Ernährungs-Entertainer Heizmann kommt ins Henßler-Haus
Interview
Von Diäten hält Patric Heizmann gar nichts. Er plädiert dafür, Essen viel mehr zu genießen. Der 42-Jährige Freiburger ist Fitnesstrainer, Sportmanager, Ernährungsfachmann – und Entertainer. Am 3. März ist er mit seiner Show "Essen erlaubt" im Fritz-Henßler-Haus. Wir haben vorab mit ihm telefoniert.

Ernährungs-Entertainer Patric Heizmann kommt ins Henßler-Haus.
Nach dem Aufstehen trinke ich morgens als Erstes einen Kaffee. Richtig oder falsch?
Mache ich auch. Aber zuerst gibt es ein Glas Wasser. Ich bin jemand, der nach dem Aufstehen nicht direkt essen möchte. Ich halte auch nichts von dem Satz, dass man unbedingt frühstücken muss.
Es gibt nur eine große Gefahr: Wenn man, ohne Kalorien getankt zu haben, auf die Autobahn des Lebens fährt und unterwegs die Tankanzeige leuchtet, also man Hunger bekommt, und nicht vorbereitet ist, dann gerät man ins Schlingern und es gibt einen Unfall – bildlich gesprochen. Studien sagen, wenn man die erste Mahlzeit des Tages versaut, dann ist die Gefahr dramatisch erhöht, dass der komplette Tag daneben läuft. Also sollte man zumindest etwas Gesundes griffbereit haben.
Ist es gesünder Kaffee schwarz zu trinken?
Also ich trinke ihn am Liebsten mit Milch. Und ich möchte das gesund da hinten anstellen: Mir schmeckt der Kaffee einfach besser mit Milch. Was viele Menschen verlernt haben, ist, richtig zu genießen.
Für mich ist ein Kaffee in zweifacher Hinsicht gut: Er ist ein Genussmittel, ein Kurzurlaub. Und er kann wunderbar den Hunger verzögern. Gerade durch die Milch. Es spricht also nichts gegen ein Tröpfchen darin. Es sollte aber gute Milch sein: keine ultrahoch erhitzte H-Milch oder Kondensmilch, sondern am besten Weidemilch.
Sie haben gesagt, viele haben verlernt zu genießen. Wie kann Essen Spaß machen?
Indem man sich erstmal von diesen blödsinnigen Hardcore-Diäten verabschiedet. Der Wunsch ist groß, vor allem wenn es wieder wärmer wird, dass man schnell schlank im Schuh steht. Das Problem ist nur, wenn man anfängt, von heute auf morgen sein wortwörtlich festgefressenes Essprogramm auf einen Schlag zu verändern, klaut es einem das Gefühl für einen guten Esstakt und einen vernünftigen Appetit. Ich denke da an Kohlsuppe oder Atkins, also den Komplettverzicht auf Kohlenhydrate. Das funktioniert immer nur eine gewisse Zeit lang.
Was raten Sie stattdessen?
Mein Tipp ist, sich hinzusetzen und Zeit zu nehmen zum Essen, sich nicht ablenken zu lassen und zumindest bei einer Mahlzeit mal die Augen zu schließen und versuchen, den Geschmack wirklich wahrzunehmen.
Ist es besser, drei große Mahlzeiten am Tag zu essen oder viele kleine?
Wer nicht exzessiv Sport macht, sollte sich an drei Mahlzeiten halten. Wichtig sind Esspausen zwischen den Mahlzeiten. Durch das Essen entsteht ein hohes Blutzuckerlevel, Insulin wird ausgeschüttet, um den Blutzucker zu senken. Solange das passiert, ist die Fettverbrennung blockiert. Deswegen ist es gut, Frühstück, Mittag-, Abendessen zu sich zu nehmen und zwischendurch die Klappe zu halten, damit der Körper in dieser Zeit lernen kann, Fett zu verbrennen. Wenn man Sport macht, kann man auch vier oder fünf Mahlzeiten zu sich nehmen, je nach Intensität.
Was mache ich, wenn ich um 17 Uhr richtig Heißhunger auf Schokolade habe?
Dann muss man sich erstmal fragen, was man davor falsch gemacht hat. Heißhunger ist typisch für Blutzuckerschwankungen. Das passiert vielen Menschen, wenn sie mittags Nudeln oder weißen Reis essen. Wenn Heißhunger da ist, dann sollte man versuchen, erst einen Apfel zu essen, um wieder Zucker in den Körper zu bekommen. Und danach gerne ein Stückchen Schokolade. Ich bin großer Fan von Schokolade, aber nicht, wenn man sie in sich hineinstopft, um Heißhunger zu killen, sondern um wieder Genuss zu lernen.
Gibt es einen Fehler, den fast jeder bei seiner Ernährung macht?
Die größten Fehler werden beim Trinken gemacht. Wir haben von Mutter Natur aus keine Sensorik für flüssige Kalorien. Ein Saft zum Beispiel, auch ein 100-Prozent-Saft und ein gekaufter Smoothie, gehören nicht in eine gesunde Ernährung. Da ist viel zu viel Fructose drin. Der Fruchtzucker ist wirklich hinterhältig, weil er der Leber Probleme machen kann.
Smoothies sind also gar nicht so gesund?
Wenn man sich einmal am Tag einen Smoothie selbst macht und da nicht zu viel süßes Obst drin landet, also Bananen, Datteln, Birnen, Mango, ist das völlig in Ordnung.
Was halten Sie von Superfoods wie Chia-Samen und Quinoa?
Man kann das machen, aber es ist ein teures Hobby. Statt Chia kann man auch geschrotete Leinsamen nehmen, die wesentlich günstiger sind und nicht CO2-belastet, weil sie um die halbe Welt transportiert werden. Wir haben auch Superfood bei uns zu Hause: Himbeeren, Erdbeeren. Und gerade saisonal: Kohl, vor allem Grünkohl. Der ist einer der effektivsten Superfoods überhaupt.
Sie haben eine Theorie vom perfekten Tag. Was bedeutet das?
Der perfekte Tag ist ein Tag in der Woche, an dem wir unseren inneren Schweinehund auf die Schweinehunde-Schule schicken und ihn erziehen. Man merkt nach wenigen Wochen, wie gut es einem an dem perfekten Tag im Vergleich zu den noch nicht perfekten Tagen geht. Und das motiviert unbewusst, sodass man ein paar Regeln des perfekten Tages mit in andere Tage nimmt. Und so ändert man Schritt für Schritt Essgewohnheiten.
Welche Regeln gelten am perfekten Tag?
Es sind insgesamt sieben Stück. Eine wichtige Grundlage ist die Mahlzeiten-Taktung, also dreimal am Tag essen. Vorsicht vor der Nachdemenz: Viele essen zwischendurch, ohne es bewusst wahrzunehmen. In allen Mahlzeiten sollte ausreichend Eiweiß drin sein. Das ist der Nährstoff, der am meisten unterschätzt wird. Wer regelmäßig Eiweiß ist, macht mental und körperlich einen riesigen Schritt nach vorne.
Eine weitere Regel ist die Kohlenhydrate-Delle: Eine der drei Mahlzeiten sollte mit wenig Kohlenhydraten gestaltet sein, damit der Körper in dieser Zeit maximale Fettverbrennung lernen kann.
Auch Bewegung ist wichtig. 10 000 Schritte am Tag sind eine niedrige Messlatte – dennoch schaffen viele nicht einmal das. Und noch eine Sache: Schlaf wird total unterschätzt. Er ist wichtig, um zu entstressen und um ein gesundes Sättigungsgefühl zu erreichen. Man sollte acht Stunden Schlaf anstreben, sieben sind aber auch ausreichend.
Wie wichtig ist Sport?
Ich bin selbst leidenschaftlicher Sportler und sage trotzdem, dass der Sport überschätzt wird. Mindestens 70 Prozent des Erfolges kommt über die Ernährung. Sport weckt die Körperintelligenz, man nennt das somatische Intelligenz. Das heißt, wer Sport macht, wird sich automatisch anders ernähren. Ich glaube, das große Problem von vielen ist, dass sie sich beim Sport von Anfang an überfordern. Mein Tipp für Beginner: ganz langsam anfangen, zum Beispiel mit den 10.000 Schritten.
Wie bekomme ich Kinder dazu, gesund zu essen?
Ich habe selbst zwei Kinder. Ich finde, das Wichtigste ist das Vorleben. Die zweite Regel ist: niemals Druck machen. Die dritte: trotzdem gewisse Leitplanken haben. Meine Kinder essen gerne Süßes, aber sie bekommen es nur nach dem Essen und nicht einfach so zwischendurch. Das funktioniert wunderbar. Wichtig ist auch, den Kindern alles zu erklären, warum sie zum Beispiel Eiweiß essen sollten.
Ihre Show ist ein Mix aus Ernährungstipps und Comedy. Kommen ihre Ratschläge besser an, wenn Sie sie humorvoll verpacken?
Ja, das ist das Feedback, was ich in vielen Shows bekommen habe. Ich wünsche mir, dass die Leute viel lachen. Lachen ist gesund, lachen entstresst und während wir lachen, können wir nix essen. Aber vor allem: Wenn wir dieses Wissen mit einer schönen Emotion verknüpfen, dann bleibt‘s auch hängen. Es wäre toll, wenn jeder nur einen einzigen Tipp mitnimmt und umsetzt. Dann merkt man, wie gut es einem tut, und ist motiviert, weiterzumachen.