NRW-Innenminister Herbert Reul gab einen neuen Stand zum Fall Mouhamed D. ab (Archivbild).

NRW-Innenminister Herbert Reul gab einen neuen Stand zum Fall Mouhamed D. ab (Archivbild). © dpa

Todesschüsse auf 16-Jährigen: Minister spricht von neuem Verdacht gegen den Einsatzleiter

rnInnenminister berichtet

Im Fall des bei einem Polizeieinsatz erschossenen Mouhamed D. gab es Wohnungsdurchsuchungen bei Polizisten. Handys wurden beschlagnahmt – und ein neuer Verdacht steht im Raum.

Dortmund/Düsseldorf

, 22.09.2022, 14:08 Uhr / Lesedauer: 2 min

Seitdem der 16-jährige Mouhamed D. am 8. August durch vier Schüsse der Polizei in der Dortmunder Nordstadt starb, wird der Einsatz viel diskutiert. Auch auf landespolitischer Ebene. Und die Diskussionen werden nicht weniger, weil immer mehr neue Details ans Tageslicht kommen, die wiederum mehr Fragen zu dem Fall aufwerfen.

Jetzt lesen

Am Donnerstag (22.9.) teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Innenausschuss des Landtags mit, dass die privaten Wohnungen der beschuldigten Polizeibeamten auf Beschluss des Dortmunder Amtsgerichtes bereits am 14. September durchsucht worden sind. Dabei wurden Mobiltelefone sichergestellt, wie Reul aus einem Bericht des Justizministeriums zitiert.

Beamte sollen sich ausgetauscht haben, obwohl bereits ermittelt wurde

Es bestehe die Annahme, dass die beschuldigten Polizeibeamten sich nach dem Tod von Mouhamed D. per SMS oder Whatsapp ausgetauscht haben - zu einer Zeit, wo schon ermittelt wurde.

Reul teilte im Innenausschuss mit, dass es am 10. August – also zwei Tage nach dem Einsatz in der Dortmunder Nordstadt – eine einstündige Dienstbesprechung gegeben habe, bei der auch Polizeipräsident Gregor Lange anwesend gewesen sein soll.

Inhalt der Dienstbesprechung soll auch der Einsatz vom 8. August gewesen sein. Entsprechende Chatverläufe auf den Mobiltelefonen wolle man jetzt auswerten.

Aktuell laufen Strafverfahren gegen fünf Dortmunder Polizeibeamte, die an dem Einsatz beteiligt waren. Vier von ihnen wurden bereits in andere Aufgabenbereiche versetzt. Gegen den fünften Beamten, den Schützen, werden Ermittlungen wegen Totschlags überprüft. Er wurde vom Dienst suspendiert.

Hat auch der Einsatzleiter geschossen?

Außerdem wurde die Dienstwaffe des Einsatzleiters beschlagnahmt. Laut Zeugenaussage gebe es den Verdacht, dass dieser auch Schüsse abgefeuert haben soll. Woher dieser Zeuge stamme, wurde vom Justizministerium im Innenausschuss nicht konkretisiert.

Anhand der sichergestellten Patronenhülsen am Tatort soll abgeglichen werden, ob diese zur Dienstwaffe passen, so Reul. Ursprünglich war nur bekannt, dass sechsmal aus einer Maschinepistole geschossen wurde.

Polizeiinspekteur Michael Schemke ergänzte, dass beide Waffen dieselbe 9-Millimeter-Kaliber-Muniton nutzen. Sie würden also für Laien identisch aussehen. Jedoch könnten Fachleute eventuell anhand einer Prägung, die jede Patrone der Polizei besitze, Unterschiede erkennen, so Schemke.

Umgang mit psychisch Erkrankten soll verbessert werden

Der 16-jährige Mouhamed D. sei nach aktuellen Erkenntnissen suizidal gewesen, er habe sich ein Messer an den Bauch gehalten – weshalb die Polizei am 8. August gerufen wurde. Es gibt Zweifel daran, dass die Polizei richtig gehandelt habe – auch bei Innenminister Herbert Reul, wie er im Innenausschuss am Donnerstag erneut bekräftigte.

Aus diesem Grund hatte Reul angekündigt, die Polizei zukünftig im Umgang mit psychisch erkrankten Personen besser schulen zu wollen. Am Donnerstagmorgen seien deshalb Handreichungen bei der Polizei „online“ gegangen – und konkret sei das Thema schon Bestandteil im Dienstunterricht bei der Polizei Dortmund.

Die Kritik an der Polizei ist trotzdem da, weshalb viele Landtagsabgeordnete eine schnelle Aufklärung und mehr Ermittlungsergebnisse im Innenausschuss einfordern. Laut Marc Lürbke von der FDP „brodelt“ es nämlich in der Nordstadt – die Dialogformate, die die Dortmunder Polizeiformate derzeit umsetze, würden nicht ausreichen.

Jetzt lesen

Reul erwidert, dass es zwar „keine schwierigere Lage“ als in dem Stadtteil für die Polizei in NRW gebe, die kritischen Stimmen aber nur von einem Teil der Leute stammten.

Mehr Informationen zu den Todesumständen von Mouhamed D. könne man nicht mitteilen, weil sie entweder nicht bekannt seien oder aus „ermittlungstaktischen Gründen“ derzeit noch unter Verschluss gehalten werden.

Lesen Sie jetzt