
© Björn Althoff
Achtung, Unfallgefahr! Neue Fahrradstraße in Dortmund hat ihre Tücken
Radverkehr
Die Markierungen sind aufgemalt. Doch noch ist die Fahrradstraße im Kreuzviertel als erstes Teilstück des Radschnellwegs Ruhr (RS1) nicht offiziell freigegeben. Und das sorgt für Gefahren.
Wenn Walter Keller aus seiner Wohnung an der Kreuzstraße aus dem Fenster schaut, stockt ihm nach eigener Schilderung regelmäßig der Atem. Denn er beobachtet an der Kreuzung mit der neu eingerichteten Fahrradstraße regelmäßig gefährliche Situationen. „Man kann fast schon von einem Wunder sprechen, dass nach Einrichtung dieser ‚Fahrradstraße‘ bisher keine schweren Unfälle passiert sind“, berichtet Keller.
Das Problem ist: Mit der Umwandlung der Große-Heim-Straße zur Fahrradstraße als erstem Teilstück des Radschnellwegs Ruhr (RS1) in Dortmund hat sich dort die Vorfahrtsregelung geändert. Bislang galt an den Einmündungen der Nebenstraßen die Rechts-vor-Links-Regel, das heißt, Abbieger hatten Vorfahrt. Jetzt haben Rad- und der nach wie vor geduldete Autoverkehr auf der Großen-Heim-Straße Vorfahrt.
Doch das werde von vielen Autofahrern - einschließlich einiger Fahrer der Linien- und Schulbusse, die über die Kreuzstraße fahren - nicht beachtet, hat Keller beobachtet und in einem Schreiben an die Stadt berichtet. Ähnliches gilt weiter nördlich für die Kreuzung mit dem Neuen Graben, wo die bisherige Ampel entfernt wurde.

Gewohnheitsbedürftig ist die Vorfahrtsregelung für die Fahrradstraße - etwa an der Kreuzung mit der Kreuzstraße. © Björn Althoff
„Das auf beiden Seiten der Kreuzung aufgestellte Vorfahrt-achten-Schild und auch die rote Markierung der Fahrbahn ist nicht ausreichend. Die Bedeutung der Markierung von sogenannten ‚Haifischzähnen‘ ist vielen unbekannt“, stellt Keller fest. „Haifischzähne“ nennt man die gezackten Markierungen an den Einmündungen auf die Fahrradstraße - für Dortmund mangels Fahrradstraßen in der Tat eine Neuheit.
Gefährlich ist die neue Lage nach der Beobachtung Kellers nicht nur für Radfahrer, sondern auch für Fußgänger, insbesondere Kinder auf dem Schulweg. Am Übergang der Große-Heim-Straße über den Neuen Graben sind jetzt dringend zwei Zebrastreifen nötig, findet Keller.
Der Anwohner beobachtet auch, dass trotz Verbots nach wie vor Autos in zweiter Reihe vor den Baumscheiben geparkt werden. Das Problem: Die Halteverbotsschilder, für die schon eine Allee aus Stangen steht, sind noch nicht montiert. Von Lieferschwierigkeiten bei den Metallrahmen ist die Rede. Jetzt kündigte die Stadt die Montage der Schilder für diese Woche an.
Parken in zweiter Reihe tabu
Das Parken in zweiter Reihe behindert natürlich den Verkehr auf der Fahrradstraße - wobei die freie Straße auch ihre Tücken hat. Die neue Breite ohne störende Falschparker und der Wegfall der Rechts-vor-Links-Regelung animiert offenbar viele Autofahrer dazu, jetzt richtig Gas zu geben.
Tatsächlich gilt in der Große-Heim-Straße nach wie vor maximal Tempo 30, wobei Radfahrer, die auch nebeneinander fahren dürfen, das Tempo angeben. Autofahrer haben sich nach ihnen zu richten. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kraftfahrzeugverkehr die Geschwindigkeit verringern“, erläutert die Stadt.
So steht es in einem in der vergangenen Woche verteilten Infoschreiben der Stadt an die Anwohner, in dem die Regeln für die Fahrradstraße unter dem Titel „Ihr neuer Nachbar stellt sich vor“ erklärt werden.
Abschlepphaken und Verwarngeld
Die Stadt kündigt indes an, dass die Regeln der Fahrradstraße mit der Enthüllung der Beschilderung voraussichtlich bis Ende dieser Woche offiziell in Kraft treten sollen. Dann müsse auch mit Kontrollen durch die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes gerechnet werden.
In der Anfangszeit sollen Falschparker noch Info-Flyer mit dem Titel „Wunschzettel statt Strafzettel“ an die Scheibenwischer geklemmt bekommen, „um sie freundlich auf ihren Verstoß und auf die neuen Regeln hinzuweisen“, kündigt die Stadt an. Später werde man bei Parkverstößen mit Behinderung verstärkt abschleppen lassen.
Ansonsten kostet das Halten oder Parken auf einer Fahrradstraße ein Verwarngeld von 50, mit Behinderung 55 bis 70 Euro. Wer behindernd länger als eine Stunde parkt, muss sogar 80 Euro zahlen. Auf der Fahrbahn gilt absolutes Halteverbot, erklärt die Stadt.
Bremsschwellen folgen
Für den Lieferverkehr wurden spezielle Lieferzonen ausgeschildert. Außerhalb des dort angegebenen Zeitfensters, also von abends 20 Uhr bis morgens 8 Uhr, darf dort von allen geparkt werden.
Um auf die neue Vorfahrtsregelung aufmerksam zu machen, sollen zusätzlich zur Beschilderung und Markierung auch noch temporäre Bremsschwellen, sogenannte „Berliner Kissen“, vor den verkehrsstarken Querstraßen angebracht werden, kündigt Bauleiter Torsten Jahnke an. Die kommen allerdings mit Verspätung, nach aktuellem Stand ist die Montage - abhängig vom Wetter - für Anfang Dezember vorgesehen.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
