Christian Hecker ist Vorsitzender des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Dortmund. Der Ausschuss hat die Bodenrichtwerte neu ermittelt, die jetzt Grundlage der neuen Grundsteuererhebung sind. Die Daten zu allen Immobilien in Dortmund werden jetzt vom Finanzamt eingefordert, ab 2025 gilt dann die neue Grundsteuerreform. Für manche kann es dann günstiger, für andere aber auch teurer werden.

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Finanzamt fragt Daten ab: Das müssen Immobilienbesitzer jetzt tun

rnGrundsteuerreform

Im Mai bekommen alle Immobilienbesitzer Post vom Finanzamt. Bis Herbst müssen zahlreiche Daten übermittelt werden. Experten sagen, was mit der Grundsteuerreform auf die Dortmunder zukommt.

Dortmund

, 05.05.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 4 min

Wegen der Grundsteuerreform müssen alle Grundstücksbesitzer in Nordrhein-Westfalen in der Zeit zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober für alle Grundstücke Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts (Feststellungserklärung) beim zuständigen Finanzamt einreichen.

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Was kommt da auf Immobilienbesitzer zu? „Leider werden Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer bald persönlich erfahren, dass mit der Reform der Grundsteuer ein bürokratisches Monstrum erschaffen wurde“, sagt Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund Dortmund.

Elf Bundesländer - und darunter auch Nordrhein-Westfalen - haben sich für das Reformmodell des seinerzeitigen Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) entschieden. „Sie haben sich damit auch für mehr Bürokratie und höhere finanzielle Belastungen für ihre Bürger entschieden“, meint Thomas Bach.

Grundsteuer-Reform: Auswirkung hängt am kommunalen Hebesatz

Die Stadt Dortmund und andere Städte hätten es nun allerdings in der Hand, dass es bei zusätzlicher Bürokratie bleibt und die Kosten nicht auch noch steigen. „Es ist an der Zeit, dass die Kommune ihren Bürgern das Signal gibt, die Hebesätze bei der Grundsteuer B so zu senken, dass die Belastungen im Durchschnitt der Kommune nicht steigen“, so Thomas Bach.

Dr. Thomas Bach ist Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund Dortmund. Er sieht in der Grundsteuerreform „ein bürokratisches Monster“.

Dr. Thomas Bach ist Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund Dortmund. Er sieht in der Grundsteuerreform „ein bürokratisches Monster“. © Haus & Grund/Schaper

Der Grundsteuer-Hebesatz ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. In Dortmund liegt er aktuell bei 610 Prozent, in Castrop-Rauxel beispielsweise schon seit Jahren bei 825 Prozent.

Für Christian Hecker, den Vorsitzenden des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Dortmund, ist zu erwarten, dass es Verschiebungen bei den finanziellen Belastungen geben wird. „Wenn der Einheitswert völlig anders ermittelt wird, wird das Auswirkungen haben. Gleichwohl hängt die Auswirkung von der Höhe der kommunalen Hebesätze ab“, sagt er und ergänzt: „Diese werden vermutlich erst 2023/24 ermittelt werden.

Feststellungserklärung verlangt „viel Liebe zum Detail“

Durch die Einbeziehung der Bodenrichtwerte, die die Gutachterachterausschüsse dafür neu ermittelt haben, erwartet man bei Haus & Grund, dass vor allem bei Mehrfamilienhäusern deutliche Erhöhungen der Steuerbelastung eintreten. „Hier wird es auf die Kommune ankommen, die mit einer Anpassung des Hebesatzes gegensteuert“, so Thomas Bach. „Das Wohnen muss für Mieter und Selbstnutzer bezahlbar bleiben“, fordert Bach. Dies werde durch Einführung der neuen Grundsteuergesetze noch wichtiger.

Das Wohnen in Dortmund wird sozusagen neu vermessen und berechnet. Bis zum Herbst müssen Eigentümer - wie hier beispielsweise im Brackeler Wohngebiet Hohenbuschei - etliche Daten zu ihrer Immobilie dem Finanzamt mitteilen.

Das Wohnen in Dortmund wird sozusagen neu vermessen und berechnet. Bis zum Herbst müssen Eigentümer - wie hier beispielsweise im Brackeler Wohngebiet Hohenbuschei - etliche Daten zu ihrer Immobilie dem Finanzamt mitteilen. © (A) Schaper

Clemens H. (Name ist der Redaktion bekannt) ist privater Eigentümer und besitzt mehrere Mehrfamilienhäuser in Dortmund. Er hat bereits bemerkt, dass die Feststellungserklärung „viel Liebe zum Detail“ verlangt. „Fenstersimse, Sockelleisten und Terrassen gehören zur Wohnfläche, Türnischen, Keller und Garagen dagegen nicht“, sagt er und pustet einmal kräftig in die Backen: „Ich glaube nicht, dass ich das alleine hinkriege.“ Er will seinen Steuerberater hinzuziehen.

Clemens H. vermutet, dass es am Ende Gewinner und Verlierer der Reform geben wird. „Unsanierte, ältere Immobilien werden, so wie ich das sehe, wohl geringer besteuert. Wer energetisch saniert hat, wie ich, wird höher besteuert. Ich werde also wohl zu den Verlierern gehören - beziehungsweise meine Mieter, denn die Kosten werden ja weitergereicht.“

Haus & Grund sieht modernisierte Häuser nicht im Nachteil

Eine Benachteiligung für modernisierte Häuser sieht Dennis Soldmann, der Geschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, allerdings nicht. Die Befürchtung von Clemens H. beziehe sich auf die Restnutzungsdauer eines Gebäudes, die sich durch eine Kernsanierung erhöhe und daher auswirken könnte. „Eine Kernsanierung umfasst aber wirklich nur sehr umfangreiche Maßnahmen von der Dacherneuerung über neue Fußböden bis hin zu neuen Elektroinstallationen. Ich denke daher, dass die Kernsanierung den Grundsteuerwert eher selten erhöht“, so Dennis Soldmann.

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Wie sich die Grundsteuerreform finanziell für Eigentümer und Mieter konkret auswirkt, lässt sich sowohl für ihn als auch für Christian Hecker derzeit überhaupt noch nicht prognostizieren. Beide verweisen darauf, dass es ja nicht das Ziel der Reform sei, mehr Einnahmen für die Öffentliche Hand zu generieren. Unterm Strich solle in Dortmund die gleiche Grundsteuersumme herauskommen.

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Fragwürdig ist die neue Grundsteuer für Thomas Bach in anderer Hinsicht aber schon jetzt: „Die Erhebung der Bodenrichtwerte und der pauschalierte Ansatz von Mieten lassen erhebliche Zweifel an der vom Bundesverfassungsgericht geforderten realitätsgerechten und in sich stimmigen Besteuerungsmethode aufkommen. Zudem sind die im Bundesmodell vorgesehenen Rabatte bei der Steuermesszahl für bestimmte Anbietergruppen wie genossenschaftliche oder städtische Gesellschaften nicht nachvollziehbar.“

Daten können dem Finanzamt nur digital mitgeteilt werden

Mit Beginn des Monats Mai erhalten Eigentümerinnen und Eigentümer nun von der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen ein individuelles Informationsschreiben mit Daten, die der Finanzverwaltung vorliegen und die für die Erstellung der Feststellungserklärung benötigt werden.

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Ganz wichtig: Die Feststellungserklärungen können grundsätzlich nur digital bei dem zuständigen Finanzamt über Elster.de eingereicht werden. Thomas Bach empfiehlt, sich rechtzeitig um die Anlage eines Elster-Benutzerkontos zu kümmern: „Damit mögliche technische Schwierigkeiten ohne Zeitdruck behoben werden können. Für die Anlage eines Benutzerkontos benötigt man seine Steueridentifikationsnummer.“

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Falls Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit zur elektronischen Abgabe der Erklärung haben, dürfen nahe Angehörige sie hierbei unterstützen. Diese können die eigene Registrierung bei Elster nutzen, um die Erklärung für ihre nahen Angehörigen abzugeben. In Ausnahmefällen kann ein Formular mit allen Daten auch auf Papier abgegeben werden. Für Auskünfte ist bei den Finanzämtern eine Hotlineunter der jeweiligen Durchwahl -1959 eingerichtet. Bei den Finanzämtern Dortmund-Ost und -Unna erreicht man diese also beispielsweise unter (0231) 5188-1959.

Daten aus dem Grundbuch, Bodenrichtwert und Vieles mehr

Eigentümerinnen und Eigentümer können sich auch Unterstützung bei einem Steuerberater suchen. Für seine Mitglieder übernimmt auch Haus & Grund die Erstellung und Übermittlung der Feststellungserklärung. Viele Informationen gibt es auch auf der Internetseite der Finanzverwaltung NRW.

Hier eine Übersicht, welche Daten benötigt werden:

  • Gemarkung und Flurstück des Grundstücks (siehe Grundbuch),
  • Persönliche Angaben des Steuerpflichtigen, unter anderem Steueridentifikationsnummer und Einheitswertnummer (auf dem Grundabgabenbescheid),
  • Fläche des Grundstücks in Quadratmetern,
  • Bodenrichtwert (www.boris.nrw.de), (Geodatenportal)
  • Grundstücksart (Einfamilienhaus, Wohnungseigentum, Geschäftsgrundstück etc.),
  • Bezugsfertigkeit des Gebäudes (beispielsweise 1980),
  • Gegebenenfalls Jahr der Kernsanierung,
  • Anzahl der Wohnungen sowie Garagen/Tiefgaragenplätze,
  • Wohn- und Nutzflächen in Quadratmeter.

Bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2024 berechnen und erheben die Kommunen die Grundsteuer weiterhin nach der bisherigen Rechtslage. Ab dem 1. Januar 2025 ist dann der neu festzustellende Grundsteuerwert maßgeblich für die zu leistende Grundsteuer an die Städte und Gemeinden.

Eine Video-Serie mit Familien beim Hausbau sowie Service rund um Immobilien und Eigenheim finden Sie auf der Übersichtsseite „Unser Traum vom Eigenheim“ von Ruhr Nachrichten | Hellweger Anzeiger | Dorstener Zeitung | Halterner Zeitung.