„Extrem rechte“ Burschenschaft hat Stand auf der Jagd & Hund Messe und Stadt Dortmund können das nicht verbieten

„Extrem rechte“ Burschenschaft bei Jagd & Hund
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„Freiheit, Ehre, Vaterland“ - diesem alten Leitspruch folgen viele Studentenverbindungen. Es gibt allerdings deutliche Unterschiede - und der äußert sich im Streit der Dachverbände. Ein Zusammenschluss, der als extrem rechts gilt, hat sich für die Jagd & Hund 2024 angemeldet - für die Messe, die von 30.1. bis 4.2. in der Messe Dortmund ansteht.

Während andere Verbindungen in ihren Grundsätzen nicht nur Tradition, sondern auch das Bekenntnis zur Demokratie betonen, ist bei der Deutschen Burschenschaft verhältnismäßig oft von der „Verantwortung gegenüber dem Deutschen Volk“ zu lesen. Und das ist kein Zufall, wie Alexandra Kurth erläutert.

„Explizit politischer Verband“

Die Politikwissenschaftlerin aus Marburg gilt als Expertin für Studentenverbindungen und unterstreicht: „Die Deutsche Burschenschaft versteht sich als explizit politischer Verband“, habe sich „immer stärker zu einem extrem rechten politischen Verband“ entwickelt. Weswegen gemäßigtere Verbindungen letzten Endes einen anderen Zusammenschluss gegründet hätten.

Im Kern ging es laut der Bundeszentrale für politische Bildung um die Frage der Herkunft von möglichen Mitgliedern: Woher stammen die Eltern oder Großeltern eines möglichen Mitglieds? Aus Deutschland, aus einem anderen europäischen Land - oder sind sie etwa aus „nicht abendländisch-europäischer Abstammung“?

Messe: Ablehnung nicht erlaubt

Wie stark ist die Abgrenzung zur extremen Rechten? Das sei „ein zentrales Spannungsfeld“, erläutert Politikwissenschaftlerin Kurth. Im Laufe von Jahrzehnten lasse sich bei der Deutschen Burschenschaft eine „Verschärfung des volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffs“ erkennen.

Nur: Reicht das, damit die Messe Dortmund der Burschenschaft einen Stand bei der „Jagd & Hund“ verwehren kann? Nein, erklärt Sprecher Robin Uhlenbruch: „Die Zulassung von Ausstellern zur Teilnahme an der „Jagd & Hund 2024“ beruht auf der Überprüfung des Teilnahmeantrages.“

Ein ausgestopfter Bär auf der "Jagd und Hund" Messe in den Westfalenhallen Dortmund.
Jagdreisen sind ein so wichtiger wie umstrittener Teil der "Jagd und Hund" in den Westfalenhallen. © Schaper

Toleranz gegenüber anderen Ansichten

Das gelte für alle Teilnehmenden - so auch von Verbänden oder Vereinen wie der Deutschen Burschenschaft. „Sofern sich diese im Rahmen geltender Gesetze bewegen, ist die Messe Dortmund gemäß der gesetzlich vorgeschriebenen Gleichbehandlung verpflichtet, deren Teilnahme zuzulassen“, verdeutlicht der Messe-Sprecher und weist auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts hin.

Seinerzeit hatte das Gericht entschieden, die Stadt Dortmund und die Westfalenhallen als Stadt-Tochter müssten den Vortrag eines umstrittenen Historikers zulassen. Sprecher Uhlenbruch betont in diesem Zusammenhang, „dass die Messe Dortmund die Grundrechte als die Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft respektiert und schützt, selbst wenn dies die Toleranz von Ansichten beinhaltet, die wir selbst nicht teilen“.

Jäger darf kein Verfassungsfeind sein

Gleichzeitig bekräftige er für die Messe Dortmund „unsere entschiedene Ablehnung von jeglichem Verhalten oder Inhalt, der unsere demokratischen Werte gefährdet oder gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstößt.“ Auch die Jägerschaft hat generell Sorge vor Vorurteilen, wenn von einzelnen umstrittenen Ausstellern auf die Gesamtheit geschlussfolgert werde.

Andreas Schneider, Sprecher des Landesjagdverbandes NRW, erinnert daran, dass alle Menschen, die einen Jagdschein erstmals lösen oder in dreijährigem Turnus verlängern wollen, überprüft würden - auch „die Zugehörigkeit zu staats- und verfassungsfeindlichen Organisationen und Parteien (gleich welcher religiösen, politischen oder sonstigen Ausrichtung)“.

Noch keine Ethikkommission

„Der Landesjagdverband NRW steht vollumfänglich hinter diesen Regelungen, die sicherstellen, dass ausschließlich zuverlässige und rechtstreue Personen Zugang zu Waffen erlangen können.“ Wem eine Mitgliedschaft in einer staats- und verfassungsfeindlichen Vereinigung nachgewiesen werde, müsse Jagdschein und Waffen abgeben.

Kann es strengere Regeln für Auftritte in der Westfalenhalle oder die Mitwirkungen an Messen geben? Mit dieser Frage soll sich eine Ethikkommission befassen, einberufen von der Stadt Dortmund. Eine solche hatte Oberbürgermeister Thomas Westphal bereits in seinem Wahlkampf 2020 angedacht. Doch das Prozedere dauert.

Vorträge und Reise-Angebote

So sollen die ersten Schritte bereits in die Wege geleitet sein, einige Mitglieder auch schon feststehen. Von einer Ausarbeitung eindeutiger Vorgaben ist man dem Vernehmen nach aber bisher noch weit entfernt. Zumal auch immer betont wurde: Solche inhaltlichen Vorgaben für Westfalenhallen und Messe müssen juristisch wasserfest sein.

Offiziell heißt es von der Stadt Dortmund dazu: „Die Ethik-Kommission hat bereits ihre Arbeit aufgenommen. Eine Empfehlung hinsichtlich der Messe ‚Jagd und Hund‘ hat sie noch nicht gefasst. Die Ethik-Kommission ist komplett unabhängig und nimmt sich Zeit, um sich gebührend mit dem Thema auseinanderzusetzen.“

Themen für die Kommission gibt es genügend. Nicht nur umstrittene Vorträge wie der des Historikers, dem immer wieder Halb- und Unwahrheiten vorgeworfen werden - auch die „Jagd & Hund“ bietet immer wieder Stoff dafür. Regelmäßig machen Tierschutzorganisationen auf verbotene Jagdreisen aufmerksam, für die auf der Messe geworben werde.

Zehntausende Besucher kommen Jahr für Jahr zur "Jagd & Hund" in die Messe Dortmund.
Zehntausende Besucher kommen Jahr für Jahr zur „Jagd & Hund“ in die Messe Dortmund. © Schaper

„Möglichkeit der Vernetzung“

Welche Gefahr droht aber von der Teilnahme einer extrem rechten Gruppe wie der Deutschen Burschenschaft? Hier sieht Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth vor allem eines: Wenn solche Messen „offen für rechtsextreme Gruppierungen und Organisationen“ seien, „bieten sie selbstverständlich die Möglichkeit zu Vernetzung, nicht nur innerhalb der rechtsextremen Szene, sondern auch darüber hinaus“.

So werde etwa „suggeriert, diese extrem rechten Gruppierungen seien selbstverständlich Teil der Jagd-Community“. Also genau das, was Jäger wie Veranstalter bewusst vermeiden wollen und auch entschieden von sich weisen.

Was die Deutsche Burschenschaft an ihrem Stand anbieten will? Wo ihre Verbindung zu „Jagd“ oder „Hund“ ist? Diese Anfrage ließ sie bis Redaktionsschluss dieses Artikels (25.1., 15.30 Uhr) unbeantwortet.

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