Immobilienmakler Benedikt Kuhne aus Lünen kennt den Markt in der Region ganz genau. Auf die Frage, ob man ein Haus besser kauft oder neu baut, hat er eine schnelle Antwort.

© Montage Dittgen/Fotos Schütze

Ein Haus bauen oder kaufen? „Die Frage beantwortet sich von selbst“

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Soll man selbst bauen oder eine Bestandsimmobilie kaufen? Vor dieser Frage stehen viele Familien in Dortmund, im Kreis Unna und Umgebung. Und es ist nicht nur eine Frage des Geldes.

Dortmund, Kreis Unna

, 08.02.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Für Chris Kremer und Lisa König, die gerade mit einem Bauträger ihren Traum vom Eigenheim in Dortmund-Brechten verwirklichen, hat sich die Frage „Bauen oder kaufen?“ nie wirklich gestellt. „Wir wollten eine eigene Immobilie, hatten dafür aber nie einen Zeitplan. Es hätte auch eine Bestandsimmobilie sein können. Danach haben wir aber nur sporadisch mal im Internet geguckt“, sagen die beiden 30-jährigen Häuslebauer.

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Sehr bald schon tat sich im vergangenen Jahr die Möglichkeit auf, an der Heitkampstraße im Heimatstadtteil von Chris Kremer einen Neubau zu errichten. „Wir sind sehr froh, dass das geklappt hat. Es ist selten, dass es in einer bestehenden Siedlung Grundstücke gibt.“

Dass sie auf dem Dortmunder Grundstücksmarkt so schnell fündig wurden, war großes Glück. Bauplätze für Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es zur Zeit so gut wie gar nicht. Sie sind so knapp, dass der Immobilienmakler Benedikt Kuhne sagt: „Die Frage ‚Bauen oder kaufen?‘ beantwortet sich von selbst: Von der Stadt erschlossene Grundstücke gibt es in Dortmund und auch in Lünen oder Unna quasi null, Bestandsimmobilien gibt es auf dem Markt immerhin ein paar.“

Es gibt kaum bebaubare Grundstücke

Schon seit Jahren spitzt sich die Lage auf dem Grundstücksmarkt immer weiter zu. Christian Hecker, der Vorsitzende des Gutachterausschusses der Stadt Dortmund, weiß: „Wir haben so wenig bebaubare Grundstücke für Ein- oder Zweifamilienhäuser wie in den letzten 10 Jahren nicht. Und was da ist, ist vergeben, bevor es überhaupt auf den Markt kommt. Die Leute weichen ins Umland aus.“

Ein Beispiel dafür sind Veronika und Matti Ostwinkel, die in Dortmund nichts gefunden haben und jetzt in Holzwickede ihr Einfamilienhaus bauen – immerhin kurz hinter der Stadtgrenze und nicht weiter in Richtung Münster- oder Sauerland. Gut drei Jahre haben sie sich intensiv mit dem Traum vom Eigenheim befasst. „Er sollte eigentlich in unserer Heimatstadt Dortmund wahr werden“, sagt Matti Ostwinkel. „Über Bekannte“, ergänzt er, „haben wir erfahren, dass kurz hinter der Stadtgrenze in Holzwickede ein neues Wohngebiet entstehen soll.“

Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt: „Wir halten es für sinnvoll und wünschenswert, dass bei den zukünftigen Planungen angemessen auf die Nachfragesituation reagiert wird und die in Dortmund glücklicherweise vorhandenen Baulandpotenziale vermehrt auch wieder für den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern genutzt werden.“

Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt: „Wir halten es für sinnvoll und wünschenswert, dass bei den zukünftigen Planungen angemessen auf die Nachfragesituation reagiert wird und die in Dortmund glücklicherweise vorhandenen Baulandpotenziale vermehrt auch wieder für den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern genutzt werden.“ © Haus & Grund/Schaper

In Dortmund ist die Zahl der Genehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser seit Jahren rückläufig und befand sich 2020 mit 194 erteilten Genehmigungen auf einem Tiefststand. Das stellt der Eigentümerverband Haus & Grund fest. Hauptgeschäftsführer Dr. Thomas Bach sagt: „Nach unserer Einschätzung werden in diesem Segment nicht genügend Flächen bereitgestellt. Der Fokus liegt eindeutig im Geschosswohnungsbau, um die Wohnungssituation in Dortmund langfristig zu verbessern und dem von der Stadt ausgegebenen Ziel des Neubaus von jährlich etwa 2000 Wohnungen gerecht zu werden.“

Grundstücke bleiben auch in den nächsten Jahren knapp

Wie Dortmunds Dezernent Ludger Wilde erklärt, wird in der Tat nur etwa ein Viertel der 2000 Wohnungen in Eigenheimen entstehen. „In rechtsverbindlichen Bebauungsplänen oder in den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen haben wir für die nächsten fünf Jahre 2100 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern stehen“, so Ludger Wilde.

Planungsdezernent Ludger Wilde kann für Dortmund auch in den kommenden Jahren keine Entspannung auf dem Grundstücksmarkt in Aussicht stellen. „In rechtsverbindlichen Bebauungsplänen oder in den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen haben wir für die nächsten fünf Jahre 2100 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern stehen“, sagt er. Der Bedarf sei aber viel größer.

Planungsdezernent Ludger Wilde kann für Dortmund auch in den kommenden Jahren keine Entspannung auf dem Grundstücksmarkt in Aussicht stellen. „In rechtsverbindlichen Bebauungsplänen oder in den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen haben wir für die nächsten fünf Jahre 2100 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern stehen“, sagt er. Der Bedarf sei aber viel größer. © (A) Dieter Menne

Die Nachfrage ist allerdings viel größer. Für Häuslebauer werden also Grundstücke in Dortmund auch in den nächsten Jahren knapp bleiben. „Für die Zeit nach den fünf Jahren gucken wir bereits, was wir an Flächen erwerben können“, sagt Ludger Wilde. Für große Siedlungserweiterungen wie Hohenbuschei in Brackel oder Brechtener Heide mit 600 bis 800 Häusern sieht er kein Potenzial mehr in der Stadt.

Ob es sich aktuell lohnt, ein Haus zu bauen – wenn man also überhaupt ein Grundstück findet – hängt von vielen Faktoren ab: dem eigenen finanziellen Polster, dem persönlichen Einkommen, aber auch vom Kaufpreisniveau – und der Zeit, die man hat.

Modernisierte Häuser werden rasend schnell verkauft

Dirk Galeski leitet die Immobilienberatung bei der Dortmunder Volksbank und ist auch Mitglied im Gutachterausschuss. Er sagt: „In der Regel ist ein Neubau immer noch teurer als eine Bestandsimmobilie. Hinzu kommt der Faktor Zeit: es dauert, bis man ein Grundstück bekommt, dann folgt ein Baugenehmigungsverfahren, das fast ein Jahr dauern kann. Auch bei der Bauausführung kann es zu Verzögerungen durch Lieferengpässe kommen – und eventuell zu Baukostensteigerungen (je nach geschlossenem Bauträgervertrag). Und derzeit ist noch offen, wie man wieder Fördergeld für eine energiearme Bauweise erhält.“

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Beim Kauf eines bestehenden Hauses sei hingegen das Meiste schon da – erst recht bei einem modernisierten Objekt. „Das heißt allerdings“, sagt Dirk Galeski, „dass man Kompromisse eingehen muss. Der Grundriss oder eine Treppensituation sind entweder gar nicht oder nur aufwändig zu ändern.“

Auch Bestandsimmobilien aber sind rar – und bezahlbare und schon modernisierte Objekte erst recht. „Wir verkaufen 80 Prozent über unsere interne Kundenkartei. Und durchmodernisierte Häuser verkaufen sich wie geschnitten Brot. Man merkt, dass nicht modernisierte Häuser sich schwerer etwas schwieriger verkaufen lassen. Da haben Leute schon Angst“, so Dirk Galeski.

Niedrigzins ist Fluch und Segen zugleich

Der Grundstücksmangel wie auch die Angebots-Knappheit bei bestehenden Häusern sind Ausfluss der niedrigen Zinsen. Das niedrige Zinsniveau ist für Familien, die ein Häuschen mit Garten suchen, Fluch und Segen zugleich. Einerseits profitieren sie von günstigen Bauzinsen zwischen ein und zwei Prozent. Andererseits sorgen die niedrigen Zinsen dafür, dass es kaum noch lohnende Geldanlage-Möglichkeiten gibt. Sparbücher, Festgeldkonten, all die klassischen Sparmethoden haben aktuell ausgedient. Viele investieren deshalb in „Betongold“, in die eigenen vier Wände. Und das treibt die Immobilienpreise hoch.

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Auch, wenn der Grundstücksmarktbericht für 2021 noch nicht öffentlich ist, verrät Christian Hecker als Vorsitzender des Gutachterausschusses in Dortmund: „Wir haben einen neuen Rekordumsatz in Dortmund, aber nicht mehr Kaufverträge als 2020. Das zeigt ein steigendes Preisniveau.“

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Seit Jahren schon beobachtet Dirk Galeski von der Dortmunder Volksbank genau das. Am Beispiel des Stadtteils Kirchhörde zeigt er die Entwicklung der Neubaupreise auf. „Eine Doppelhaushälfte kostete 1999 rund 350.000 Euro und 2019 schon rund 500.000 Euro. Heute muss man schon für das Grundstück 185.000 Euro veranschlagen und bei Baukosten von 3500 Euro pro Quadratmeter (kein gehobener Standard) kommt man bei einem Häuschen mit 130 Quadratmetern Wohnfläche auf 455.000 Euro. Mit den Außenanlagen kommt man dann auf einen Preis von 700.000 Euro.“ Zu 1999 hat sich der Preis also verdoppelt.

Mindestens 20 Prozent Eigenkapital sollte man haben

Der Kaufpreis für Bestandsimmobilien ist in dieser Zeit mitgewachsen. Gerade durch die Corona-Pandemie und den Trend zum Homeoffice wurde die Nachfrage nach dem eigenen Häuschen mit Platz für ein eigenes Büro und einem Garten zusätzlich befeuert.

Beim Gutachterausschuss für den Kreis Unna (ohne Lünen und Unna) stellt Dominik Finsterbusch fest: „Die jungen Baujahre steigen vom Preis her extrem und sind absolut begehrt. Da gibt es sehr wenig auf dem Markt. Und wenn was auf dem Markt kommt, ist das dem Neubauwert gleichzusetzen.“ Neue Doppel- und Reihenhäuser im Kreis Unna kosteten 2021 im Erstverkauf durchschnittlich 3180 Euro pro Quadratmeter. Junge Häuser, Baujahre 2010 bis 2018, kosteten durchschnittlich 2800 Euro.

Am Ende ist die Frage „Bauen oder kaufen?“ also keine Frage der persönlichen Vorliebe und Abwägung, sondern der Verfügbarkeit – und auch eine Frage des Geldes. Die Experten sind sich einig, dass es im Moment für die meisten Familien sehr schwierig ist, an eine bezahlbare Immobilie zu kommen.

Boris Fahle, Direktor der Consilium Finanzmanagement AG auf der Stadtkrone-Ost in Dortmund, warnt davor, sich auf dem derzeit überhitzten Markt zu übernehmen. „Man sollte mindestens 20 Prozent der Kaufsumme als Eigenkapital aufbringen können. Wer nicht über ein hohes Einkommen verfügt, sollte ansonsten von dem Immobilienkauf absehen“, sagt der Finanzexperte. Der Immobilienerwerb müsse auf finanziell gesunden Füßen stehen, „damit er auch in unruhigen Zeiten noch Spaß macht.“

Alle Folgen und Service rund um Immobilien und Eigenheim finden Sie auf der Übersichtsseite „Unser Traum vom Eigenheim“ der Zeitungsportale Ruhr Nachrichten | Hellweger Anzeiger | Dorstener Zeitung | Halterner Zeitung.