Rockerkrieg im Ruhrpott - Schusswechsel und Explosionen Dortmunder Polizei zieht Spezialisten zusammen

Schüsse und Explosionen – Rockerkrieg im Ruhrgebiet: Polizei Dortmund setzt Sonderermittler ein
Lesezeit

Schüsse, Explosionen und ein angeschossener Mann: In Dortmund und umliegenden Städten wie Unna, Bochum und Oberhausen ist es in den vergangenen Wochen zu mehreren aufsehenerregenden Straftaten gekommen. Alle Vorfälle standen im Verdacht, im Zusammenhang mit Konflikten im Rockermilieu zu stehen.

Wie die Polizei Dortmund nun in einer Pressemitteilung schreibt, hätten Ermittlungen in den Fällen den Verdacht bestätigt. Die Behörde ziehe deshalb Einsatzkräfte zusammen, um auf die Konflikte zu reagieren, heißt es.

Polizeisprecher Gunnar Wortmann konkretisiert, dass Spezialisten aus verschiedenen Bereichen in einer sogenannten „Besonderen Aufbauorganisation“ (BAO) zusammenarbeiten werden, um dem Problem Herr zu werden. Die BAO beschäftigt sich „ausschließlich mit den Ermittlungen zu den Auseinandersetzungen“.

BAO „Chrom“ nimmt Arbeit auf

Darin arbeiten neben Ermittlern, die bereits zur Rockerkriminalität ermitteln, auch Spezialisten der Spurensicherung, der IT- und Datensicherung sowie uniformierte Kräfte zusammen. Die BAO trägt den Namen „Chrom“.

Es soll eine enge Zusammenarbeit mit den Kreispolizeibehörden Unna, Oberhausen und Bochum, dem Landeskriminalamt NRW und den zuständigen Staatsanwaltschaften geben.

In Dortmund waren am 15. Januar mehrere Schüsse auf ein Tattoostudio an der Rheinischen Straße abgegeben worden, das in Verbindung mit Rockern steht. In der Nacht zuvor waren mehrere Schüsse auf ein Haus in der Bergstraße in Unna abgegeben worden.

Mehrere Schüsse waren im Januar auf das Schaufenster eines Tattoostudios an der Rheinischen Straße in Dortmund abgegeben worden. Eine Tat, die offenbar mit einigen anderen Straftaten in Verbindung steht.
Mehrere Schüsse waren im Januar auf das Schaufenster eines Tattoostudios an der Rheinischen Straße in Dortmund abgegeben worden. Eine Tat, die offenbar mit einigen anderen Straftaten in Verbindung steht. © vifogra

Mehrere Straftaten in wenigen Tagen

Die Polizei Dortmund teilte nach den beiden Vorfällen mit, dass man Zusammenhänge zwischen den Fällen prüfe. Offenbar sieht die Behörde sie nun im Kontext einer größeren Auseinandersetzung im Rockermilieu.

Die Polizei Dortmund zählt in ihrer Pressemitteilung weitere Vorfälle auf, die sie in dieser Kette sieht:

Mindestens 50 Schüsse waren am 7. Februar auf ein Wohnhaus in Holzwickede abgeben worden.
Mindestens 50 Schüsse waren am 7. Februar auf ein Wohnhaus in Holzwickede abgeben worden. © Carsten Fischer

Polizei Dortmund übernimmt Ermittlungen

Die Polizei Dortmund hat die Zuständigkeit für die Ermittlungen in all diesen Fällen übernommen. Als sogenannte „Paragraf 4“-Behörde ist das Polizeipräsidium eine von sechs Behörden in NRW mit einer besonderen Zuständigkeit beispielsweise für besonders schwere und gemeingefährliche Straftaten. In den einzelnen Fällen liegt die Zuständigkeit aber weiter bei den Staatsanwaltschaften des jeweiligen Tatorts.

„Wir haben eine dynamische Entwicklung in der Rockerszene“, sagte Polizeisprecher Kay Becker nach den Schüssen auf das Tattoostudio in Dortmund im Januar. Er meinte damit den Wechsel rund 150 ehemaliger Bandidos in NRW zu den zuvor verfeindeten Hells Angels, der im September 2024 bekannt geworden war.

Darunter sind auch nahezu alle ehemaligen Dortmunder Mitglieder der Bandidos. Unter anderem der ehemalige Präsident des Dortmunder Chapters ist übergelaufen. Von ungefähr 50 organisierten Rockern geht man derzeit im Stadtgebiet aus. Hinzu kommt ein Supporterbereich von rund 100 Personen. Szene-Zuwächse sind nach dem Wechsel bislang nicht erkennbar.

Größerer Konflikt in Rockerszene

Nach den Schüssen auf das Tattoostudio hatte es von der Polizei zunächst noch geheißen, dass man keine Hinweise auf eine strukturelle Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Rockergruppen habe.

Diese Einschätzung revidiert man nun mit der Ankündigung, die BAO „Chrom“ einzurichten. Die Hinweise scheinen sich verdichtet zu haben, dass die Behörden es doch mit mehreren zusammenhängenden Taten und damit einem größeren Konflikt zu tun haben.

„Wird konsequent verfolgt“

Unklar ist bislang, ob er auf die Wechsel in der Szene zurückzuführen ist oder ob andere Gründe dahinter stecken. Klar ist, bei Warnungen allein, als die man Schüsse auf Gebäude deuten kann, ist es nicht mehr geblieben. Der angeschossene Mann in Holzwickede zeigt deutlich, dass auch vor Angriffen auf Personen nicht zurückgeschreckt wird.

Das Gewaltpotenzial im Rockermilieu ist nicht zu unterschätzen. Der Rocker-Experte Michael Ahlsdorf sagte in einem Gespräch im Januar, dass praktisch bei jedem Mitglied eines Clubs „der Zugang zu Waffen gegeben“ sei.

Konflikte blieben im Normalfall in der Szene, ergänzte der Journalist und Waffensachverständige Lars Winkelsdorf. Aber es bestehe die Gefahr, dass auch Unbeteiligte verletzt werden, gerade wenn Waffen großen Kalibers eingesetzt würden. „Die Durchschlagsleistung dieser Waffen ist so hoch, dass man teilweise auch hinter einer Wand nicht sicher ist“, sagte Winkelsdorf im Januar.

„Wir dulden keine Straftaten von Outlaw-Motorcycle-Gangs! Egal, ob es hier um interne Machtdemonstrationen oder gewalttätig ausgetragene finanzielle Konflikte geht“, sagt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange und kündigt an: „Das, was schon passiert ist, wird aufgeklärt und konsequent verfolgt.“ Eine weitere Eskalation dürfe es nicht geben. „Wir machen mit der systematischen Verbrechensbekämpfung nicht an der Stadtgrenze halt“, sagt Gregor Lange.