Queer-Bar „Gentle M“ kehrt nach Dortmund zurück „Zehn Jahre später versuchen wir es noch mal“

Queer-Bar „Gentle M“ kehrt nach Dortmund zurück
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Es war eine Art Probelauf, den das Team um Geschäftsführer Sebastian Sazon während des Dortmunder „Christopher Street Days“ (CSD) am 2. September machte: An an diesem Spätsommertag eröffnete das „Gentle M“ an der Bornstraße 22 zumindest für einen Tag.

Dafür habe es damals von der Stadt Dortmund eine Sondergenehmigung gegeben. „Drei Tage vor dem CSD haben sie uns die Genehmigung erteilt“, berichtet Sazon. Am 1. Dezember ab 20 Uhr soll es nun endlich so weit sein: Die Queer-Bar Gentle M öffnet dauerhaft die Pforten in der Nordstadt.

Geplant sei diese Eröffnung eigentlich bereits für den 1. März dieses Jahres gewesen, die Pacht des Landens begann sogar schon im März 2021. Seitdem gab es einige Hürden bei der Genehmigung zu nehmen. Doch das ist nun vorbei.

Alle Nähte platzten

Das Gentle M in Essen gilt in der Szene als die In-Adresse im Ruhrgebiet schlechthin - und als einer der wenigen entsprechenden Läden, die noch übrig sind. Denn der Szene kamen im Laufe der vergangenen rund 20 Jahre zunehmend die Treffpunkte in den Großstädten des Reviers abhanden.

Das Kennenlernen verlagerte sich zunehmend ins Internet, Schutzräume und Rückzugsorte wurden durch die gesellschaftliche Öffnung weniger zentral als in früheren Generationen. Von mehr als einem Dutzend Treffpunkten in Dortmund in den 90ern etwa sind heute weniger als eine Handvoll übrig, die oft weniger die breite Masse der LGBTQ+-Community ansprechen als ein spezialisierteres Teilpublikum.

Bei den kommerziellen Angeboten sind es in Dortmund vor allem der Burgtor-Club als überregional bekannter Travestie-Club oder der seit vielen Jahren bestehende Don Club als Treffpunkt für echte Nachteulen mit langer Geschichte.

Im nichtkommerziellen Bereich machen vor allem das Kommunikationscentrum Ruhr (KCR), die Aidshilfe oder der Verein Slado als Dachverband der Schwulen-, Lesben-, Bisexuellen- und Transidentenvereine und -initiativen in Dortmund Angebote. Aber sonst: nicht viel los hier...

Zielgruppe: jüngere Leute

Um die Nachfrage mache man sich in Dortmund entsprechend auch keine Sorgen, so Sazon: „Wir zielen eher auf die jüngere Generation.“ Eine zweite Adresse des „Gentle M“ im Ruhrgebiet sei dringend notwendig, wie Sazon erläutert: „Bei uns in Essen platzten wir oft aus allen Nähten“, berichtet der Geschäftsführer. „Dann entstehen an der Tür Wartezeiten, die sehr lang sind.“

In solchen Fällen könnten die Nachteulen in der Community demnächst auf den Dortmunder Ableger ausweichen. Dort gebe es etwa freitags eine Cocktail-Nacht sowie mittwochs und freitags Karaoke-Events. Diese sind in Essen gut besucht. Im Februar 2024 werden im Dortmunder Laden zudem eine Kegelbahn sowie Billardtische installiert.

Das Gentle M von innen.
Das Gentle M von innen. © Gentle M

Zoff mit Hirschq

Die Wahl für den Standort an der Bornstraße in der Nähe des Walls hatte eher pragmatische Gründe, auch wenn die erwähnten Szene-Institutionen Burgtor-Club und Don Club nur wenige Fußminuten entfernt liegen: „Ausschlaggebend waren der Preis und der Vermieter, der die Immobilie erst vor kurzem erworben hat“, verrät Sazon. „Innerhalb des Walls würde es sich für uns wegen der hohen Mieten nicht rechnen.“

Das gentle M von außen.
Das Gentle M an der Bornstraße wird am 1. Dezember eröffnen. © Gentle M

Dort gab es bis 2012 bereits einmal eine „Gentle M“-Bar – direkt in der Brückstraße. In unmittelbarer Nähe dazu war eine andere, inzwischen ebenfalls geschlossene Kult-Kneipe gelegen, die ein anderes Publikum ansprach: die Hirsch-Q.

Nun feiert das „Gentle M“ sein Comeback in Dortmund an anderem Ort - aber auch gar nicht so weit entfernt. Oder, wie Sazon es ausdrückt: „Zehn Jahre später versuchen wir es noch mal.“

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