Simon Grimm betreibt die Hafenschänke Subrosa in der Nordstadt. © Archiv
Gast-Gewerbe
Lage spitzt sich zu: Dortmunder Gastronomie kämpft mit Personalmangel
Die Corona-Regeln sind gelockert. In der Gastronomie geht es wieder aufwärts. Doch ein Problem bleibt: Es fehlen Küchenhilfen, Köche und Kellner. Wie sieht es bei den Wirten in Dortmund aus?
Auch wenn seit Freitag (4.3.) wieder die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) in der Gastronomie gilt und das À-la-Carte-Geschäft Fahrt aufnimmt, sind die Widrigkeiten in der Branche nicht vom Tisch. Vor allem ein Problem tritt mit der neuen Lockerungsrunde und dem Beginn der Draußen-Saison wieder deutlicher zutage.
Sorgen macht vielen Dortmunder Gastronomen der Personalmangel. Zahlreiche Mitarbeiter haben wegen der Corona-Krise die Branche gewechselt und sind nicht einfach so zu ersetzen, zumindest so lange die längerfristigen Perspektiven nicht klar sind.
Man muss nur in die Stellenanzeigen schauen und sieht: Gesucht werden Köche, Küchenkräfte, Kellner und Barkeeper. „Wir haben Stellen ausgeschrieben“, sagt auch Manuel Kraas von Westermanns Deli in der Kaiserstraße. Es habe dort keine betriebsbedingten Kündigungen während der Pandemie gegeben, so Kraas, aber weil relativ viel an Personal weggebrochen sei, gebe es schwierige Spitzen. „Gegen gute Leute würde ich mich nicht wehren“, sagt der Gastronom.
Gemeldete Stellen nehmen wieder zu
Bei der Bundesarbeitsagentur in Dortmund können sie die Personalnot bestätigen. „Das Gastgewerbe spürt den Fachkräftemangel ganz deutlich“, sagt Pressesprecherin Sibylle Hünnemeyer. Zwar sei die Zahl der gemeldeten Stellen bei den einschlägigen Berufsgruppen in Dortmund seit November von 156 auf 78 gesunken, doch die Frage sei, wie man nun die offenen Stellen noch besetzt bekomme.
Zudem spreche vieles dafür, dass die Stellenmeldungen wieder anziehen, zum einen, weil die Nachfrage im Dezember um 10, im Januar um 6 und im Februar um 17 neue Stellenmeldungen gestiegen sei, und zum anderen im April die Außengastronomie öffne.
„Personalmangel ist das Hauptproblem“, sagt auch Gastronom Till Hoppe, der mehrere Gastronomien in Dortmund betreibt. „Wir suchen insbesondere massiv für das FZW. Am Wochenende werden wir nur mithilfe eines Leiharbeitanbieters klarkommen. Wir schalten Anzeigen auf allen Kanälen.“
Mit dem guten Wetter steigen die Umsätze
Im Moog im U-Turm sei das gesamte Personal weiterhin dabei, so Hoppe, doch für das neue Projekt Brauturm, das in wenigen Wochen an den Start gehen soll, benötige er noch die Mitarbeiter.
„Wir suchen“, sagt auch Susanne Eckardt vom Pfefferkorn. Zwar habe man aktuell noch Leute in Kurzarbeit, doch langsam gehe es in die Sommersaison. Schon jetzt sei zu merken, dass mehr Gäste kämen, so Susanne Eckhardt, „ich kann aber nicht abschätzen, ob das am guten Wetter oder an 3G liegt, weil auch die Geimpften ein besseres Gefühl haben, wenn die Bestimmungen gelockert werden.“ Auf jeden Fall seien seit dem besseren Wetter die Umsätze gestiegen.
„Der Personalmangel ist das herausragende Thema in unserer Branche und wird es auch erst mal bleiben“, bescheinigt Philip Winterkamp, Geschäftsführer von der Muto Heimatgastronomie GmbH, die unter anderem den Freischütz an der Stadtgrenze zu Schwerte betreibt.
Personalakquise mit großer Werbekampagne
Einen ganz akuten Personalengpass im vergangenen Jahr habe man mit einer großen öffentlichkeitswirksamen Kampagne mit City-Lights-Postern in beleuchteten Vitrinen und an Bushaltestellen beseitigen können. „Jetzt geht es darum, Service-Kräfte zu finden“, so Winterkamp. Er hat die Hoffnung, dass mit zurückgehenden Testzahlen in Testzentren und der Eröffnung der Hochschulen zum neuen Semester auch Studierende wieder vermehrt einen Job in der Gastronomie suchen.
Thorsten Hellwig, NRW-Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, erklärt auf Anfrage, auch schon vor der Pandemie sei der Arbeits- und Fachkräftemangel ein virulentes Thema gewesen, doch Corona mit Beschränkungen und Lockdown habe den Arbeitsmarkt vollständig durcheinandergewirbelt. Bei der letzten Umfrage im Dezember hätten 80 Prozent der Betriebe angegeben, dass ihnen Personal fehlt.
„Viele Aushilfen, die nicht in den Genuss von Kurzarbeitergeld kommen und sich anders orientiert haben, würden gern zurückkehren“, sagt Hellwig, „doch sie brauchen eine sichere Perspektive, die nur die Politik geben kann, damit es nicht zum dritten Corona-Herbst kommt.“
Neuer Tarifvertrag tritt in Kraft
Attraktiver würde der Gastronomie-Job sicherlich zum 1. Mai, wenn ein ambitionierter Tarifvertrag mit deutlichen Lohnzuwächsen in Kraft trete, erläutert der Dehoga-Sprecher. Zudem könnten Gastronomen mit Arbeitszeiten flexibler umgehen und somit für beide Seiten Lösungen finden. Dazu zählten auch mehr Ruhezeiten, andere Öffnungszeiten und weniger aufwendige Speisekarten.
Oliver Buschmann vom Event-Schiff Herr Walter im Hafen öffnet erst wieder im April, bemüht sich aber jetzt schon um Personal. „Ich fange gerade an zu rekrutieren.“ Und er wird Leute brauchen; denn schon jetzt sei bis auf drei, vier Wochenenden bis Oktober alles ausgebucht. „Ich bin rappelvoll mit Gesellschaften.“ Die Leute hätten viel nachzufeiern.
So rosig schaut Simon Grimm von der Hafenschänke Subrosa nicht in die Zukunft. Personal habe er zwar gerade ausreichend, doch noch gebe es Beschränkungen bei der erlaubten Gästezahl. Zudem werde alles teurer: Bier, Personal, Energie. Grimm: „Ich rechne mit 30 Prozent Mehrkosten ab Oktober. Ich weiß nicht, wie ich 30 Prozent mehr Umsatz machen soll. Es wird eng zum Ende des Jahres. Wir sind gerade wieder pessimistisch.“
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