Auf Augenhöhe mit dem Brechtener Fuchs
Uwe Hilsmann ist leidenschaftlicher Tierfotograf
Uwe Hilsmann fotografiert Tiere vor allem rund um Brechten. Dafür muss man nicht nur viel Geduld mitbringen, sondern auch früh aufstehen. Uns hat er verraten, wie ihm seine besten Fotos gelingen.

Auch in fremden Gefilden liegend im Einsatz: Dieses Foto zeigt den Tierfotografen Uwe Hilsmann bei einer Greifvogel-Flugvorführung am Kemnader See. © Privat
Wer selbst dann und wann ein paar Fotos schießt, fragt sich beim ersten Blick auf Uwe Hilsmanns Bilder fast automatisch: Warum gelingen mir nicht solch beeindruckende Aufnahmen von Tieren? Besitzt der Mann ein außergewöhnliches Talent, kennt er besondere Tricks oder liegt es doch an seiner technischen Ausstattung?
Wenn die Jogger kommen, tut sich nicht mehr viel
Der 57-Jährige schüttelt den Kopf und liefert eine gleichermaßen knappe wie einleuchtende Begründung: „Tiere fotografieren heißt Tiere kennen.“ Nur wer über deren Verhalten Bescheid wisse, sich richtig positioniere und ihre natürlichen Reaktionen vorausahne, könne auch gute Fotos machen. Wobei „gut“ in diesem Zusammenhang etwas untertrieben scheint: Was der Kirchderner seit Jahrzehnten in Dortmunder Vororten wie Holthausen, Brechten oder Schwieringhausen ablichtet, ist nicht umsonst mehrfach preisgekrönt.
Ach ja, neben den Kenntnissen der Natur gehört auch noch eine anständige Portion Disziplin dazu, um Füchse, Steinkäuze, Hasen oder Rehe perfekt in Szene zu setzen. „Wenn es die äußeren Bedingungen zulassen, stehe ich vor vier Uhr morgens auf und liege um 4.30 Uhr in meinem Unterstand“, erzählt Hilsmann. „Denn so gegen 6.30 Uhr kommen die ersten Spaziergänger und Jogger – dann tut sich bei den Tieren nicht mehr viel.“ Für Mensch und Tier gilt eben: der frühe Vogel fängt den Wurm.
Die Vorzüge der digitalen Fotografie entdeckt
Dabei hätte die fotografische Karriere Hilsmanns, der sich schon als Kind für die Natur interessierte und später den Beruf des biologisch-technischen Assistenten ergriff, vor 20 Jahren beinahe ein Ende gefunden. Hatte er zehn Jahre zuvor das Fotografieren als Ausgleich zum Beruf für sich entdeckt, so hegte er plötzlich Selbstzweifel: „Es schien mir damals so, als käme ich an die Qualität anderer Tierfotografen nicht mehr heran. Und wenn man dieses Hobby betreibt, dann sollte man es auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit tun.“
Der Dortmunder sprach mit seinem jüngeren Arbeitskollegen Daniel Segelcke, ebenfalls ein Naturfotograf, über das Problem. „Und als ich ihm sagte, dass ich analog fotografiere, fragte er mich zunächst: ‚Filme? Sind das diese kleinen Döschen, die man zum Entwickeln abgeben muss?‘“, erinnert sich Hilsmann lachend. Der Kollege führte ihn daraufhin in die Welt der digitalen Fotografie ein – und der Kirchderner erkannte: „Die Qualität ist tatsächlich besser. Unter anderem, weil man mit weniger Licht auskommt. Und das ist ungemein wichtig, wenn man in der Dämmerung, wenn viele Tiere aktiv sind, fotografiert.“
Vor der Arbeit zwei bis drei Stunden in der Natur
Also blieb er seiner Leidenschaft treu, die für den 57-Jährigen auch ein meditatives Moment besitzt. „Das ist ähnlich wie bei einem Angler“, sagt Hilsmann, „jetzt im Frühjahr liege ich jeden Morgen vor der Arbeit zwei bis drei Stunden in der Natur – und es gibt schon mal Wochen, in denen gar nichts dabei herauskommt.“ Der Begriff „liegen“ trifft den Nagel übrigens auf den Kopf. Denn Hilsmann stellt den Tieren nicht nach, sondern streckt sich tatsächlich flach auf dem Wald- oder Feldboden aus und wartet, bedeckt von einer Tarndecke, dass ein Vier- oder Zweibeiner den Weg kreuzt.
Aus gutem Grund: der Fotograf möchte die Tiere nicht stören und er mag die extrem flache Perspektive, in der sich das Objektiv seiner Kamera oft in Augenhöhe mit Wald- und Feldbewohnern wie dem Fuchs befindet. Denn neben dem Steinkauz zählt der Fuchs zu seinen Lieblingsmotiven.
Beeindruckende Aufnahmen von einem scheuen Tier
„Im vergangenen Jahr gab es einen Fuchsrüden, der sich nach geraumer Zeit an mich gewöhnt hatte“, berichtet Hilsmann, „sodass er schließlich bis auf weniger als zehn Meter an mich herankam.“ Das Ergebnis: beeindruckende Aufnahmen des ansonsten so scheuen Tieres. Auf eines müsse man allerdings achten: „Auf keinen Fall morgens mit einem stark duftenden Gel duschen, dessen Geruch dann durch den Wald weht. Dann kommt nichts.“
Überhaupt machte der Kirchderner die Beobachtung, dass die Anzahl der Füchse trotz des Jagddrucks in den vergangenen Jahren offenbar anstieg: „Hasen und Rehe sind hingegen rückläufig.“ Trotzdem hat er auch von ihnen bemerkenswerte Momentaufnahmen festgehalten – und das nicht fernab in der unberührten Natur, sondern allesamt im Dortmunder Norden.
Fotos, bei denen die Leute „Boah“ sagen
„Viele Menschen sind erstaunt, dass man ausgerechnet dort fotografiert, weil sie gar nicht wissen, welche Tiere es hier gibt“, sagt Hilsmann. „Aber hier mache ich meine schönsten Bilder.“ Und nicht im Naturparadies Namibia, wo er unlängst einen Urlaub verbrachte und auch an Fotosafaris teilnahm. „Dabei ist die Zeitspanne einfach zu kurz“, sagt der Experte. Da wird das Fotografieren schnell zum Geknipse.“ Ein Brechtener Fuchs kann tatsächlich ein imposanteres Motiv abgeben als ein Elefant aus Namibia.
Sein Antrieb sei es, nicht gute, sondern hervorragende Bilder zu machen, erläutert Hilsmann: „Fotos, bei denen die Leute ‚Boah‘ sagen.“ Und dafür bedürfe es eben viel Zeit und noch mehr Geduld. „Meine Frau meint, ich sei besessen“, sagt der 57-Jährige. Um lachend hinzuzufügen: „Und das ist auch so.“