Verdi berichtet von Arbeitgeberwillkür und Lohndumping
Pflegekräfte klagen über miese Bezahlung
Pflegekräfte sind derzeit begehrt, weil sie überall fehlen. Auch in Dortmund, obwohl es hier eigentlich verhältnismäßig viele Pflegedienste gibt. Die Gewerkschaft Verdi sagt: selbst schuld.

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Als diese Redaktion Mitte Januar berichtete, dass mobile Pflegedienste zunehmend Patienten absagen mussten, weil sie weitere Menschen im häuslichen Umfeld aufgrund von Personalknappheit nicht versorgen könnten, meldeten sich etliche Pflegekräfte frustriert bei der Gewerkschaft Verdi.
Die zuständige Gewerkschaftssekretärin Bianca Werner berichtet von „Arbeitgeberwillkür“, „Lohndumping“ und „Mitarbeiterrechten, die mit Füßen getreten würden.“ Viele Dienste zahlten nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn, und von Mitbestimmung könne keine Rede sein, so Werner.
Der Mindestlohn für Altenpflegehelfer liegt seit Januar bei 10,55 Euro im Westen und 10,05 Euro im Osten. Bis 2020 soll er um 80 Cent die Stunde angehoben werden. Bei der Gewerkschaft meldeten sich aber auch examinierte Altenpfleger mit dreijähriger Ausbildung und Berufserfahrung, die nur zwischen 10,55 und 13,50 Euro pro Stunde verdienen.
Angehörigen sollten sich Dienstpläne zeigen lassen
Welche Unternehmen denn zu den schwarzen Schafen gehören? Verdi-Frau Werner sagt, es seien eher die kleineren Anbieter am Markt. Und ergänzt: „Wir haben aber auch mit Konzernen Probleme.“ Damit meint sie vor allem private Betreiber von Altenheimen.
„Es gibt Heim-Betreiber, die zahlen den Pflegekräften keine Zuschläge für Überstunden. Wir klagen diese regelmäßig ein.“ Angehörigen empfiehlt die Gewerkschaftssekretärin, sich nicht von Äußerlichkeiten blenden zu lassen. Ein baulich guter Eindruck sage noch nichts über die Qualität der Pflege in einem Heim aus. Sie rät Angehörigen, bevor diese sich für ein Altenheim entscheiden, sich unbedingt die Dienstpläne zeigen zu lassen.
Großer Konkurrenzkampf unter den Pflegeanbietern
Mirko Hallmann ist Geschäftsführer des mobilen Dienstes „Pflege mit Herz“. Er wundert sich, warum Pflegekräfte, die weniger als den Mindestlohn erhielten, nicht einfach ihren Job wechselten. Es gebe einen großen Konkurrenzkampf unter den Pflegeanbietern. Deshalb möchte Hallmann auch nicht sagen, was er denn selbst seinen Angestellten zahlt. Pflege mit Herz läge auf jeden Fall über dem Mindestlohn, so Hallmann. Er räumt aber ein, private ambulante Dienste zahlen oft weniger als eine stationäre Einrichtung. Nur, sagt er weiter, nicht jede Pflegekraft wolle stationär in einem Heim arbeiten.
Bei Pflege mit Herz gebe es keine Überstunden, und es würde ein Jahresentgelt gezahlt, so Mirko Hallmann. Pflegedienste von einer gewissen Größe an bewegten sich bei der Bezahlung in einem „vernünftigen Rahmen“, auch wenn sie nicht mit den Verbänden wie Caritas oder Diakonie vergleichbar seien (dort ist die Bezahlung an den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes angelehnt, Anm. d. Red.).
Wundversorgung gilt als schlechteste bezahlte Leistung
Hallmann nennt ein Beispiel, wie schwierig es sei für private Pflegedienste, eine ausreichende Gegenfinanzierung durch die Krankenkassen zu erhalten: Wundversorgung beim Patienten daheim, die in der Regel aufwendig ist, gilt als eine der am schlechtesten bezahlten Leistungen in der Pflege. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen pro Fall 14,07 Euro. Darin ist alles abgegolten, Hin- und Rückfahrt, die eigentliche Patientenversorgung, Dokumentation sowie Gespräche mit dem behandelnden Arzt und der zuständigen Krankenkasse.