Schwerstkranker sollte als Schlosser arbeiten
Krebs-Patient hat Ärger mit dem Jobcenter
Ein Hartz-IV-Empfänger, der aufgrund einer Krebserkrankung schon länger nicht arbeitsfähig ist und es auch nie mehr sein wird, bekam vom Jobcenter Dortmund mehrfach Arbeitsvorschläge. Zuletzt im Februar 2018. Gleichzeitig beklagt der schwerstkranke 57-Jährige weiteren Ärger mit dem Jobcenter.

Hat existenzielle Sorgen: Dieter R.. © Stephan Schuetze
Dieter R. war mal Betriebsschlosser in Dortmund. Auf seine Zeugnisse ist er heute noch stolz. Als sein ehemaliger Arbeitgeber pleite machte, 2013 war das, meldete er sich zum ersten Mal arbeitslos, fand dann eine neue Stelle, auch dieses Unternehmen ging den Bach runter und als sich R. 2016 erneut arbeitslos gemeldet hatte, kam kurz darauf der Krebs. Im Mund- und Rachenraum, auch die Speiseröhre war betroffen.
Damals, als R. erkrankte, hielt er das für Halsschmerzen und ging erst einmal nicht zum Arzt. Heute wiegt R. bei einer Körpergröße von 1,76 Metern noch 49 Kilogramm. R., der früher 94 Kilogramm wog, hat diverse Chemotherapien und Bestrahlungen durchlaufen, genützt hat es wenig bis nichts, heute gilt R. als austherapiert und das ist weniger positiv, als es sich anhört. Die Ärzte können nichts mehr tun. R. hat eine Magensonde, eine Palliativmedizinerin, er braucht einen Rollator auch in der Wohnung und einen Infusionsständer. Und jetzt, so sagt er, hat er schon seit geraumer Zeit Probleme mit dem Jobcenter.
38 Stunden die Woche in Schichtarbeit
Ende Februar bekam er Post: Er solle sich doch bitte als Betriebsschlosser bei einer Zeitarbeitsfirma melden, 38 Stunden die Woche in Schichtarbeit. R. sagt, dass sei nicht das erste Vermittlungsangebot, das er im Zeitraum seiner Krankheit bekam. Die anderen erreichten ihn, als er selber im Krankenhaus lag. Seine Mutter kümmerte sich damals. Die Mutter ist 78 Jahre alt und wohnt in Kamen.
Doch das ist nicht sein einziger Ärger: Die Zahlungen des Jobcenters seien im vergangenen Jahr für zwei Monate ausgesetzt und dann erst verspätet nachgezahlt worden. Und auch jetzt, im März, habe R. kein Wohngeld erhalten. Zu den existenziellen Ängsten vor dem Feind in seinem Körper kommen jetzt auch existenzielle Ängste um den Lebensunterhalt.
Ein Fehler im System
Laut Jobcenter-Sprecher Michael Schneider sind die Arbeitsvorschläge, die R. bekommen hat, ein Fehler. Sein Arbeitsvermittler wisse zwar, dass R. aktuell dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Nicht angekommen war diese Information aber bisher im Jobcenter-System, das durchsucht wird, wenn Arbeitnehmer für offene Stellen gesucht werden. Schneider: „In der Profilverwaltung von Herrn R. wurde versehentlich nicht eingetragen, dass Herr R. für Vermittlungsvorschläge nicht zur Verfügung steht. Eine Korrektur wurde umgehend vorgenommen.“
Jetzt sollen sich Sozialarbeiter kümmern
Was die Zahlungen angeht, kommt erschwerend hinzu, das R. in einer Eigentumswohnung lebt und das Jobcenter hier keine Miete, sondern die Zinsen für den laufenden Kreditvertrag zahlt. In so einem Fall braucht es andere Unterlagen als eine Mietbestätigung und laut Jobcenter-Sprecher Schneider hätten zuletzt Unterlagen gefehlt, um die Wohnkosten von R. zu berechnen. R. bestreitet das und sagt, er habe alle notwendigen Unterlagen eingereicht.
Laut Schneider sei beim Jobcenter bis zu der Anfrage unserer Zeitung zwar bekannt gewesen, dass R. ernsthaft erkrankt sei – nicht aber die Intensität der Erkrankung. Sozialarbeiter des Jobcenters sollen sich jetzt um R. kümmern. Und eine amtsärztliche Untersuchung soll belegen, dass R. nicht mehr wird arbeiten können. Dann wäre er ein Fall für das Sozialamt und die Rentenversicherung. Denn dort ist der schwerkranke Mann, der von sich sagt, dass er bald sterben wird und lediglich nicht wisse, wann, an der richtigen Adresse.
Beim Jobcenter, sagt R., habe man ihm das nie gesagt. Und er selber hatte das alles für normal gehalten.