
© Dieter Menne / Bearbeitung Nickel
15 Mark Strafe für das Tragen eines Gummischlauches: Skurrile Krimifälle aus Hörde
Hörde historisch
Früher war nicht alles besser. Das jedenfalls zeigt ein Blick in alte Polizeimeldungen. Heimatforscher Willi Garth hat für uns durch sein Archiv geblättert – und Kurioses entdeckt.
Eine solche erzieherische Maßnahme, wie sie da im Dezember Ende der 20er-Jahre passiert ist, gäbe es so heute wohl nicht mehr. Es sind ein paar Zeilen in der dicht bedruckten Ausgabe der „Tremonia“, der Vorgängerin der Ruhr Nachrichten, vom 7. Dezember 1927.
Ein 10-jähriger Junge hat einer älteren Frau das Portemonnaie gestohlen, während die vor einem Schaufenster auf dem Westenhellweg stand, steht da. Als die Frau den Jungen später woanders erkannte, sagte sie einem Mann Bescheid. Der ging zum Jungen und forderte ihn auf, das Portemonnaie zurückzugeben. Die 3 Mark waren noch drin. Heutzutage würde man am Ende der Geschichte wohl die Polizei anrufen.

Diese bunte Postkarte von 1918 zeigt die heutige Fußgängerzone Hermannstraße. © Archiv Willi Garth
Damals war das anders. Denn der letzte Satz des Artikels lautet: „So kam der Bengel mit einer Tracht Prügel davon, die ihn hoffentlich auf den rechten Weg zurückgebracht hat.“ Was aus dem „Bengel“ geworden ist, ist nicht klar.
Dieser Text war jedenfalls nicht der einzige in der Zeitungsausgabe vom 7. Dezember, in dem es um Kriminalität ging. Der Heimatforscher Willi Garth hat für uns nach skurrilen Geschichten gesucht, dafür sein Archiv durchforstet. Herausgekommen sind einige Anekdoten aus Hörde, das bis Ende März 1928 eigenständig war, ehe die Eingliederung nach Dortmund erfolgte.
Am 7. Dezember 1927 stand nämlich auch diese Geschichte in der „Tremonia“:
- Demnach war der Schlosser Z. bereits 18 Jahre lang im Hörder Stahlwerk beschäftigt. „Am 13. Mai entwendete er 8 Pfund Würfelnickel. Beim Passieren des Burgtores wurde bei ihm das Diebesgut entdeckt. Seine Tat hat er mit sofortiger Entlassug büßen müssen“, fasst Garth zusammen.
„Vor Gericht wollte er sich damit entschuldigen, dass er die 8 Pfund Nickel ja nur für eine Bismarckbüste verwenden wollte. Z. erhielt anstelle einer fünftägigen Gefängnisstrafe eine Geldbuße von 25 Mark.“ Zur Erklärung: Nickel ist ein Metall, das auch zur Legierung verwendet wurde und noch wird. Nickel in Würfelform sei vermutlich die Bezeichnung für das angelieferte Rohmaterial gewesen, vermutet Garth. - Pikantes ereignete sich vermutlich um die Jahrhundertwende, wie Willi Garth berichtet: „Demnach hatte der Klavierspieler des Hotels zur Post (heute das stark verkleinerte Poststübchen) ein ‚Krösken‘ mit der Frau des Hoteliers. Der soll den Pianisten wütend aus dem Fenster des 1. Stocks geworfen haben.“ Heute wäre er quasi zu Füßen der Schlanken Mathilde gelandet, die seit 1908 steht.
- Das hier stand Willi Garth zufolge am 19. Juni 1925 in einer Chronik im Hörder Volksblatt: „In der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember 1823 stahlen Diebe die Klöppel der beiden Glocken der katholischen Kirche. Erst 14 Tage später wurden die Klöppel im Spring einer Wiese der Amtsrätin Speemann wiedergefunden.“ Ein Spring sei das, was man heutzutage eine Quelle nennt.
- „Einen Tobsuchtsanfall bekam ein auf dem Remberg wohnender Oberkellner. Er zerschlug mehrere Fenterscheiben und sonstige Gegenstände, sodass Hausbewohner Polizei herbeirufen mussten. Mit dem städtischen Krankenwagen und in Begleiung eines Polizeibeamten wurde der Mann ins Krankenhaus geschafft“, hieß es im Hörder Volksblatt vom 9. August 1922.
- Eine wichtige Information vorab: Als Hampelmann wurde damals ein etwas abgeänderter Gummischlauch bezeichnet, der als Knüppel und damit Waffe benutzt werden konnte.
„Freigesprochen wurde der Wirt Heinrich Brüggemann, welcher ein Strafmandat in Höhe von 15 Mark bekommen hatte“, stand am 17. Juli 1907 im Hörder Volksblatt, „weil er am 18. März einen Gummischlauch, sogenannten Hampelmann bei sich geführt haben sollte. Es wurde heute festgestellt, daß es ein gewöhnlicher Gummischlauch zum Reinigen der Bierleitung gewesen war.“ Also doch kein Knüppel.