„Die Leute dort laufen schreiend weg“ Kanadagänse am Phoenix-See gehen auf Jogger los

Kanadagänse am Phoenix-See gehen auf Jogger los
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Dr. Heidemarie Lyding-Lichterfeld ist nicht empathielos. „Ich habe selbst Tiere“, sagt sie, aber bei den Kanadagänsen, die sich wie die Nilgänse in Dortmund mehr ausgebreitet haben als für das Ökosystem gut ist, kommt die SPD-Ratsfrau schon mal in Fahrt und fordert drastische Maßnahmen – wie am Dienstag (12.9.) im Ratsausschuss für Bürgerdienste.

Sie selbst wohnt in der Nähe des Phoenix-Sees in Hörde. „Jeden Morgen fliegt eine Formation über uns hinweg, mit einem Wahnsinnskrach. Und es werden immer mehr.“ Stege, Wiesen und Wege seien „zugeschissen“, auch im Westfalenpark sei ein Picknick nicht mehr möglich. „Das ist einfach nur eklig“, sagte die Kommunalpolitikerin.

Und nicht nur das. Ihr Mann habe beobachtet, dass die Gänse vorbeilaufende Jogger angreifen. Nur Jogger. „Die Leute rennen dort schreiend weg.“ Es müsse drastisch eingeschritten werden. „Wir haben genug von dem Viehzeug. Am besten wären die an Rotkohl und Klößen“, so Lyding-Lichterfeld.

Fütterungsverbot für Kanadagänse

Auch die Verwaltung hat auf Anfrage der CDU-Fraktion und der Linke+ eingeräumt, dass in manchen Teilen des Stadtgebiets die Population an Kanadagänsen größer sei als sie sein sollte. Grund seien die unnatürlichen, künstlich geschaffenen Wasser- und Rasenflächen mit geeignetem Uferdickicht – beste Lebensbedingungen für die Wildgänse.

Auch die Fütterung als falsch verstandene Tierliebe lasse die Population unnatürlich wachsen. Ebenso bei den Nilgänsen.

Kanadagänse am Phoenix-See.
Sind inzwischen in den Augen vieler Dortmunder eine Plage: Kanadagänse am Phoenix-See. © Foto: Felix Guth

Um den Bestand der Gänse auf ein erträgliches Maß zurückzufahren, hat die Stadt bislang Eier aus den Gehegen genommen, die Bepflanzungen in den Uferbereichen und auf den Erholungsflächen geändert sowie die Tiere gezielt bejagt. Doch die einzige bevorzugte Maßnahme sei die strikte Durchsetzung des Fütterungsverbots, teilte die Stadt dem Ausschuss mit. Die Verwaltung lasse zurzeit Hinweisschilder aufstellen, die darüber aufklärten, wie schädlich die Zufütterung für die Tierwelt und die Gewässer sei.

„Die Maßnahmen reichen nicht“, sagte Heidemarie Lyding-Lichterfeld. Man müsse die Aufzuchten dem See entnehmen. Dazu hatte sie auch einen Vorschlag. Es gebe zurzeit einen Hecht im Phoenix-See, der sich Jungvögel hole, aber meistens von kleineren Tieren wie Blesshühnern. Die Gänseküken seien ihm wohl zu groß, Lyding-Lichterfeld: „Ich plädiere dafür, größere Raubfische im See einzusetzen.“

Eingeführte Fremdkörper

Auch die Stadt weist darauf hin, dass Kanadagänse vom Menschen eingeführte Fremdkörper für die heimische Tierwelt sind. „Aufgrund ihrer Größe, welche diejenige einheimischer Wassergeflügelarten weit übersteigt, kommt es leider mancherorts zunehmend zur Vertreibung einheimischer Arten“, so die Verwaltung.

„Ja, ich stimme zu. Es sind zu viele“, musste selbst Sebastian Everding, sachkundiger Bürger für die Linke+ und von der Tierschutzpartei, zugeben. Doch die Vögel als Gänsebraten, das ging ihm zu weit. „Bevor die Flinten herausgeholt werden“, müssten erst alle anderen Maßnahmen nachweislich gescheitert sein.

Ökologisches Gleichgewicht

Heidemarie Lyding-Lichterfeld wolle auch nicht, dass die Gänse geschossen werden, sagte sie später im Gespräch mit der Redaktion, aber man sollte ihre Eier gegen Gipseier austauschen. Die standorttreuen Vögel hätten zwei Gelege im Jahr mit je fünf Eiern. „Dann brüten sie eben Gipseier.“

Der für den Bürgerdienste-Ausschuss zuständige Rechtsdezernent Norbert Dahmen erklärte dem Gremium, dass es für die Kanadagänse gar nicht zuständig sei, sondern der Umweltausschuss: „Es geht um das ökologische Gleichgewicht insgesamt.“ Nun soll sich der Umweltausschuss erneut mit dem Thema befassen.

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