"Mehmet Kubasik war einer von uns"
Gedenken an Terroropfer
Über 30 Initiativen organisierten in Dortmund eine Gedenkfeier für den 2005 von Rechtsterroristen ermordeten türkischen Kioskbesitzer Mehmet Kubasik. Dem Aufruf zum "4. Tag der Solidarität" folgten 450 Teilnehmer.

Im Zentrum des Tages stand die Trauer um Mehmet Kubasik.
Bevor die Menschen kommen, um ihre Trauer zu bezeugen, liegen an dem Gedenkstein an der Mallinckrodtstraße bereits die ersten Blumen. Tulpen, ein paar Osterglocken. Und die Polizei ist auch schon da. In einer Seitenstraße, die eigentlich Leibnitzstraße heißt, heute aber überklebt ist. Kubasikstraße steht dort, 50 Meter von dem Ort entfernt, an dem Mehmet Kubasik vor zehn Jahren vom NSU erschossen wurde.
Familie wohnt in Tatort-Nähe
Die Mallinckrodtstraße in der Dortmunder Nordstadt ist eine viel befahrene vierspurige Achse. Am Kiosk stehen bereits rund dreihundert Menschen, als die Familie des Mordopfers, sie wohnt wenige hundert Meter entfernt, auf den Tatort zuläuft. Zuerst Angehörige aus der Türkei, Frankreich und der Schweiz, dahinter die Ehefrau und die Tochter, eine Gruppe von etwa 15 Personen.
Wie eine erneute Beerdigung
Sie halten vor dem Gedenkstein, legen Blumen nieder, weinen, halten inne. Um sie herum die Menschen und die Fotografen, es hat etwas von einer erneuten Beerdigung, die hier gerade passiert. An dieser Straße, die daraufhin dreispurig wird, kurz darauf zweispurig, zu viele Menschen kommen am Jahrestag gegen 17.30 Uhr an diesen Ort. Greifbare Trauer
Trauer und Schmerz sind fühlbar
Minutenlang knien die Angehörigen vor dem Stein, weinen, halten inne, machen die Trauer und den Schmerz für die, die da sind, greifbar, fühlbar, aktuell. Auch heute noch, zehn Jahre nach der Tat. Dann setzt sich ein Marsch in Bewegung, über die Mallinkrodtstraße in Richtung Hauptbahnhof. Es mögen 400, 450 sein, die der Einladung zum 4. Tag der Solidarität gefolgt sind. Auf Fahnen verzichten sie, abgesehen von einigen Rufen ist der Marsch seltsam ruhig, bleibt es, bis er an seinem Ziel ankommt.
Vor dem Mahnmal für alle Opfer des NSU vor der Auslandsgesellschaft und der benachbarten Steinstraße erneutes Schweigen und Innehalten, dann spricht der Oberbürgermeister Sierau, der vom Kiosk aus mitgelaufen war. „Kubasik war einer von uns“, sagt Sierau. Er habe hier friedlich und rechtschaffen gelebt, die Aufgabe des Rechtsstaates wäre es gewesen, ihn zu beschützen. „Dies ist nicht geschehen, ebenso wenig wie bei den 9 anderen Mordopfern des NSU oder den Opfern aus der Keupstraße in Köln.“
"Vorbehaltlose Aufklärung"
Er erwarte eine vorbehaltlose Aufklärung dieses Mordes, und weiter: „Die Aufklärung dieses Verbrechens ist der Lackmus-Test für die Akzeptanz des Rechtsstaates. Wir wollen hoffen, dass der Rechtsstaat diesen Test besteht.“ Die Menschen stehen an diesem Apriltag in der Sonne, weiße Rosen am Gedenkstein, es folgen weitere Reden, dann singt ein Liedermacher, später wird in der Auslandsgesellschaft eine Podiumsdiskussion folgen. Rassismus tötet, das wissen die, die hier sind. Ob der Rechtsstaat seinen Test bestehen wird, das wird sich zeigen.