Umbruch im Spar- und Bauverein Dortmund Wie es wirklich zum Abschied von Chef Große-Wilde kam

Umbruch im Spar- und Bauverein: Warum Franz-Bernd Große-Wilde geht
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Franz-Bernd Große-Wilde sitzt neben einem Portrait von sich. Es ist eines der letzten Fotos von ihm als Chef vom Spar- und Bauverein, der größten Wohnungsgenossenschaft und einem der größten Immobilienbesitzer in Dortmund. Das Gemälde haben ihm die rund 140 Sparbau-Mitarbeiter zu seinem Abschied geschenkt. Wer sein Nachfolger wird, steht intern bereits seit März fest, heißt es aus Unternehmenskreisen. Allerdings dauert es noch einige Wochen bis zum Antritt und der Bekanntgabe der Personalie.

Seinen Abschied begründete Große-Wilde im Oktober 2024 gegenüber unserer Redaktion mit persönlichen Gründen: „Ich bin bald 24 Jahre hier im Spar- und Bauverein. Und wenn man sich die Frage stellt, ob man nochmal eine berufliche Veränderung machen möchte, dann ist für mich jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.“ Zum 1. April ist sein Abschied vollzogen.

Doch hinter seinem Abgang stecken nicht nur die persönlichen Ambitionen für einen Jobwechsel. Recherchen unserer Redaktion zeigen, wie sich die Stimmung bei Mitgliedern, Vertretern, im Aufsichtsrat und beim Vorstand des Spar- und Bauvereins entwickelt hat. Viele Mitglieder und gewählte Vertreter kritisieren, dass der Spar- und Bauverein zu wenig die Werte einer Genossenschaft vertrete. Der Spar- und Bauverein verhalte sich eher wie ein Immobilienkonzern, sagen Kritiker.

Franz-Bernd Große-Wilde sitzt neben dem Gemälde, das ihm die Mitarbeiter des Unternehmens zum Abschied geschenkt haben.
Franz-Bernd Große-Wilde sitzt neben dem Gemälde, das ihm die Mitarbeiter des Unternehmens zum Abschied geschenkt haben. © Peter Wulle

Compliance-Verfahren bei Sparbau beendet

Und diese Auseinandersetzung um den Spar- und Bauverein hat sich in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt. Ein Compliance-Verfahren gegen eine hohe Führungskraft im Unternehmen wurde sowohl vom Vorstand des Spar- und Bauvereins um Große-Wilde, dem Aufsichtsrat und der Compliance-Beauftragten selbst mit unterschiedlichen juristischen Gutachten geführt. Das Ergebnis, so heißt es aus Unternehmenskreisen, sei, dass die Vorwürfe nicht belegt werden konnten.

Der Führungskraft wurde vorgeworfen, gegen die Compliance-Richtlinien verstoßen zu haben. Das sagte zumindest ein Gutachten einer Kanzlei, die im Auftrag des Aufsichtsrats handelte. Die Führungskraft besitzt zwei Immobilien in direkter Konkurrenz und Nähe zum Spar- und Bauverein. Das werteten Kritiker als Interessenskonflikt und als unerlaubte Nebentätigkeit und war auch der Vorwurf, der sich an die Führungskraft und Teile des Vorstands richtete.

Bei Sparbau gab es Unruhe, auch wegen des Compliance-Verfahrens gegen eine hohe Führungskraft.
Bei Sparbau gab es Unruhe, auch wegen des Compliance-Verfahrens gegen eine hohe Führungskraft. © Verena de Azevedo/Dennis Pesch

Sowohl der Vorstand als auch die Führungskraft wehrten sich gegen die Vorwürfe mit juristischen Mitteln. Sie wiesen die Vorwürfe vehement zurück und behielten nun offenbar Recht. Viele Mitglieder und Vertreter wünschten sich dazu konkrete Auskünfte. Aus Unternehmenskreisen heißt es, dass ein Aufsichtsratsmitglied kürzlich gegenüber der Vertreterversammlung darüber Auskunft gegeben haben soll, was wiederum im Vorstand und in Teilen des Aufsichtsrats für erheblichen Unmut sorgt.

Spar- und Bauverein: Wechsel im Aufsichtsratsvorsitz

Und dann gibt es da noch den Streit mit Mitgliedern im Althoffblock, der öffentlich ausgetragen wurde. Bei Protestaktionen vor der Geschäftszentrale des Spar- und Bauvereins an der Kampstraße wurde die Modernisierung des Blocks kritisiert und ein Vorgehen „mit der Brechstange“ angeprangert. Dabei ging es um den Ausbau der Fernwärme und damit den Abbau der Gas-Thermen, der aus Sicht einiger Mitglieder viel zu schnell ging und mit zu wenig Absprache durchgesetzt wurde.

Aus Sicht einer Bewohnerin zerstört der Spar- und Bauverein das Viertel, in dem sie seit Jahrzehnten wohnt.
Aus Sicht einer Bewohnerin zerstört der Spar- und Bauverein das Viertel, in dem sie seit Jahrzehnten wohnt. © Julia Segantini

Initiiert werden die Proteste auch von linken Organisationen, deren Kritik teilweise so fundamental ist, dass sie mit den konkreten Maßnahmen kaum noch etwas zu tun hatte. Das stieß wiederum auch einigen Anwohnern im Althoffblock auf, die im Spar- und Bauverein einen guten Vermieter sehen, der auf Beschwerden schnell reagiert und besonders im Vergleich zu Immobilienunternehmen wie Vonovia als fairer Vermieter wahrgenommen wird.

Gleichzeitig zeigt sich diese Spaltung laut Unternehmenskreisen auch im Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat wählte etwa einen seiner bisherigen Vorsitzenden ab, Winfried Köhler. Mitglieder zeigten sich irritiert darüber, dass der Wechsel nicht kommuniziert wurde. Michael Langenkämper übernahm an seiner Stelle den Posten. Köhler gilt als einer der Aufsichtsräte, die dem Vorstand um Große-Wilde kritisch gegenüberstanden. Langenkämper wird in Unternehmenskreisen als vorstandsnah beschrieben.

Die letzten sechs Monate bei Sparbau

Dazu, dass es zwischen Große-Wilde und Teilen des zwölfköpfigen Aufsichtsrats in den vergangenen Jahren zu immer größeren Meinungsverschiedenheiten gekommen sein soll, wie unsere Redaktion aus Kreisen des Spar- und Bauvereins erfuhr, möchte Franz-Bernd Große-Wilde nichts sagen. Nur: Er freue sich auf die neue berufliche Herausforderung und die weitere „Arbeit in der werteorientierten Wohnungswirtschaft.“

In diesen Tagen gehen damit sechs Monate zu Ende, die für Franz-Bernd Große-Wilde durchaus quälend gewesen sein dürften. Ein halbes Jahr lang agierte er als scheidender Chef des Spar- und Bauvereins, der in Dortmund 12.000 Wohnungen unterhält, und als Noch-nicht-Chef des Kölner Unternehmens mit 26.000 Wohnungen. In einem zweiseitigen Schreiben ehrte der neue Aufsichtsratschef den ausscheidenden Große-Wilde, „der mit seiner Ausstrahlung Menschen verbinden kann.“

Das gesamte Schreiben vom Aufsichtsvorsitzenden Michael Langenkämper zum Abschied von Franz-Bernd Große-Wilde.
Das gesamte Schreiben vom Aufsichtsvorsitzenden Michael Langenkämper zum Abschied von Franz-Bernd Große-Wilde. © Dennis Pesch

Große-Wilde, so schreibt Langenkämper, sei für jedes Thema im Mitgliederkreis ansprechbar geblieben und habe den Kontakt in die Genossenschaft aktiv gepflegt. Offiziell drückten der Aufsichtsrat und seine Vorstandskollegen in dem Schreiben Bedauern über seine Entscheidung aus, den Spar- und Bauverein zu verlassen: „Mit Freude nehmen wir wahr, dass Herr Große-Wilde den so guten Kontakt zur Gemeinschaft der Spar- und Bauverein eG auch zukünftig pflegen möchte“, schreibt Langenkämper weiter.

Spar- und Bauverein im Umbruch

Doch zur Wahrheit gehört auch: Das Gefühl einiger Mitglieder zu Große-Wilde ist nicht nur von Verbundenheit geprägt. Der Unmut begründet sich etwa in den schnellen Umbaumaßnahmen im Althoff-Block, in dem viele Mitglieder dennoch gerne leben. Zwar sind die Mieten im Spar- und Bauverein gestiegen, doch liegen sie mit 5,50 Euro pro qm durchschnittlich im Verhältnis zum normalen Wohnungsmarkt weit entfernt von den Preisen, die dort abgerufen werden.

Nach 24 Jahren geht mit Franz-Bernd Große-Wilde also eine Ära zu Ende. Auf den Nachfolger kommt eine schwere Aufgabe zu. Der Kit, der durch die Gremien, die Vertreter und die Mitglieder im Spar- und Bauverein geht, ist in den vergangenen Jahren größer geworden. Der Nachfolger wird nun versuchen müssen, vielen Mitgliedern und Vertretern wieder ein besseres Gefühl zu geben und gleichzeitig die Modernisierung voranzutreiben.

Im Spar- und Bauverein stehen sie vor der Herausforderung, bis 2045 den Immobilienbestand klimaneutral zu machen. Geringe Kaltmieten, stabile Nebenkosten, Werte, mit denen sich die Mitglieder identifizieren können und die Ausschüttung der Gewinne an die Mitglieder des Sparvereins. Der Aufsichtsratsvorsitzende Langenkämper schreibt: „Unsere Ausgangssituation in Erfüllung einer Klimaneutralität bis 20245 ist vergleichsweise gut.“ Für den Spar- und Bauverein ist der Umbruch also angebrochen – mit ungewissem Ausgang.

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