelt, gefolgt von Dortmund mit 77,7 Prozent. NRW-weit werden „nur“ 64,5 Prozent der 5,1 Millionen überwiegend mit Gas beheizt.
Die Zahlen von IT.NRW beziehen sich auf das Jahr 2018, weil sie auf Angaben aus dem sogenannten Mikrozensus, also einer stichprobenartigen Bevölkerungsbefragung, stammen. Diese Daten werden nur alle vier Jahre erfragt.
Eine Erklärung, warum der Anteil der Gasversorgung in Dortmund besonders hoch ist, hat man auch bei Energieversorger DEW21 nicht. Man liege für den Ausbau in der Vergangenheit aber wohl in einem bundesweiten Trend, vermutet DEW-Sprecherin Jana-Larissa Marx.
Gas war lange Zeit bevorzugter Energieträger
Die letzten Jahrzehnte waren davon geprägt, sich von Öl- und Nachtspeicher-Heizungen zu verabschieden. „Erdgas galt als günstiger und nachhaltiger und war damit der bevorzugte Energieträger“, stellt Jana-Larissa Marx fest.
Tatsächlich liegt Dortmund mit einem Heizöl-Anteil von 8,2 Prozent weit unter dem Landesdurchschnitt von 17,7 Prozent. Andere Energieträger haben in Dortmund einen Anteil von 14,1 Prozent. Dazu gehören Fernwärme und erneuerbare Energien wie Biogas, Erdwärme, Solarenergie oder Holz.
Und diese anderen Energieträger sind nun auch deutlich auf dem Vormarsch. Aktuell baut DEW21 das Fernwärme-Netz für die Innenstadt aus, was für zahlreiche Baustellen sorgt.
Mehrere hundert Haushalte werden so zusätzlich an das Fernwärme-Netz angeschlossen, das mit Abwärme der Gasrußwerke in Lindenhorst betrieben wird. Nur als Rückfallebene gibt es drei Energiezentralen, die mit Erdgas betrieben werden. Eine davon entsteht aktuell auf dem Kraftwerksgelände an der Weißenburger Straße.
Der Fernwärme-Ausbau soll auch in den nächsten Jahren weitergehen. Mehrere neue Wohngebiete wie das Kronprinzen-Viertel und die Degginghöfe in der östlichen Innenstadt werden an das neue Netz angeschlossen. „Fernwärme ist aber leider nicht überall verfügbar“, bedauert Jana-Larissa Marx. „In den Vororten ist sie meist keine Option.“

"Grüne Wärme" verspricht DEW21 mit dem Ausbau des Fernwärmenetzes in der Innenstadt. © Oliver Volmerich
Infrage kommen dort Geothermie und Wärme-Pumpen beziehungsweise Hybrid-Lösungen, die mit einer Gastherme kombiniert werden. Das fordert auch der Gesetzgeber. Nach den Vereinbarungen der Berliner Ampel-Koalition soll mit einem neuen Gebäudeenergiegesetz zum 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Heizen und Warmwasserversorgung allein mit Gas ist also ein Auslaufmodell.
„Das ist ein Riesenthema auch für die Versorger“, erklärt Reinhard Loch, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. „Durch die steigenden Energiepreise beobachten wir aber schon seit Jahren ein steigendes Interesse an alternativen Lösungen für die Energieversorgung“, stellt er fest.
Viel Gas aus Russland
- Nach Angaben von DEW21 stammt etwa die Hälfte des in Dortmund verbrauchten Gases aus Russland. Damit liege man etwa im bundesweiten Durchschnitt (55 Prozent).
- Andere Importländer für Dortmunder Erdgas sind laut DEW21 Norwegen und die Niederlande.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
