Was die Thomasbirne am Phoenix-See für die Hörder Geschichte bedeutet
Stahl aus Dortmund
Die Thomasbirne ist vom Phoenix-See nicht wegzudenken. Dabei wäre sie hier fast nie gelandet. Am 22. September (Sonntag) hat Hörde nun einen besonderen Grund zu feiern.

Die Thomasbirne steht auf der Kulturinsel am Westufer des Phoenix-Sees. © Dieter Menne (Archiv)
Wer am Phoenix-See spazieren geht, sieht sie. Die Thomasbirne steht als Erinnerung an die Stahlgeschichte des Stadtteils auf der Kulturinsel. Ein wichtiger Schritt für den Erfolg Hördes feiert am 22. September 2019 seinen 140. Jahrestag – und der steht im direkten Zusammenhang mit dem Denkmal.
Denn am 22. September 1879 wurde hier aus einer Thomasbirne erstmals Thomasstahl gemacht. Willi Garth, Vorsitzender des Hörder Heimatvereins, berichtet: „1842 begann Hermann Dietrich Piepenstock mit seiner Stahlproduktion in Hörde in kleinen Puddelöfen. Als Henry Bessemer sein neues Stahlveredlungsverfahren bekannt machte, war das Hörder Werk das zweite auf dem Kontinent, das dieses revolutionäre System 1864 anwendete.
Aus Thomasstahl entstanden vor allem Schienen
In einem birnenförmigen Konverter wurde in nur 20 Minuten der erste Massenstahl produziert. Für die deutschen Erzgruben hatte das bittere Folgen. Bei diesem Verfahren waren nur noch hochwertige importierte Erze verwendbar.

Bau der letzten Hörder Thomasbirne in der Kesselschmiede des Hörder Werkes 1953. Die Einzelteile wurden von Hand genietet. © Archiv Willi Garth
Das änderte sich mit der Erfindung des Engländers Sidney Gilchrist Thomas. Bei seinem Verfahren wurde das unerwünschte Phosphor durch eine besondere Kalkfutter-Ausmauerung und Kalkzugaben aus dem Roheisen herausgedrängt.
Dadurch konnten die heimischen Erzgruben, auch in Hörde und Kirchhörde, wieder in Betrieb gehen. Die Lizenz von Thomas erwarben die Rheinischen Stahlwerke und der Hörder Verein gemeinsam.
So konnte die erste Thomasschmelze in Hörde vor nunmehr 140 Jahren am 22. September 1879 erblasen werden. Aus dem Thomasstahl walzte man vorwiegend Schienen.

Im Juni 2010 wurde die Thomasbirne verladen. © Jörg Bauerfeld (Archiv)
Alfred Trappen, nach dem in Hörde eine Straße benannt ist, baute in Hörde 1880/81 ein neues Thomasstahlwerk. Die Thomasbirnen wurden in der Hörder Kesselschmiede von Hand gebaut, so auch die durch den Hörder Heimatverein gerettete Birne.
Sie wurde 1954 als letzte in Hörde gebaut und war noch zehn Jahre im Einsatz. Sie wiegt ohne Ausmauerung 68 Tonnen, ist 7 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 4 Metern.

Ein Spezialtransporter fährt die aufrecht stehende Thomasbirne auf unebener Fahrbahn durch den noch nicht gefluteten Phoenix-See. © Willi Garth
Das Thomaswerk wurde 1963/64 vom modernen Oxygenstahlwerk abgelöst. 2001 kam die Stilllegung und die Demontage durch Chinesen. Die letzte Thomasbirne stand noch als Denkmal vor der Halle und sollte abtransportiert werden.
Damit wollte sich der Hörder Heimatverein aber nicht abfinden. Er setzte alle Hebel in Bewegung, um die Thomasbirne in Hörde zu halten – und hatte Erfolg.
Zunächst stand sie ab 2002 an der Faßstraße, im Sommer 2010 folgte der Transport auf die Kulturinsel durch den noch nicht gefluteten Phoenix-See.
„Außer den durch den Heimatverein ebenfalls geretteten zwei letzten Hörder Stahlbrammen ist die Thomasbirne das einzige Relikt, das noch an die 160-jährige Hörder Stahlproduktion erinnert“, schreibt Garth.