Tausende Dortmunder Grundstücksbesitzer haben laut einer Anfrage unserer Redaktion Einspruch gegen ihren Grundsteuerwertbescheid eingelegt. Gleichzeitig liegen kaum Klagen vor. Insgesamt sind den Finanzämtern in Dortmund nur 15 Klagen bekannt – bei insgesamt 37.300 Einsprüchen gegen die Grundsteuerwertbescheide. Dies geht aus einer Anfrage bei der Finanzdirektion Nordrhein-Westfalen hervor.
Der Grund für die große Differenz liegt in den Einsprüchen, über die bisher nicht entschieden wurde. Die Finanzämter haben in 6.200 Fällen für die Grundstückseigentümer entschieden. Wie viele Einsprüche abgelehnt wurden, haben die Behörden auch nach mehrfacher Anfrage nicht beantwortet. Gleichzeitig zeigen Stichproben unserer Redaktion, dass viele Einsprüche nicht beschieden werden.
Ein Grund ist die Rechtsunsicherheit, die derzeit in den Behörden wegen der neuen Grundsteuer herrscht. Die 15 Klagen könnten laut Experten für die Zukunft die Präzedenzfälle schaffen, um die rechtliche Grundlage mit Gerichtsurteilen abzusichern und juristische Klarheit zu schaffen. Doch solange die Klagen noch laufen, halten sich die Finanzämter mit Entscheidungen offenbar zurück, um sich nicht angreifbar zu machen.
Wann Grundsteuer-Einsprüche Erfolg haben
Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt zu den Einsprüchen: „Die Erfolgsaussichten eines Einspruchs hängen stark vom Einzelfall ab. Da die Finanzämter bisher so gut wie keine Entscheidungen getroffen haben, fehlen belastbare Erfahrungswerte.“ Erfolgversprechend seien die Einsprüche vor allem, wenn die Bescheide offensichtliche Fehler enthalten oder von den in der Feststellungserklärung gemachten Angaben abweichen.
Derzeit sind viele Grundstückseigentümer von hohen Belastungen betroffen, wenn Sie große unbebautes Gartenland haben. Die angesetzten Bodenrichtwerte haben den Grundsteuerwert so stark in die Höhe getrieben, dass in einzelnen Fällen Steuererhöhungen von über 3000 Prozent drohen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das alte Grundsteuergesetz wegen der veralteten Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt.
Bach sagt zu der neuen Bewertung durch das neue Grundsteuermodell des Bundes, das seit dem 1. Januar 2025 gilt: „Chancen sehen wir zudem bei Fällen, in denen Bodenrichtwerte unverhältnismäßig hoch angesetzt wurden und individuelle wertmindernde Faktoren wie Erschließungszustand oder tatsächliche Bebaubarkeit unberücksichtigt bleiben.“ Teilweise würden Grundstücke als bebaubar bewertet, obwohl sie nicht erschlossen sind oder keine Baugenehmigung erteilt werden kann.
Haus & Grund Dortmund klagt gegen Bewertung
Haus & Grund Dortmund klagt deshalb selbst mit einigen Mandanten gegen die Bewertung. Der Hauptgeschäftsführer sagt: „Wir hoffen, dass die Gerichte unserer Argumentation folgen und die Fehler im Bewertungssystem dann endlich behoben werden.“ Die Hauptkritik am neuen Grundsteuersystem sei die Ungleichbehandlung vergleichbarer Grundstücke und die pauschalen Bewertungsmethoden.

Der Eigentümerverband rechnet auch damit, dass die Finanzämter bei ihrer Politik bleiben und kaum Einsprüche negativ bescheiden werden. Haus & Grund Dortmund setzt darauf, dass das Bundesverfassungsgericht wesentliche Teile der Reform kippt, sagt Bach: „Wir rechnen damit, dass die Finanzämter Einsprüche erst nach einer höchstrichterlichen Entscheidung in den Musterverfahren bearbeiten werden.“
5000 Widersprüche gegen Zahlungsbescheide
Die Stadt Dortmund hat im Januar 2025 damit begonnen, den Eigentümern die Zahlungsbescheide zu schicken. Dabei gab es rund 5000 Widersprüche gegen die insgesamt 165.000 verschickten Bescheide. Anders als das Finanzamt ist die Kommune dafür verantwortlich, den Hebesatz mit dem Grundsteuermessbetrag zu multiplizieren und so die zu zahlende Steuer für die Grundstückseigentümer zu errechnen. Mit der Bewertung der Grundstücke hat die Stadt Dortmund nichts zu tun.
Wegen der vielen Beschwerden über die Grundsteuer hatte die Stadt kürzlich eine Hotline eingerichtet und diese mit mehreren Mitarbeitern besetzt. Der Leiter vom Steueramt Dortmund, Markus Neuhaus, sagt: „Wir haben bis zu 30 Plätze in der Hotline besetzt, um immer erreichbar zu sein. Da wurde sicher die ein oder andere Frage der Eigentümer beantwortet.“
Zudem hat die Stadt versucht im Vorfeld der Bescheide manche Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern bereits zuvor darüber zu informieren, dass sie eine höhere Besteuerung erwarten könnte. Widersprüche bei der Stadt Dortmund können die Besitzer ebenfalls einlegen. Erfolgreich sind diese aber nur, wenn es beispielsweise eine falsche Übernahme des Grundsteuermessbetrags im Zahlungsbescheid gab. „Das wäre ein typischer Grund“, sagt Neuhaus.
Amtsleiter Neuhaus: „Habe mit mehr Frust gerechnet“
Das Steueramt hat zudem die Gründe für die Widersprüche in Dortmund genauer aufgeschlüsselt. So wanden sich rund 600 gegen den Hebesatz, 1350 gegen den Messbetrag, 500 gegen die Verfassungsmäßigkeit und 1700 Einzelfälle mit individuellen Begründungen. Rund 850 Fälle fallen unter die Kategorie „Sonstiges“ oder „Ohne Begründung“.
Um die höhere oder auch niedrigere Grundsteuerlast für die Eigentümer transparent zu machen, hat die Stadt zudem die Grundsteuerlast des Vorjahres aufgeführt. Die Reaktionen und Beschwerden der Bürger fielen dabei größtenteils sachlich aus, sagt Amtsleiter Neuhaus: „Ich habe mit mehr Frust gerechnet.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. März 2025.
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