„Meine Nerven lagen blank“, erinnert sich Uwe Schwarzkopf an den Moment, als er im Januar 2025 seinen Grundsteuerbescheid erhielt und an seinem Küchentisch den Brief öffnete. Nun sitzt er wieder dort. Vor ihm liegen gleich mehrere Aktenordner mit Unterlagen zur Grundsteuer. Er schrieb dem Finanzamt in Dortmund mehrfach Briefe, beschwerte sich. Doch das Ergebnis bleibt, wie es ist. Schwarzkopf muss im Jahr 2025 6668 Euro Grundsteuer zahlen, statt wie zuvor 195 Euro, rund 3300 Prozent mehr als zuvor.
Der 69-Jährige hat das Grundstück 2013 gekauft. Jetzt wird ihm aber ein Umstand zum Verhängnis, den er gar nicht beeinflussen konnte. Neben den 756 Quadratmeter, auf denen der Innenarchitekt in Rente mit seiner Frau das Haus baute, musste Schwarzkopf auch das Grünland dahinter kaufen. Es geht um 3501 Quadratmeter. Das war unvermeidbar, weil das zweite Grundstück ausschließlich über die Fläche davor zu erreichen ist.
Schwarzkopf, der gemeinsam mit seiner Frau durchaus eine auskömmliche Rente hat, muss jetzt für die Grundsteuer Geld anfassen, das eigentlich für andere Zwecke vorgesehen war, erzählt er: „Für die Grundsteuer müssen wir nun unsere Altersrücklagen in Anspruch nehmen. 600 Euro zusätzlich im Monat haben auch wir nicht einfach so.“ Der Innenarchitekt hat Jahrzehnte lang Unternehmen bei der Raumakustik beraten, etwa für Audi in Ingolstadt gearbeitet.
Doppelter Grundsteuer-Hebesatz
Der Dortmunder lebt bereits in dritter Generation in der Stadt. Sein Vater arbeitete bei Hoesch. Schwarzkopf selbst ist noch in der Nordstadt aufgewachsen, wohnte jahrelang zur Miete, bis er sich 2013 mit seiner Frau dazu entschied, das Grundstück zu kaufen und ein Haus zu bauen. Das Grundstück pflegt Schwarzkopf seit Jahren mit viel Mühe. Bebaubar ist es nicht. Denn es liegt außerhalb des Bebauungsplans der Stadt Dortmund.
Ausgerechnet dieser Umstand führt nun dazu, dass das Grünland von Schwarzkopf vom Finanzamt Dortmund als Nicht-Wohngrundstück bewertet wird. Die Stadt Dortmund hatte im Dezember in seiner Ratssitzung entschieden, die Hebesätze für die Grundsteuer künftig zu teilen. Der neue Hebesatz für Wohngrundstücke liegt demnach bei 625 Prozent und der für Nicht-Wohngrundstücke bei 1245 Prozent.
Mit der Neubewertung des Gartenlands durch die Grundsteuerreform hat das Grundstück laut Finanzamt Dortmund einen millionenschweren Wert bekommen. Schon bei einem Hebesatz von 625 Prozent hätte Schwarzkopf eine extreme Erhöhung seiner Grundsteuerlast gehabt. Mit dem fast doppelten Hebesatz multipliziert kommt jetzt aber eine Erhöhung von 3300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zustande.
Dortmunder will sich wehren
Der 69-Jährige fühlt sich aber auch infolge des Austauschs mit dem Finanzamt Dortmund hilflos. Mehrfach schrieb er dem Finanzamt Briefe und widersprach schon der Festsetzung des Grundstückswerts mit über einer Million Euro. „Es ist eine Blackbox. Ich habe keinen Ansprechpartner, kann mit niemandem darüber reden und die Ämter reagieren nicht einmal mehr.“
Den Austausch zwischen ihm und dem Finanzamt empfindet Schwarzkopf als „katastrophal“. Auf Einsprüche wie den von Schwarzkopf reagiert das Amt meist schablonenartig mit immer denselben Sätzen, wie etwa, dass es sich um ein pauschaliertes Verfahren handle, in dem keine Einzelfallentscheidungen vorgesehen seien. Insider sagen: Die Beamten in den Finanzämtern sind selbst nahezu machtlos und machen „Dienst nach Vorschrift“.

Schwarzkopf will nun mit einem Aussetzungsantrag gegen den Bescheid vorgehen. Zahlen wird er die Summe von über 6600 Euro aber vermutlich erstmal. Für seine Altersvorsorge hat das schon jetzt Konsequenzen: „Dafür müssen wir Geld, dass wir angelegt haben, auflösen. Das bringt Verluste, die Dividenden fallen weg.“ Von seiner Rente und dem Gehalt seiner Frau sind jetzt 12 Prozent ihres Einkommens betroffen.
Grundsteuer für Haus bleibt moderat
Schwarzkopf ärgert sich über die „Ignoranz der Ämter.“ Er sieht den Fehler schon dabei, dass das Finanzamt das Grundstück zum Nicht-Wohngrundstück erklärt hat und auch darin, es überhaupt mit so einem hohen Grundstückswert zu bemessen. Das allerdings liegt auch daran, dass die Grundlage für die neuen Werte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts war. Das hatte geurteilt, dass die Grundstückswerte veraltet sind, neu bemessen werden müssen.
In der Folge entstand die Grundsteuerreform, die von der Großen Koalition und dem heutigen Bundeskanzler und ehemaligen Finanzminister Olaf Scholz verantwortet wurde. Diese führt nun aber besonders bei Besitzern mit großen Gartenlandstücken zu so hohen Grundsteuerbescheiden, dass Betroffene wie Uwe Schwarzkopf daran verzweifeln. Dabei hat die Grundsteuerreform für sein bebautes Grundstück sogar gut funktioniert. Denn für das Grundstück, auf dem sein Haus steht, muss er im Jahr 2025 634 Euro Grundsteuer im Jahr zahlen statt wie 2025 530 Euro.
Dass es zu Erhöhungen für manche Eigentümer kommt, war auch das Ziel der neuen Bemessung, die durch das Urteil vom Bundesverfassungsgericht ausgelöst wurden. Auch der Stadtrat in Dortmund hat versucht, die Belastungen für die Eigentümer und Mieter so gering wie möglich zu halten, in dem der Rat einen differenzierten Hebesatz beschlossen hat und für Wohneigentum nur eine minimale Erhöhung von 15 Prozentpunkten vornahm.
„Gesetzgebung ist falsch“
Grundsätzlich ist Schwarzkopf sogar bereit, mehr Steuern zu bezahlen. Dass es eine Anpassung einer seit Jahren immer gleichbleibenden Steuer gab, die aufgrund veralteter Bemessungswerte entstand, ergibt auch für den 69-jährigen Sinn. „Das hier war wertloses Land, früher war hier eine Schafsweide. Unser Nachbar hat noch den alten Schafstall auf dem Grundstück stehen“, sagt Schwarzkopf.
Der sieht in dem großen Gartenland vor allem ein Projekt für seine Rente. Mehrere Stunden arbeitet er hier jeden Tag daran, die Bäume und Wiesen zu pflegen. Teile des Gebiets sind sogar ausgewiesenes Landschaftsschutzgebiet. Links von seinem Haus wandern die Kröten, die hier unter Artenschutzkennzeichnung stehen. Und verkaufen kann Schwarzkopf das Grundstück auch nicht, denn dann müsste er das Haus mitverkaufen, weil das Grünland ausschließlich über diesen Weg betretbar ist.
Schwarzkopf fühlt sich mit der Festsetzung und der enormen Steigerung und Summe, die er nun jedes Jahr zahlen muss, ungerecht behandelt, sagt er: „Die Gesetzgebung ist falsch. Dass die Grundstücke im Wert steigen, sehe ich ein. Dass ich hier nicht mehr 190 Euro im Jahr zahle, sondern einen etwas höheren Betrag auch. Was ich nicht einsehe, ist, dass der Staat versucht, seine Grundsteuer an mir zu verdienen.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 6. Februar 2025.