
© Dörnbach
Katastrophen verhageln Ausflugsschiffern am Hengsteysee die zweite Saison
Probleme am Stausee
Nach dem Corona-Lockdown kamen Bauarbeiten am Wehr und dann das zerstörerische Hochwasser: Die Schifffahrt am Hengsteysee leidet. Ein Schiffer-Ehepaar sieht im Unglück trotzdem etwas Gutes.
Seit mehr als 30 Jahren befahren Dagmar und Jürgen Dörnbach mit ihrem Ausflugsschiff den Hengsteysee. Je nach Wetterlage bringen sie mit der MS Freiherr vom Stein ab Frühjahr bis in den Oktober hinein Passagiere vom Anleger Schiffswinkel zur Lennemündung und zum Freibad Hengsteysee, zur Insel unterhalb der Hohensyburg oder auch zum Seeschlösschen.
Doch seit dem letzten Jahr ist die Freiherr vom Stein lahmgelegt, und mit ihr auch der Tret- und Ruderbootverleih, den die Dörnbachs ebenfalls am Hengsteysee betreiben.
Wegen der Corona-Pandemie durfte das blau-weiße Ausflugsschiff lange nicht fahren oder nur so wenige Passagiere aufnehmen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich war. Deshalb konnten die Dörnbachs in der Saison 2020 nur für eine sehr kurze Zeit ihre gewohnte Runde auf dem See drehen. Die Bootsvermietung musste ebenfalls geschlossen bleiben.

Vor der großen Flut war der Wasserspiegel im Hengsteysee extrem niedrig. Für Sanierungs- und Reparaturarbeiten am Wehr war Wasser abgelassen worden. © Janis Büse
Niedriger Wasserstand war Schuld
Nun sind die Corona-Zahlen niedriger und die meisten Einschränkungen aufgehoben. Doch das beschert dem Ehepaar keine besseren Zeiten, diesmal wegen zu geringem Wasserstand im See. Für Sanierungsarbeiten am Hengsteysee-Wehr und am Koepchenwerk ließ der Ruhrverband das Wasser im See so weit ab, dass die Mietboote an Land und die Freiherr vom Stein am Anlieger bleiben mussten. Damit ist für die Schifffahrt die zweite Saison verhagelt.
Die Dörnbachs tragen es mit Fassung. Dagmar Dörnbach sieht sogar etwas Gutes in dem aktuellen Fahrverbot auf dem See. Denn dadurch lagen die Boote auf dem Trockenen, als das Hochwasser den See flutete: „Das war unser Glück, sonst wären die Boote durch die starke Strömung losgerissen und am Wehr zerstört worden.“ Glück im Unglück sei das gewesen, meint Dagmar Dörnbach.

Damit das Schiff nicht im Schlamm steht, ist eine sogenannte Schute vorgelagert. © Dörnbach
Auch die Freiherr vom Stein liegt gut vertäut im Schiffswinkel. Damit sie nicht im Schlamm steht, sondern etwas tiefer im Wasser, ist eine Schute – ein Art Schiffsanhänger – vorgelagert. Dort liegt das mehr als 50 Jahre alte Schiff nun mitten im Sommer im Winterschlaf. Aus dem wird es in diesem Jahr auch nicht mehr geweckt. Die Arbeiten am Wehr sollten bis mindestens November dauern und könnten sich durch das Hochwasser verzögern.
Doch auch ohne die Sanierung am Wehr wäre ein Befahren des Hengsteysees derzeit nicht möglich. Die Bezirksregierung Arnsberg hat die Stauseen an der unteren Ruhr bis zum 12. August aus Sicherheitsgründen für alle privaten und gewerblichen Freizeitaktivitäten im und auf dem Wasser gesperrt, darunter auch den Hengstey- und Harkortsee.

Die Betonpfeiler am Wehr in Herdecke müssen saniert werden. © Janis Büse
Durch die Hochwasserkatastrophe führt die Ruhr viel Treibgut, darunter auch gefährliche und spitze Teile von zerstörten Wohnwagen und Booten. Die Bezirksregierung weist darauf hin, dass diese Gefahren nicht abschätzbar und im trüben Wasser unsichtbar sind.
Fehlende Markierungen sind eine Gefahr für Wassersportler
Auch die Bojenketten zur Markierung von gesperrten Bereichen, etwa vor Kraftwerken und Stauwehren, sind zum Teil abgerissen und abgetrieben. So würden die Wassersportler unter Umständen nicht rechtzeitig gewarnt. Die Wasserspiegel in den Talsperren hätte sich mittlerweile laut Ruhrverband weitgehend normalisiert, doch seien die Strömungen immer noch weitaus stärker und gefahrvoller als zu dieser Jahreszeit üblich.

Wegen Sanierungsarbeiten am Wehr wurde der Wasserspiegel abgesenkt. Das Ausflugsschiff liegt deshalb gesichert am Schiffswinkel. © Dörnbach
Der Ruhrverband sichtet die Gefahrenstellen in den Stauseen. Sie sollen markiert oder behoben werden, damit die Einschränkungen so bald wie möglich wieder aufgehoben werden können, teilt die Bezirksregierung mit.
Wassertiefe reicht für das Ausflugsschiff nicht aus
Für die Dörnbachs und ihr Geschäft bedeutet das jedoch keinen Unterschied. „Das Wasser wurde weit abgelassen. Die Fahrgäste könnten gar nicht in das Schiff einsteigen, so tief liegt es. Und die Wassertiefe reicht auch zum Fahren gar nicht aus, es würde alles kaputtgehen.“
Hadern tut Dagmar Dörnbach allerdings nicht mit dem Ruhrverband und der für sie einschneidenden Maßnahme. „Wir sind immer gut klar gekommen.“ Nach 30 Jahren müsse eine solche Sanierung wohl sein, meint sie tapfer und hakt auch diese Saison komplett ab.
Die ersten Wochen der Corona-bedingten Zwangspause seien sehr ungewohnt gewesen nach der langen Zeit, vor allem bei schönem Wetter. „Ich musste mich erst daran gewöhnen, einfach mal den Garten zu genießen“, sagt sie. „Wir machen das Beste daraus. Langweilig wird es nicht, wir haben acht Enkelkinder.“
Nun hoffen Kapitän Jürgen Dörnbach und seine Frau, dass es im kommenden Jahr endlich wieder losgeht uns sie ihr Schiff aus dem Winterschlaf holen können.
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
